Interhierarchische Kommunikationsprobleme

„Entwicklungshilfe“ in Deutschland

Es gehört ja wohl zu den Paradoxen der real existierenden Demokratie, dass die Verständigung zwischen unseren Hierarchien nicht so recht klappt möchte. Im Zusammenhang mit der Nachbereitung der ostdeutschen Flutkatastrophe im Sommer letzten Jahres zeigte sich, dass unser demokratisches System sogar an den ideell wichtigen Punkten wackelt.

Eine erste Bilanz der Flut ergab einen Kostenvoranschlag von 9,2 Milliarden Euro, davon entfielen allein zwei Drittel auf Sachsen. Dass die Flut eine gewisse Rücksicht auf die Finanzlage Deutschlands nahm, zeigt sich darin, dass die Schäden nur halb so groß waren wie ursprünglich erwartet. 7,1 Milliarden Euro gibt es aus dem Fonds Aufbauhilfe und – ganz klar – auch die EU darf mit 444 Euro aus dem EU-Solidaritätsfonds nicht fehlen.

Wie allseits bekannt, gab es viel spontane Solidarität und noch viel mehr tatkräftige und. finanzielle Hilfe. (Feierabend! berichtete) Was uns dann aber im Gegenzug wirklich erstaunte, waren die etlichen Menschen, die teils hunderte von Kilometern fuhren, nur um sich dann ganz ohne finanziellen Anreiz beim Sandsackstapeln und Putzen abzurackern. Und als dann auch noch in Deutschland das damit verbundene Gemeinschaftsgefühl auch von unseren Regierungsbürokraten wieder entdeckt wurde, nicht zuletzt zu Wahlpropagandazwecken, gab es von oben den – durch den Aufschub der Steuerreform finanzierten – Geldsegen. Auch wenn dieser natürlich genau genommen von unten, also von den SteuerzahlerInnen herrührt. Wie dem auch sei, unsere Regierung hat sich entschlossen die ihr zur Verfügung stehenden Spendengelder und Mittel aus dem Bundeshaushalt an die Geschädigten zu verteilen. Sehr schön. Das Problem ist nun aber, dass Geld und Empfänger sich anscheinend einfach nicht finden können. Die Anspruchsberechtigten empören sich, die Flutgelder flössen nicht, während sich gleichzeitig die Verwaltung beschwert, man säße auf den Geldern, und tue tagein, tagaus nichts anderes als händeringend auf AntragstellerInnen zu warten. Diese wiederum scheinen teilweise Anträge und Amtsstuben mehr zu fürchten als Wasser und Schlamm. Eine andere mögliche Erklärung wäre, dass vor allem die ältere Generation der Verteilungsgerechtigkeit dieses Staates mittlerweile nicht mehr so recht vertrauen mag und aus diesem Grund die Gelder zögerlich beantragt. Laut Manfred Stolpe gibt es 10000 Schadenfälle an Wohnhäusern, dahingegen seien aber erst 2000 Anträge eingegangen.

Doch zurück zum Ausgangspunkt: Um nicht schon wieder eine „Spendenaffäre“ in Deutschland zu riskieren, scheut das Land Sachsen-Anhalt weder Kosten noch Mühen, die bestehenden Mittel unter die Menschen zu bringen. So ziehen nun dieser Tage staatliche Angestellte von Ort zu Ort, Haus zu Haus, um die Anwohner zu überreden, doch bitte die mitgebrachten Antragsformulare auszufüllen. Wie schwierig sich so ein Vorhaben gestalten kann, soll folgender Dialog verdeutlichen, der sinngemäß einen Auszug aus einer Fernsehreportage zum Thema wiedergibt:

A: Schönen Guten Tag!

B: Ja, was gibt´s?

A: Haben Sie schon Fluthilfegelder beantragt?

B: Nein, wieso, gibt´s denn so etwas?

A: Ja!

B: Aber da kommt bestimmt nicht jeder, der betroffen ist, was, oder?

A: Doch, Sie sind doch auch geschädigt worden?

B: Ja, schon.

A: Na, schön, dann beantragen sie doch Unterstützung.

B: Ja, wie geht denn das? Das ist doch sehr aufwendig.

A: Ach, nein, schauen Sie, ich habe die Anträge gleich mitgebracht.

B: Ach, die sind immer so kompliziert und umständlich.

A: Nein, haben Sie einen Moment Zeit, ich helfe Ihnen.

B: Mmmmh, na wenn das so ist.

hannah i.

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