Ein chaotisches Nein zu traditionellen Familienbildern

Am 23.11. fand in Leipzig die 2. Konferenz der rechtspopulistischen Zeit­schrift Compact statt. Das Motto war bezeichnend: „Für die Zukunft der Familie! Familienfeindlichkeit / Geburtenabsturz / Sexuelle Umerziehung. Werden Europas Völker abgeschafft?“ Dabei wollten die Veranstalter nach eigenen Angaben nicht etwa gegen Homosexualität, sondern nur für den besonderen Schutz der traditionellen Ehe ein Zeichen setzen. Schließlich könne nur diese neues Leben hervorbringen, „um die biologische Fortexistenz der europäischen Völker zu sichern“. (1) Als „sexuelle Umerziehung“ behandelten die Veranstalter*innen und Teilnehmer*innen in diesem Kontext auch nicht ihre Rückkehr zum Gestrigen, sondern den derzeitig stattfindenden Aufklärungsunterricht der Schulen, der die Jugend laut ihrer Deutung erst auf die Gedanken bringt, homosexuell zu werden.

Interessant ist auch die Auswahl der Gast­redner*innen. Elena Misulina, Präsidentin des Familienausschusses der Duma, gestaltet maßgeblich Russlands neue homophobe Familienpolitik mit, die zur Folge hat, dass Homosexuelle verfolgt, öffentlich gedemütigt und angegriffen werden. Die französische Publizistin Béatrice Bourges dagegen engagiert sich als Sprecherin der französischen Bewegung gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. Als deutsche Rednerin wollte Eva Herman für die Rückkehr zu traditionellen Geschlechterrollen und Familienbildern plädieren, sagte die Teilnahme wegen des großen öffentlichen Drucks jedoch ab. In einer Audiobotschaft erklärte sie aber, dass sie die Konferenz inhaltlich unterstütze und bezeichnete die deutsche Familienpolitik als frauenfeindlich, da sie die Frau durch gesellschaftliche Produktions- von der familiären Reproduktionsarbeit abhalte. (2) Andere wie Thilo Sarrazin und Frauke Petry (AfD) ließen sich jedoch nicht abschrecken.

Wie mensch sich vorstellen kann, ist Protest gegen ein derart homophobesVeran­staltungsformat Pflicht! Leider ließ die Organisation eher zu wünschen übrig. Das Aktionsbündnis gegen die Compact-Konferenz konnte zwar recht viele Menschen dazu bewegen, auch am Samstag zu sehr früher Stunde den Weg nach Schkeuditz anzutreten, jedoch fehlten Informationen über das Konferenzgebäude und ein Aktionsplan. Die kritische Masse wurde erreicht, so dass die Konferenz komplett hätte blockiert werden können, denn auch die Polizei war völlig unterbesetzt und überfordert. Dass es tatsächlich zur Blockade kam, war der Initiative eines Konferenzveranstalters zu verdanken, der sich pöbelnd und aggressiv gegen die Demonstrant*innen wandte, welche daraufhin Ketten bildeten und weitere Teilnehmer*innen nicht mehr ins Konferenzzentrum ließen. Die Polizei versuchte die Protestierenden mit Wirbelsäulen- und Nierenschlägen, aber auch Pfefferspray mürbe zu machen, konnte die Ketten aber nicht abdrängen. Erst mit Verstärkung und Schlagstöcken konnten sie die Blockade auflösen.

Im Anschluss folgten lautstarke Störaktionen. Die Polizei beendet diese jedoch erst, als die Konferenzveranstalter Be­schwer­de einlegten und forderten, die Demons­trant*innen vom Gelände zu entfernen. Das kippte die Situation. Die Polizei sprang von nun an schlagend und wahllos in die Menge, zerrte Menschen heraus und verteilte Blutergüsse und Platzwunden. Personalien mussten abgegeben werden und Platzverweise wurden ausgesprochen.

Am Rande kam es zu verbalen Aus­ein­andersetzungen zwischen Konferenz­teil­nehmer*innen und Demonstrant*innen. Während die letzteren immer wieder für ein freiheitliches Miteinander und gegen Homophobie appellierten, wurden sie von Konferenzteilnehmer*innen angepöbelt und als asoziale, dumme Schmarotzer betitelt, die von Hartz IV leben würden.

Fazit: Die Polizei war erst überfordert, was sie dann mit unverhältnismäßiger Brutalität versucht hat auszugleichen. Die Mobilisierung unter den Leipziger*innen war eher schlecht. Viele Demonstrant*innen kamen von außerhalb, z.B. aus Halle, Potsdam und Berlin. Die Veranstaltung wirkte unorganisiert. Die kritische Masse wurde zwar erreicht, hätte aber mit einem Aktionsplan mehr erreichen können.

(Serafina)

(1) www.compact-magazin.com/compact-konferenz/
(2) www.youtube.com/watch?v=-ho4ZZyrFbM

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