Leiharbeit – ein Erfahrungsbericht

Das Hartz-Konzept preist andere Formen der Arbeit an, wie etwa Leiharbeit oder „Minijobs“. Feierabend! fragt sich und Leute, die bereits das „Vergnügen“ von Leiharbeit hatten, was denn so toll daran ist.

Leiharbeit ist so ziemlich das Letzte was einem passieren kann. Als ich vor Jahren meinen Job bei einer Handwerksfirma verlor, war es das einzige für mich, was hier noch an Arbeit zu bekommen war, ohne in wochenlange Warterei zu verfallen. Ein vorherige Anfrage beim Arbeitsamt wurde mit „Sie sind jung und ihr Beruf wird gesucht“ verworfen. Daraufhin bewarb ich mich bei obiger Firma, in der ich nach 14 Tagen anfangen konnte. Der Stundenlohn betrug 13,50 DM. Die Aufgabe bei dieser Art von Arbeit bestand darin, allwöchentlich Montag früh bei je abwechselnden Baufirmen im gesamten Bundesgebiet anzutreten und Sachen wie Fenster einzubauen, Zu- und Abluftkanäle zu verlegen, Dachabdichtungen zu montieren sowie Sanitär- und Heizungsgeschichten durchzuführen. Am allerersten Montag Morgen bei meiner Verleihfirma. ging es von Leipzig aus zum Darmstädter Hauptbahnhof, wo eine bayrische Firma dabei war ein Kuppeldach zu montieren. Sie hatte uns angefordert.

So fuhren mein Kollege und ich in seinem Auto um drei Uhr morgens los. Als wir an diesem heißen Sommertag auf der Baustelle eintrafen, kam von den „Kollegen“ der anderen Firma nicht einmal ein Grußwort. Sofort wurden wir vom Vorarbeiter angeschnauzt, ob wir noch nicht bei der Arbeit seien. Diese sah dann wie folgt aus: Den ganzen Tag lang schleppten mein Leipziger Kollege und ich schwere Trapezbleche, die mehrere Zentner wogen und etwa 2×8 Meter groß waren, die Dachrundung hinauf, wo sie dann verlegt wurden. Nach geraumer Zeit mussten wir aufgrund unserer schmerzenden Hände (trotz Handschuhe) und Rücken eine Pause einlegen. Mein ganzer Körper bebte vor extremer Anstrengung. Durch die Hitze hatte ich Wahrnehmungsschwierigkeiten und fiel durch das Übersehen der Lüftungsschlitze ein paar mal hin. Wir waren am Ende unserer Kräfte. Als uns der Vorarbeiter rumstehen sah, brüllte er schon von großer Ferne, mit seinem Tiefbayrisch auf uns ein. Wir gingen sofort wieder an die Arbeit. Beschimpfungen und Beleidigungen hagelte es den ganzen Tag.

Abends um sieben war dann zum Glück Feierabend, bei gerade einer halben Stunde Mittagspause. Ein anderes Mal durfte ein dritter Kollege unserer Firma das Dach den ganzen Tag nicht verlassen, weil der Vorarbeiter meinte, er sei immer zu lang weg. Jeden Tag wurde man aufgefordert schneller und schneller zu sein. Bei einem Regenschauer mit schweren Sturmböen wurde man angehalten weiterzumachen, anstatt in Deckung zu gehen. Auf fast allen Baustellen wurde ich grundlos angemacht und angetrieben – damit die Sonderprämie für vorzeitige Fertigstellung stimmte. Stellte man sie zur Rede, so wurden sie noch lauter. Die Sonderprämie geht an die Vorarbeiter und seine Firma.

Falk

In einem Gespräch fasste Falk seine Erlebnisse nochmal zusammen. Er berichtet über die willkürliche Verlängerung der Arbeitszeit, beklagt das häufige Mobbing durch Kollegen der Kundenfirmen der I.eiharbeitsfirma. Hinzu kommt, dass er Arbeiten ausführen musste, die er nicht kannte. Außerdem war das Arbeitsumfeld schlecht: Das Verpflegungsgeld war zu gering und die Anreise quer durchs Bundesgebiet musste mit dem eigenen Auto geschehen.

v.sc.d

Kasten: Leiharbeit

„Unser Leben ist der Mord durch Arbeit – wir hängen 60 Jahre am Strick und zappeln. Aber wir werden uns losschneiden!“ [Georg Büchner, 1835]

Leih- oder ZeitarbeiterInnen zählen zu den klassischen prekär Beschäftigten. Sie sind bei einer Leihfirma angestellt, die sie dann an verschiedene Firmen für einen begrenzten Zeitraum weitervermittelt. Die Entleihfirmen haben gegenüber den Leihkräften Weisungsbefugnis, Bezahlung, Sozialversicherungspflicht usw. erfolgt jedoch durch die Verleihfirma. Durch Rückgriff auf die gegenüber fest angestellten Arbeitskräften zunächst teuere Leiharbeit können die betreffenden Unternehmen dennoch erhebliche Einsparungen erzielen, da dadurch Schwankungen in der Auftragslage oder beim eigenen Personalbestand – etwa durch Mutterschaftsurlaub, Krankheit, Urlaub, Wehr- oder Zivildienst – ausgeglichen werden können. Neueinstellungen werden somit vermieden, außerdem werden betriebliche Zusatzleistungen eingespart oder etwa gesetzliche Richtlinien, die sich auf die Anzahl der Beschäftigten im Betrieb beziehen, umgangen.

www.arbeitsalltag.de

Hartz-Gesetze

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