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Heute: Urteil des Bundesverfassungsgerichts und Widerspruchsfrist verpasst, was nun?

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 09. Februar die Berechnung der SGB II Regelsätze für verfassungswidrig erklärt. Dies hört sich besser an als es ist. Denn wer glaubt, dies hätte automatisch höhere Regelsätze und damit mehr Hartz 4 für alle zur Folge, der irrt. Denn das Bundesverfassungsgericht bemängelt lediglich die intransparente und teils willkürliche Berechnung der Regelsätze, nicht aber deren Höhe! Im Gegenteil stellt es sogar ausdrücklich klar, dass es sich nicht in der Lage sieht, die Höhe eines wirtschaftliches Existenzminimum zu konkretisieren, da der Gesetzgeber hierbei einen weiten Gestaltungsspielraum besäße. Damit liegt es – wie immer – in unserer Hand, durch Druck auf die Politik für mehr Geld in der Tasche zu sorgen. Der Gesetzgeber muss bis zum Jahresende eine Neuregelung beschließen. Lassen wir es also ein heißes Jahr werden!

Hit-Tipp:

Etwas Positives hat das Urteil jedoch zu bieten. So gibt es zukünftig einen Rechtsanspruch auf a-typische Bedürfnisse des Hilfeempfängers. Was genau das für Bedürfnisse sind, wird sich erst in der Praxis zeigen.

Wichtig!

Allerdings nur, wenn dieser Bedarf bisher nicht in der Regelleistungsberechnung enthalten ist, was die Anwendbarkeit enorm beschränkt.

Die zweite positive Neuerung ist ein Ende der kalten Absenkung der Hartz-4-Sätze. Denn der Gesetzgeber koppelte bisher eine Erhöhung der Regelsätze an die Erhöhung des Rentenfaktors. Dieser ist jedoch durch den „Nachhaltigkeitsfaktor“ von der tatsächlichen Lohnentwicklung abgekoppelt. Eine Berücksichtigung der tatsächlichen Preissteigerungen fand bisher nicht statt. Ein schleichender Kaufkraftverlust der Hartz-4-Empfänger war die Folge. Damit hat das Bundesverfassungsgericht zum Glück Schluss gemacht. Wie die Berechnung in Zukunft erfolgen soll, hat das Bundesverfassungsgericht offen gelassen.

Perspektiven:

Es wird in den nächsten Monaten definitiv eine neue große Hartz-4-Reform geben. Wenn sich die Liberalen durchsetzen, wird der Regelbedarf für Erwachsene sogar noch gesenkt! Zwar würden dafür im Gegenzug die Freibetragsgrenzen für Einkommen erhöht. Für die meisten Leistungsempfänger mit Minijob bedeutet dies jedoch ein Nullsummenspiel – für Menschen ohne jeden Job eine massive Verschlechterung! Recht wahrscheinlich ist dafür eine kleine Erhöhung der Kinderregelsätze.

Folge des Urteils ist auch, dass die Kampagne zur Stellung von Überprüfungsanträgen, um nachträglich höhere Leistungen zu be­kommen, gescheitert ist. Denn das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zur Höhe der bisherigen Regelleistungen für noch anwendbar erklärt. Die zu überprüfenden Bescheide sind daher nicht wegen der Höhe der Regelsätze rechtswidrig.

Grundsätzlich ist das Stellen eines Überprüfungsantrags jedoch ein überaus praktisches und zudem kostenloses Mittel, wenn ihr vermeintlich fehlerhafte Bescheide der Arge nachträglich überprüfen lassen wollt.

Denn hat die Arge wieder einmal einen fehlerhaften Bescheid erlassen, der Dir zu wenig Kohle gewährt und die vierwöchige Widerspruchsfrist ist schon abgelaufen, dann schlägt die große Stunde eines solchen Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X. Hiermit kannst Du nämlich die Arge zwingen, alle Leistungsbescheide der letzten vier Kalenderjahre zu überprüfen.

Hit-Tipp:

Bei versäumter Widerspruchsfrist einfach eine Brief an die Arge schreiben mit den Worten: „Hiermit stelle ich einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X des Bescheides vom …“ Die versäumte Frist braucht dich dann nicht mehr zu kümmern.

Wichtig!

Der Überprüfungsantrag kann nur für Bescheide aus dem Zeitraum der letzten vier Kalenderjahre gestellt werden. Der Antrag muss noch von Dir unterschrieben werden.

(Dr. Flaschenbier)

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