Arge Job und Klassenkampf – Was viele nicht zu fragen wagen

KEINE ARBEIT DURCH VIELE BEWERBUNGEN?

 

SOCKE, 21: Vor ein paar Wochen hab ich einen Brief vom Arbeitsamt bekommen, den ich gestern aufgemacht hab. Darin steht, daß ich bei einer Firma zum Vorstellungsgespräch soll. Ich hab gehört, wenn ich das nicht mache, dann streichen die mir das Geld. Muss ich jetzt da arbeiten oder kann ich da noch was machen? Bitte helft mir, ich habe solche Angst.

Hallo Socke, ich kann gut verstehen daß Du beunruhigt bist. Das ist ganz normal, wenn man so hart aus seiner Lebensrealität gerissen wird. Aber keine Angst, es gibt für alles eine Lösung und Du wirst schon nicht gleich arbeiten müssen. Also zuerst solltest Du nachschauen ob der Brief per Einschreiben gekommen ist, oder mit normaler Post (die Regel). Dann schau noch mal in Deinen Briefkasten und vergewissere Dich, daß das gefährliche Jobangebot nur Illusion war. Hintergrund ist nämlich, daß die Arge beweisen muss, daß der Brief zugegangen ist, und nicht anders herum. Achtung!: Gib nicht an, der Brief sei zu spät angekommen. Damit hast Du den Zugang eingestanden und wirst beweispflichtig, daß der Brief tatsächlich zu spät angekommen ist!

Du kannst aber auch im Vorfeld schon Maßnahmen treffen: Du kannst von Dir aus viele Bewerbungen für Stellen, die Du sowieso nicht bekommst, schreiben. Die Verwendung von Vorlagen macht dabei Sinn. Verschicken kannst Du die Bewerbungen per Mail. Das kostet Dich nichts, im Gegenteil: Du bekommst dafür sogar noch Geld, und zwar vom Amt. Fünf Euro müssen sie pro Bewerbung an Dich abdrücken – mehr ist Verhandlungssache mit dem Vermittler. Der Gesamtbetrag kann zwar nach oben pro Jahr gedeckelt werden, aber ohne Geld kannst Du keine Bewerbungen mehr schreiben… Das tut Dir natürlich aufrichtig leid, da im Laufe des Jahres noch aussichtsreichere Stellenangebote auf Dich zukommen könnten. Sollte es nun doch zu einem Vorstellungsgespräch kommen, so hast Du auch hier viele kreative Möglichkeiten. Häufiges Kratzen während des Gesprächs, eine durchzechte Nacht und dann aus der Kneipe direkt zum Chef, die Frage ob es denn schon einen aktiven Betriebsrat oder andere Gewerkschaftsvertreter im Betrieb gibt, Redewendungen wie „Ich sollte mich hier melden…“ oder Fragen nach Elternzeitregelungen, nun, Du weißt was ich meine. Wichtig!: Niemals direkt sagen, Du willst den Job nicht! Auch vor zu großen Verspätungen rate ich Dir ab, wenn Du keine Kürzung riskieren willst.
Solltest Du dennoch richtig Pech haben, so können Dir vielleicht die Tipps weiterhelfen, die Lulle von uns bekommt:

UNGEWOLLT BERUFSTÄTIG

 

LULLE, 28: Hallo Dr. Flaschenbier! Ich habe ein großes Problem und weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden soll. Ich habe bei einem Bewerbungsgespräch nicht richtig aufgepasst und nun stecke ich mitten in einem ungewollten Arbeitsverhältnis. Ich möchte ja auch gar nicht arbeiten, ich habe doch Besseres mit meiner Zeit vor.  Meine Freunde wissen auch noch nichts davon, aber lange kann ich das nicht mehr verheimlichen. Ich schäme mich so, was soll ich nur tun?

 

Ich kann Deine Angst verstehen, aber das ist dennoch kein Weltuntergang. Arbeit zu bekommen, das kann jedem mal passieren. Noch hast Du jedenfalls genügend Möglichkeiten, sie wieder loszuwerden. Neben dem klassischen Krankheitsfall, der, wenn er nur lange genug dauert, übrigens auch häufig dazu führt, daß mensch aus 1-Euro-Jobs und Fortbildungen geworfen wird, gibt es noch einen bunten Strauß von Möglichkeiten, dem Job ade zu sagen: Bist Du noch in der Probezeit, ist es immer sinnvoll die Wahl eines Betriebsrates zu organisieren.

Denkst Du, Du bekommst zu wenig Lohn oder musst zu lange arbeiten? Na klar, zu wenig Geld bekommst Du immer, sonst würde Dich keiner beschäftigen. Aber wenn darüber hinaus auch nur kleine Anhaltspunkte für eine zu geringe Lohnzahlung in Deinem Arbeitsvertrag zu finden sind, drohe damit Deine Rechte einzuklagen! Verstehst Du Dich mit dem Chef einigermaßen? Dann kannst Du Dir von ihm aus „betriebsbedingten Gründen“ kündigen lassen, hier droht  keine Sperre. Achtung!: Um Kürzungen zu vermeiden, kündige nicht selbst! Liefere keine Kündigungsgründe, die Dir angelastet werden können (zu spät kommen, dem Chef sagen was für ein Arsch er ist, etc.) Eine Sperre droht auch, wenn Du einen Aufhebungsvertrag unterschreibst! Ich hoffe, Du kannst mit meinen Ratschlägen etwas anfangen und alles wird wieder gut.

Dein Dr. Flaschenbier

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