Die Kampagne in Ozarow

Warum wir helfen wollen und wie Du helfen kannst

Ozarow ist eine kleine Stadt nahe Warschau, die nur eine Hauptindustrie und Arbeitgeber hat: eine Kabelfabrik auf dem neuesten Stand der Technik, die Telefonika gehört, die auch auf vielen ausländischen Märkten präsent ist und dort z. Zt. ihre Anteile erhöhen will. Telefonika gehört einem der reichsten Männer Polens, Boguslaw Cupiala, und ist 1,7 Milliarden Dollar wert. Sein persönliches Einkommen stieg wie eine Rakete, nachdem er Telefonika erfolgreich restrukturierte; 700 Leute verloren in Krakow ihren Arbeitsplatz. Jetzt entschied er, dass Telefonika noch profitabler arbeite, wenn die Fabrik in Ozarow geschlossen und die Arbeit nach Szczecin und Bydgoszcz verlegt ist. Dort sind nämlich nicht nur die Löhne niedriger, sondern mit der Konzentration kann auch Verwaltung eingespart werden. Eine einfache kapitalistische Logik – die für hunderte Familien in Ozarow die Arbeitslosigkeit bedeutet.

Cupiala verfügte die Schließung im Frühling [2002], die ArbeiterInnen in Ozarow haben seitdem eine in acht Monaten nicht unterbrochene Besetzung hinter sich. Einige von ihnen campierten in Zelten auf dem Fabrikgelände – bei Temperaturen unter Null. Die meisten von ihnen haben seit fast einem Jahr keinen Lohn mehr erhalten.

Am 26. November [2002] – nach sieben Monaten des Protests, der das Unternehmen daran hindern sollte, die Maschinerie abzutransportieren – kam Cupiala mit dem privaten Sicherheitsunternehmen IMPEL vor die Tore, um die ArbeiterInnen rauszuschmeissen und an die technische Ausstattung zu gelangen. Die Arbeiterinnen wurden brutal angegriffen. Die Polizei mischte sich da nicht ein, verhaftete aber besonders die widerständischen ArbeiterInnen. All das fand natürlich mitten in der Nacht statt. Gegen neun Uhr morgens war dann die ganze Stadt auf den Beinen und errichtete Straßenblockaden. Jetzt begannen die Polizei und Autoritäten, Kampfeinheiten zu mobilisieren. Es folgten wirklich schockierende Szenen, die im ganzen Land übertragen wurden; Frauen, die mit Blockaden und Gebeten Protest organisieren wollten, wurden von Polizeistöcken geschlagen. Einige ArbeiterInnen wurden verhaftet, und einige liegen im Krankenhaus. Einer wurde mit einem Knüppel gewürgt, bis er bewusstlos zusammenbrach.

Die nächsten Tage verliefen etwa genauso, mit vielen Konfrontationen. Den Höhepunkt erreichte die Polizeibrutalität mit der Erstürmung des örtlichen Kindergartens (in dem sich die Kinder der Arbeiterinnen befanden), was die Kinder traumatisierte. Ihr Vorwand war der Verdacht auf versteckte Molotow-Cocktails im Kindergarten! Wie tief kann man sinken? Über Monate hinweg griffen sie die Arbeiterinnen an, nannten sie selbstsüchtig und meinten gar, der Protest würde dem Unternehmen Kosten bescheren und daher würden andere Leute ihren Job verlieren. […] Als die Propaganda den Protest nicht brechen konnte, versuchten sie es eben mit Gewalt. Als auch das nicht half, machten sie unmissverständlich klar, dass auch Familien betroffen sein könnten… Aber der Protest geht weiter.

Obwohl in Polen eine große Sympathie für die Arbeiterinnen von Ozarow besteht, waren die Meinungsmacherinnen mit ihren Kampagnen doch recht erfolgreich. Cupiala ist eine einflussreiche Persönlichkeit und er wird in den Medien kaum oder gar nicht kritisiert. Die Blätter sind voll von Artikeln über staatseigene, höchst unprofitable Industrie, die den Leuten erzählen, wie viele ihrer Steuergelder verschwendet werden und dass all diese Betriebe stillgelegt werden müssten. […1 Wenn die Leute von Telefonika ganz klar über die finanzielle Situation ihres Unternehmens lügen (wir kennen nicht die exakten Zahlen, wir sind aber zu 100% sicher, daß Telefonika glänzende Gewinne macht) und bedauernd verkünden, die Arbeiterinnen von Ozarow müssten erkennen, dass sie nicht gebraucht werden und die Nächstenliebe, mit der ihre Jobs erhalten werden könnten, andere Arbeiterinnen um neue Jobs bringt – die Medien bringen diesen Stuss! Da die Gewerkschaften von großen Firmen und der Presse manipuliert werden können, ist es wichtig, dass es öffentliche Unterstützung für die Aktionen in Ozarow gibt und dass alternative Nachrichten zugänglich sind.

Auf mehr als 50 ArbeiterInnen aus Ozarow können jetzt juristische Verfahren zukommen. Viele von ihnen hatten zuvor nie Probleme mit der Polizei und glauben, vielleicht naiv, dass ihnen nichts passieren werde (selbst jene, die mit Molotow-Cocktails gefilmt wurden, sind davon überzeugt). Wir hoffen zwar, dass die Autoritäten Nachsicht walten lassen, bereiten uns aber auf das schlimmste vor. Wir würden gern in der Lage sein, bei anstehenden Prozessen helfen zu können.

Außer unserer Anwesenheit und vielleicht einigem Organisationstalent würden wir im Notfall gern noch finanzielle Unterstützung anbieten, um unsere Solidarität zu zeigen. […] Das Unternehmen baut natürlich darauf, dass der Frost die Leute entmutigt und man so an die noch verbliebene Maschinerie aus der Fabrik holen könne. Also sehen wir die Notwendigkeit, etwas mehr Geld für diese Kampagne herbeizuschaffen, anderenfalls würden finanzielle Probleme den Protest zerschlagen.

Wir bitten daher, diese Nachricht weit und breit bekannt zu machen. […]

Der Text stammt von der ArbeiterInnen-Initiative und ist mit dem 11.12.02 datiert. Aus Platzgründen musste gekürzt werden. www.workers-iniative.poland.prv.pl
Mit Hilfe des Anarchist Black Cross (Solidaritätsorganisation) sammeln wir Geld. Spenden können mit dem Verweis „for Ozarow“ an folgendes Konto gesendet werden:
PEKAO BP
XX odzial poznan
ul.Stary Rynek 44
61-722 Poznan (Polen)
swift code: bpkoplpwapoa
Inhaber: marek piekarski

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