Nach der Kampagne ist vor der Kampagne

Die antifaschistische Kampagne Fence Off gibt es nicht mehr. 16 Monate lang organisierten Leipziger Anti­fa­schist_innen den Widerstand gegen das sog. Nazizen­trum in der Odermannstraße. Das Lin­denauer Bürgerbüro der NPD existiert seit nun­mehr fast vier Jahren. Unzählige Störak­tionen, Kundgebungen und Demonstrationen konnten jedoch nicht verhindern, dass die Odermannstraße 8 wei­ter­hin als überregionalen Veranstaltungsort und Treffpunkt von Nazis genutzt wird.

Die Kampagne zieht also eine durchwachsene Bilanz. Obwohl sehr erfolgreich in der Mobilisierung und einzelnen Aktionen, wurde das versprochene Hauptziel leider verpasst.

Nach dem Tod des NPD-Landtagsabgeordneten Winfried Petzold, der die Odermann 8 als Bürgerbüro eröffnete, sah es Anfang des Jahres für einen Moment so aus, als würde sich das „Nationale Zentrum“ selbst abwickeln. Doch die NPD mochte ihren Sitz im Leipziger Westen nicht aufgeben, und so nutzen die beiden Leipziger Stadträte Rudi Gerhard und Klaus Ufer das Objekt jetzt of­fi­ziell als Stadt­ver­ord­ne­tenbüro. Wie es her­innen jedoch um die Kräf­te­verteilung aussieht, ist weiter­hin recht unklar. Dem Streit der straff organisierten NPD-Leute mit den Freien Kräften folgte angeblich ein Rauswurf der jungen autonomen Meute. Fakt jedoch ist, dass weiterhin Musik- und Vortragsveranstaltungen mit hochkarätigen Gästen stattfinden, zu denen die äußerst rechte Szene in der ganzen Bandbreite anrückt. Sänger wie Frank Rennicke, SS-Veteranen oder gestandene Holocaustleugner_innen wie Ursula Haverbeck-Wetzel ziehen Hooligans und NPD-Kader gleichermaßen an. Wobei letztere nicht zu ihrem Vortragstermin am diesjährigen Führergeburtstag erschien.

Das könnte durchaus an den massiven Störungen von Antifaschist_innen gelegen haben. Diese und anderes Aktionen werden nun ebenso wie das gesamte Kam­pag­nenkonzept von den Akteuren noch ein­mal näher unter’s Licht genommen. Es war neu in Leipzig, sich auf ein konkretes Ziel zu konzentrieren und so auch Leu­te einzubinden, die sonst eher faul sind, wenn es um antifaschistisches Engagement geht.

Die Reflexion soll neue Möglichkeiten eröffnen, wie Kritik an und Widerstand gegen die Nazis aussehen kann, soll und erfolgsorientiert auch sein muss. Denn das Nationale Zentrum gibt es immer noch.

(shy)

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