Arbeitgeber, Arbeitnehmer…

Ein Verständnisproblem

Manchmal erklären Worte mehr als diejenigen bezwecken, welche sie in den Mund nehmen. Um welche Worte es im folgenden gehen soll, kann man in der Überschrift erkennen. Keine Tageszeitung, keine Nachrichtensendung und kaum ein längeres Gespräch über das als Hauptübel der Menschheit verkannte „Problem“ der Arbeitslosigkeit kommt ohne Kommentare zu Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite aus. Zwischen diesen beiden Parteien werden Verhandlungen geführt, es gibt diesen und jenen Streitpunkt, die einen möchten mehr Rechte, die anderen hingegen würden ihrem Widerpart gerne (zugespitzt!) jegliche Rechte aberkennen. Zum Gipfel nennt sich die ganze Chose dann auch noch Sozialpartnerschaft…

Tröstlich allein stimmt es, dass sogar hier im gesellschaftlichen Normalgeplänkel Rivalitäten und Unterschiede vorausgesetzt werden, die man doch eigentlich zusammen mit Karl Marx aus der öffentlichen Diskussion entsorgt hat. Jedoch soll das hier nicht das Thema sein.

Vielmehr ist es das Anliegen dieser Zeilen, auf eine zugegebenermaßen recht banale Absurdität hinzuweisen: Wer gibt denn hier wem Arbeit? Und wer nimmt dieselbe im eigenen Interesse an?

Richtig! Der Mensch, welcher auf Geld angewiesen, Tätigkeiten ausübt, die garantiert nicht immer seinem Geschmack entsprechen, gibt „Arbeit“! Er hat ja auch nichts anderes zu bieten, um seine Existenzberechtigung nachzuweisen; kreativ als Ich-AG umschrieben. Wahrscheinlich ist es äußerst trivial anzumerken, dass zu dieser Gruppe von Menschen Fließbandmalocher, Handwerker, Angestellte in Bank, Werbeagentur und Unterhaltungsindustrie, etc. gehören. Normalerweise „Arbeitnehmer“ genannt, sind sie alle Woche für Woche damit beschäftigt, ihre Arbeit gegen Lohn zu tauschen. Waschechte Arbeitgeber sozusagen!

Wer hingegen ist nun der wahre Arbeitnehmer ? Vielleicht sind es die Selbstständigen (1), die ja wirklich furchtbar selbstständig im ökonomisch und politisch vorgegebenen Rahmen umherwirbeln dürfen, da sie neben ihrer Arbeitskraft auch noch das nötige Geld haben oder es sich leihen, um eine Firma zu gründen, bzw. am Laufen zu halten. Wenn diesen Selbstständigen dann alles nach Wunsch gerät, holen sie aus eigener (ja, auch das) und „genommener“ Arbeit wieder hübsche Sümmchen heraus.

Leider ist es oftmals nicht so einfach, in einem komplexen Wirtschaftssystem, wie es der Kapitalismus nun einmal ist, die Frage nach den Arbeitnehmern zu beantworten. Konzerne, Kapitalgesellschaften und auch der Staat, die unsere Arbeit nehmen, zeichnen sich durch die groteske Struktur aus, die ganz im Sinne der vorherrschenden Ordnung, zunehmend anonymisiert und atomisiert. Vielleicht ist es ja ein Nachbar, ein neben mir in der Straßenbahn sitzender Mensch, eine sympathische, flüchtige Kneipenbekanntschaft, die Aktien an der Firma halten, die mich am kalten Morgen aus dem warmen Bett zwingt.

Als beliebter Sonderfall sei auch der Eigenanteil eines Angestellten an „seiner“ Firma erwähnt: Eine treffliche Einrichtung, um sich selbst maximal auszubeuten und Fragen nach Sinn und Zweck der eigenen Tätigkeit hinten anzustellen. Problematisch wird es nur dann, wenn die Firma den Bach heruntergeht und die Aktienanteile plötzlich nichts mehr wert sind. Die baldige Auflösung des Neuen Marktes und etliche ruinierte „Ich-AGs“ sprechen Bände!

Das verwickelt die Sache ungemein und macht deutlich, wie schwer es ist, einen Angriffspunkt zu finden, von dem aus diesem ganzen Unsinn Einhalt geboten wird.

Daß sich die Gesellschaft bereitwillig und unreflektiert in Arbeitnehmer- und Arbeitgeberhaufen einteilen lässt, wenn auch völlig falsch verstanden, hilft zumindest Interessenskonflikte auszumachen, die zu Widerstand führen könnten.

Doch sogar hier ist Verschleierung im Gange, wenn ein „Bündnis für Arbeit“ oder eine Standortdebatte die Aufmerksamkeit nur noch auf Probleme richtet, die streng genommen keine sind. „Arbeitslosigkeit“ sollte in diesem Sinne auch mehr als Segen denn Problem aufgefasst werden: Zumindest teilweise von der Kette der Arbeit „los“gelassen zu werden, solange das noch möglich ist, klingt doch nicht so schlecht.

Die demnächst umgesetzten Vorschläge der Hartz-Kommission werden jedoch auch damit bald Schluß machen . Alles kann man sich wirklich nicht gefallen lassen.

kao

(1) Selbstständige können sicherlich nicht nur als kleine Krämerseelen gesehen werden, stoßen sie doch auch oft genug auf die Grenzen ihrer „Freiheit“ !

Arbeit

Schreibe einen Kommentar