Die Redaktion… liest:

Giovanni Francesi: „Tifare Contro“, 2010, Burkhardt & Partner

Giovanni Francesio summiert darin das wichtigste von über vier Jahrzehnten Ultrà-Kultur in Italien. Im Untertitel, „Eine Geschichte der italienischen Ultras“, wird deutlich dass er keinen Anspruch auf die absolute Wahrheit erhebt. Doch will er damit der Kurve selbst eine Stimme geben. Denn über Jahrzehnte bestand die veröffentlichte Meinung zur Ultrà-Bewegung ausschließlich aus Wortmeldungen von Soziologen, Politikern, Journalisten, Polizeioberen und Psychologen. Sie war vom eigentlichen Gegenstand weitgehend losgelöst und nur eine Analyse verkaufter Spekulationen, die im Vorurteil: „Gewalttäter, die mit dem Fussball nichts zu tun haben“, gipfelte. Ein interessantes Buch, um Verständnis für diese Art der Fankultur zu gewinnen. Jedoch darf man nicht den Fehler machen, den Inhalt der italienischen Bewegung eins zu eins auf die deutsche Bewegung zu projizieren.

Klaus Canzely

Marc Thörner: „Afghanistan-Code. Reportagen über Krieg, Fundamentalismus und Demokratie“, 2010, Nautilus

Diese Reportage des Journalisten Marc Thörner verdeutlicht vor allem Eines: Dass nichts gut ist, am Militäreinsatz in Afghanistan. Die sog. Aufstandsbekämpfung hat mehr mit der französischen Kolonialstrategie im Algerienkrieg gemein, als mit Friedensschaffung. Die Bundeswehr wird der Kom­­p­le­xi­t­ät des Konfliktes nicht gerecht, reproduziert statt dessen Kon­flikt­linien und befeuert die Spannungen im Land. Durch Gespräche mit Offizieren und Ein­heim­­is­ch­en auf seinen Reisen 2008 und 2009 deckt er zudem medial reproduzierte Falschaussagen der Bundeswehr auf.

momo

David Graeber: „Inside Occupy“, 2012, Campus Verlag

Ja, der ganze Occupy-Hype nervte irgend­wann, und diese doofen Guy-Fawkes-Masken als Symbol für Protest, Subversion & bla könnten gern mal wieder aus der Mode kommen. Zwar ist auch längst nicht alles richtig, was David Graeber hier so schreibt. Er kommt aber durch­aus sympathisch rüber und gibt (neben einigen eher länglichen Ausführungen z.B. zur Geschichte der Demokratie) viele geistreiche Bemerkungen und hübsche Anekdoten zum Besten. Unterhaltsam zu lesen ist das allemal.

justus

Martin Esslin: „Brecht – Das Paradox des politischen Dichters“, 1970, dtv

Mal ein antiquität’sches Stück. Diese Ausgabe, gut gebraucht beim Antiquar für einen Euro gekauft, gibt eine schöne Einführung in Leben und Werk Bertold Brechts. Zudem ist das 358 Seiten starke Buch ein Zeitzeugnis: In Zeiten des Kalten Krieges ein im Westen erschienenes Buch über einen Wahlossi-Kommunisten, der dort stark gefördert, doch auch kritisch beobachtet wurde.

Vogel

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