In Dresden wurde ein NPD-nahes Bildungswerk eröffnet
Seitdem die NPD in den Landrat von Sachsen mit 9,2 % der Stimmen einmarschierte und damit 12 der insgesamt 124 Sitze besetzt hält, steigt ihr rechtsextremes Selbstbewusstsein unaufhörlich an. Damit erlangte die Rechte einen parlamentarischen Arm, um ihre faschistischen Ideologeme nach bürgerlichen Spielregeln verbreiten zu können. Immer mehr beginnt die NPD ihren menschenverachtenden Parolenfaschismus in ein theoriegeleitetes Format zu packen, um damit ihre Anhängerschaft zu erweitern, mit dem Ziel, bis tief hinein in die bürgerliche Mitte zu kommen. Dabei bedient sie sich zwar der traditionellen Propaganda vom Antisemitismus über Antiamerikanismus bis hin zu diffusem Antikapitalismus, kleidet diese aber in ein neues Gewand. Systematisch wird versucht, öffentliche Diskurse mit völkischen Inhalten zu speisen. Ein entscheidender Schritt zur Ideologieverbreitung war die Gründung eines NPD-nahen „Bildungswerks“ am 18. April 2005 in Dresden. Das „Bildungswerk für Heimat und nationale Identität e.V.“ soll durch Spenden, Mitgliederbeiträge und parlamentarische Zuschüsse – notfalls auch über Gerichtsbeschluss erwirkt – finanziert werden. Ziel ist es, tagespolitische Themen zu verhandeln und dabei eine Bewertung nach völkischen Interpretationsmustern zu transportieren. Über Publikationen, Vorträge, Seminare und Exkursionen werden nationalistische Inhalte entsprechend vermittelt. Vorsitzender des „Bildungswerkes“ ist Peter Dehoust ein ehemaliger Herausgeber des rechtsextremistischen Kampfblattes „Nation & Europa“ und bekannter Neonazi, bis 1992 NPD-Mitglied und Mitbegründer der „deutschen Liga für Volk und Heimat“. Seinen Stellvertreter spielt Karl Richter, der ebenso Redakteur von „Nation und Europa“ war, sowie parallel beim parlamentarischen Beratungsdienst der NPD-Fraktion Sachsen arbeitet. Ein weiterer faschistischer Kopf im Hintergrund ist das Vorstandsmitglied der NPD, der sich in der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ mit antisemitischen sowie ausländerfeindlichen Äußerungen besonders kräftig hervortat. Karl Richter und Jürgen Gansel gehören beide zu einem losen Konglomerat rechtsintellektueller Köpfe, die im Umkreis der NPD-Fraktion ihre neonazistische Ideologie theoretisch zementieren möchten. Diese Gruppe bezeichnet sich selbst als „Dresdner Schule“ und wählten diesen Begriff analog zur Frankfurter Schule (1) um eine Art Gegenposition zu formulieren. Das „Bildungswerk“ dient dabei als Plattform den rassistischen Theorien Verbreitung zu verschaffen.
Nach Auffassung der „Dresdner Schule“ bestimme die von Horkheimer und Adorno in den 40ern und 50er Jahren formulierte Gesellschaftskritik das „geistige Grundklima in der BRD“. Auch wenn sich die Gruppe als Gegenkonzept zu der Kritischen Theorie versteht, ist ihre Kritik an dieser haltlos, schon weil es an einer ausgiebigen Rezeption mangelt. Vielmehr blieb es bei den publizierten Aufsätzen bei vagen Bezügen und wüsten Unterstellungen. Das lässt vermuten, dass es mehr darum geht seine eigene Position aufzuwerten, indem das eigene Denkkonstrukt in Form eines „Gegenentwurfs“ als die selbe philosophische Ebene dargestellt wird. Ebenso wird die kritische als politische Theorie verstanden, was sie aber nicht war und ist (2).
Inwieweit es um die Kritik an der Frankfurter Schule bestellt ist, zeigt nicht zuletzt Jürgen Gansel, der das Hauptwerk der kritischen Theorie, „Die Dialektik der Aufklärung“, als ein „unappetitliches jüdisches Buch“ beschimpfte, was die Wurzeln der Adornokritik der „Dresdner Schule“ aufzeigt.
In ihrer ersten Verlautbarung stellen sie den „ethnisch homogenen Gesellschaftskörper“ einer von ihnen denunzierten „multikulturalistischen Gesellschaft“ gegenüber und argumentieren, dass sich Identität nur auf die „genetische Mitgift“ beziehen kann.
Die soziale Identität bestimmt sich jedoch durch die Beziehungen, die Menschen mit anderen Menschen bestreiten, und durch ihre Umwelt, welche uns prägt und nicht durch irgendeine chromosomale Beschaffenheit. Zentral bei Richters Erklärungsschrift zur „Dresdner Schule“ ist also ein Blut-und-Boden-Biologismus, der Begriffe wie „Abstammungsgesellschaft“ wieder stark machen soll.
In seiner Propaganda gegen das von ihnen deklarierte egalitäre Weltbild in der bundesdeutschen Gesellschaft das durch die „kulturelle Hegemonie der 68iger“ getragen würde, postuliert Karl Richter die „Menschenrechtslüge“ und spricht damit dem Menschen (nach seiner Vorstellungen einem bestimmten Teil von Menschen) die Würde ab.
Ebenso fordert Richter, wie jeder ordentliche Nazi, dass die „Frage der deutschen Souveränität und Staatlichkeit“ erneut in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion rücken müsse, wohl damit sich Deutschland seines Führungsanspruches wieder bewusst werde, wie einst 1933.
Zuschlechterletzt wird in der letzten Hetzthese der Erklärungsschrift eine Reform des parlamentarischen Systems gefordert, wobei nicht näher erläutert wird, welche gruselige Idee von Staatlichkeit sich hinter dem Ausdruck „Reform“ verbirgt.
Eine Verbindung von „Bildungswerk“ und Theoriewerkstatt dient vornehmlich zwei Zwecken: Zum einen der Schaffung einer lückenlosen Ideologie, die ihren zeitgeschichtlichen Rahmen abdeckt (so verstanden unter einer „globalisierten Rechten“) und zum anderen der Einflussnahme auf die bürgerliche Mitte und deren Diskurse.
Die menschenverachtenden und rassistischen Inhalte dieser „Schule“, sind typisch für ihre Gattung, die Art und Weise jedoch, wie die einzelnen Inhalte transportiert werden, bedient sich bürgerlicher Attitüde. Durch den rechten parlamentarischen Arm findet ihre Verbreitung einen günstigen Kanal und die Anschlussstellen zur Mitte sind schnell gefunden. Gerade durch die Aufwertung von Begriffen wie Nation und Volk von rechtsliberaler Seite (3) bekommen rassistische Theorien wieder Aufwind und Anhang in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.
Karotte
(1) Bezeichnung für eine philosophische Strömung ausgehend von dem Institut für Sozialforschung aus Frankfurt, die in den 30er und 40er Jahre des 20. Jh. entstand und welche u.a. von den Gesellschaftswissenschaftlern Theodor Wiesengrund Adorno und Max Horkheimer getragen wurde.
(2) Siehe dazu auch aus Feierabend! #16 den Artikel „Feierabend! – Mehr als antideutsch“
(3) Siehe dazu das Thesenpapier der jungen Union Sachsen „Werte-Strategie-Papier“
NazisNixHier