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arge, job & klassenkampf

Was viele nicht zu fragen wagen

SELBSTÄNDIG, GEHT DA WAS?

Nane, 23: Hallo liebes FA!-Team, hallo Dr. Flaschenbier. Ich habe eine Frage, die mir die spießigen Er­werbs­losenhilfen von DGB und Kirche nicht beantworten wollten. Eine Freundin sagte mir dann, daß ich mich gleich an Euch hätte wenden sollen. Also ich war eine ganze Weile arbeiten und bekomme gerade Alg I. Jetzt will ich mich bald selbständig machen und meine Frage ist: Kann ich da irgendwie Geld abzocken?

Mit ein bisschen Glück und etwas Unachtsamkeit Deiner Sachbearbeiter kannst Du doppelt abkassieren, Gründungszuschuss und Alg II! Und das Schöne ist, das Ganze ist auch noch legal! Denn Du nutzt eine Besonderheit der Alg-II-Berechnung, die ansonsten meist nachteilig ist, für Deine Zwecke aus: das Zuflussprinzip. Danach zählt für die Alg-II-Berechnung immer das Einkommen, das Du tatsächlich im Kalendermonat erhältst.

Das Ganze funktioniert so: Du beantragst schriftlich bei der Bundesagentur für Arbeit einen Gründungszuschuss, reichst aber noch nicht Dein Konzept für Deine geplante Selbständigkeit ein.

Wichtig! Nenne in dem Schreiben das Anfangsdatum Deiner Tätigkeit und sage, daß die Tätigkeit deine Arbeitskraft voll in Anspruch nimmt. Sorge dafür das Du den Zugang beweisen kannst, entweder durch einen Sendebericht des Faxes oder gib es persönlich ab und lass Dir auf eine Kopie einen Datumsstempel geben.

Wichtig! Gib spätestens am Tag des Beginns deiner Selbständigkeit auch einen Alg-II-Antrag ab. Lass Dir aber bei der Einreichung der erforderlichen Unterlagen viel Zeit.

Folge wird sein, dass Du ab Beginn der Selbständigkeit kein Alg I und auch kein Alg II mehr bekommst. Das ist zwar schlecht, aber da musst Du in den nächsten sechs Monaten jetzt durch. Denn hast Du das Tal der Tränen durchschritten, winkt am anderen Ende das Paradies des doppelten Leistungsbezugs!

Wichtig! In dieser Zeit, wie auch sonst, solltest Du es aber vermeiden, daß Geld von Verwandten oder Freunden auf Dein Konto fließt!

Mit Ablauf der sechs Monate solltest Du alle Unterlagen für die Bewilligung deines Gründungszuschusses bei der Bundesagentur für Arbeit so eingereicht haben, daß diese spätestens zu diesem Zeitpunkt deinen Gründungszuschuss bewilligt. Nach der Auszahlung des Gründungszuschusses für die letzten sechs Monate lässt Du Deinem Jobcenter die noch fehlenden Unterlagen zukommen. Du reichst zudem Kontoauszüge ein, aus denen hervorgeht, wann die Bundesagentur für Arbeit Deinen Gründungszuschuss ausgezahlt hat.

Wichtig! Die Auszahlung des Gründungszuschusses muss zwingend vor der Bearbeitung deines Alg-II-Antrags erfolgen, ansonsten kann das Jobcenter sich die Kohle direkt von der Bundesagentur für Arbeit holen, weil es als Einkommen gilt!

Wichtig! Falls Du über den sechs Kalen­dermonatezeitraum hinaus kommst musst Du einen neuen SGB II Folgeantrag beim Jobcenter stellen. Dabei besteht allerdings ein erhöhtes Risiko, daß den Sachbearbeitern Dein Vorgehen auffällt. Zudem wirst Du bei einem längeren Zeitraum immer mehr Probleme mit Deiner Krankenversicherung bekommen, da diese keine Beitragsleistungen mehr erhält.

HitTipp: Reichen Deine finanziellen Reserven nicht aus, kannst Du das ganze natürlich auch verkürzen.

DANKE!

Helga, 42: Hallo Dr. Flaschenbier, ich möchte Dir heute einfach mal so schreiben. Vielen lieben Dank für die ganzen tollen Tipps und daß Du immer ein offenes Ohr für die Probleme von uns „Hartzern“ hast. Ohne Menschen wie Dich würde meine Generation nämlich ganz schön alt aussehen. Danke!

Gern geschehen, Helga. Mir hat es auch immer viel Spaß gemacht und ich bin froh, der einen oder dem anderen hier und da geholfen und dem Amt wieder mal eins ausgewischt zu haben. Aber leider muss ich Dir und meiner mittlerweile gewachsenen Fangemeinde mitteilen, daß ich in dieser Ausgabe vorerst zum letzten Mal Eure Fragen beantworten kann. Das Schweinesystem macht nämlich auch mir das Leben schwer und so wird es in absehbarer Zeit kein „Arge, Job und Klassenkampf“ mehr geben.

HitTipp: Bildet Banden! Helft Euch selbst in Euren täglichen Kämpfen gegen das Jobcenter! Informiert Euch, tauscht Euch aus, begleitet Euch gegenseitig bei Amtsgängen, kurzum: Seid solidarisch, denn das ist und bleibt Eure beste Waffe!

Dr. Flaschenbier

arge, job & klassenkampf

AUSBILDUNG AUCH OHNE BILDUNGSGUTSCHEIN?

Annika, 29: Hallo Dr. Fla­schen­bier! Ich bin jetzt schon ein paar Jahre arbeitslos und war eigentlich auch ganz zufrieden damit. Doch in letzter Zeit fehlt mir immer mehr die Beschäftigung und auch das Geld und nun will ich doch wieder Arbeit. Der Haken ist nur, daß ich einen In­dus­trie­kletterschein bräuchte, um bei einem der vielen attraktiven Arbeitgeber Erfolg zu haben. Leider will das Amt mir den nicht bezahlen, also keinen Bildungsgutschein geben. Was kann ich denn da nur tun?

Liebe Annika, mit dem Bildungsgut­schein kann ich Dir leider auch nicht weiter helfen. Denn beim Amt heißt es zwar immer Fordern und Fördern, allerdings bleibt es meist beim Fordern, wenn mensch gefördert werden will. Ein Anspruch auf einen Bildungsgutschein lässt sich in der Praxis meist nicht begründen, selbst wenn Du der Meinung bist, daß er Dir hilft, Arbeit zu bekommen. Dein Sachbearbeiter nimmt Deine Bedürfnisse einfach nicht ernst, nur leider ist das eine Ermessensleistung. Ermessen heißt, er kann Dir einen Gutschein gewähren, muss es aber nicht, wenn für Ihn Gründe dagegen sprechen. Und Du weißt ja selbst, was für unzugängliche Menschen diese Sachbearbeiter oft sind. Wenn der nämlich Gründe sucht, findet er sie meistens auch. Beliebt bei denen ist zum Beispiel der floskelhafte Verweis, es gäbe in dem angestrebten Arbeitsbereich nicht genügend Berufsperspektiven, sprich Stellen. Wenn Du eine Ausbildung anstrebst, die Du für Deine Selbstständigkeit nötig findest, ist es sogar doppelt schwer, denn die Agentur für Arbeit will Dich bevorzugt in sozialver­sicherte Arbeit und nicht in die Selbstständigkeit vermitteln. Diese Spießer!

HitTipp: Leihe Dir Geld für die Klettr­ausbildung bei Freunden. Dann kannst Du die Ausbildungskosten später beim Job­center zu 100 Prozent absetzen. Gleiches gilt für Arbeitsausrüstung etc.

Wichtig: Macht den Darlehensvertrag schriftlich. Vereinbart dort, daß das Darlehen von Deinen Einnahmen zurück gezahlt werden soll.

Und überlege Dir lieber dreimal, ob Du wirklich arbeiten willst! Lohnarbeit hat nämlich einige negative Be­gleit­­er­schei­nungen!

SCHWEINEREI! KEINE KOHLE FÜR ONLINEBEWERBUNGEN

Torsten, 21: Hallo Feierabend!-Team, ich hab’ da mal eine Frage. Das Jobcenter hat mir gesagt, ich soll mich bewerben. Sowas doofes. Ich dachte mir, naja, immerhin krieg ich da Kohle für die Bewerbungen. Da schreibe ich halt ein paar Mails, wenn in meinem Online-Game grad wenig los ist. Jetzt sagen die vom Amt mir aber, daß ich für Online-Bewerbungen und auch telefonische kein Geld bekomme. Geht das denn???

Ja, Torsten, faktisch geht das leider wirklich. Wenn Dich das Jobcenter zu Online- oder Telefonbewerbungen verpflichtet, muss es zwar auch die Kosten tragen. Die Kosten für diese Art von Bewerbungen sind aber in der Regel kaum nachweisbar in Zeiten von Internet- und Festnetz­flatrates. Keine Kosten für solche Bewerbungen zu gewähren, ist mittlerweile leider traurige Praxis.

Allerdings kannst Du Dich weigern, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, die so eine Vereinbarung enthält. Denn die Bewerbungskosten sind hier frei verhandelbar. Die Eingliederungsvereinbarung wird dann aber meist durch einen Verwaltungsakt ersetzt. Grundsätzlich gilt aber, dass Kosten für Bewerbungen in voller Höhe absetzbar sind.

Dies hat häufig bei schriftlichen Bewerbungen Relevanz, wenn in der Eingliederungsvereinbarung ein Betrag pro Bewerbung von 5 Euro vereinbart wurde, die tatsächlichen Kosten aber höher sind. Wenn Du deine Ausgaben mit Quittungen belegen kannst, sind auch die höheren Kosten zu tragen.

HitTipp: In der Eingliederungsver­einbarung sind meist durch Verhandlungen auch höhere zu erstattende Kosten pro Bewerbung als 5 Euro drin.

Wichtig: Bei den Bewerbungen solltest du natürlich immer aufpassen, daß Du nicht versehentlich in Arbeit gerätst. Tipps hierzu gibt es im FA! #38!

Arge, Job und Klassenkampf – Was viele nicht zu fragen wagen

EINEN GANZEN MONAT OHNE GELD?

JULE, 27: Der letzte Feierabend! war ja schon to­­tal schnell ausverkauft! So habe ich die Tipps zur Arbeitsverweigerung erst zu spät bei einer Freundin auf dem Klo gelesen und hatte meinen neuen Job leider schon. Ich dachte, wenigstens gibt es zum Trost mehr Geld – aber das Gegenteil war der Fall! Mein Chef bezahlt mir den Lohn immer erst am 1. des Folgemonats, die Arge hat mir aber bereits für den Monat als ich angefangen habe gar kein Geld mehr gezahlt. Wie soll ich denn jetzt nur die Miete und das Essen bezahlen?

Ich verstehe Deine Sorgen, Jule! Daß die Arge Dir Deinen SGB-II-Anspruch schon für den Monat gestrichen hat, in dem Du angefangen hast zu arbeiten, aber noch kein Geld bekamst, ist nicht nur gemein, sondern zum Glück auch rechtswidrig!

Wichtig!: Es gibt im Hartz IV nämlich die grundsätzliche Regel, dass Einkommen nur in dem Monat angerechnet werden darf, in dem es auch tatsächlich zufließt! Das heißt, alles, was Dir zwischen dem 1. und letzten des Monats zufließt, wird in dem Monat auch angerechnet. In Deinem Fall hast Du also Glück gehabt, dass Dich Dein Chef so spät bezahlt und Du Dein Gehalt nicht schon immer am Monatsletzten bekommst.

Zu deinem Geld kommst Du, wenn Du bei der Arge Widerspruch gegen den Bescheid einlegst. Diesen kannst Du innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Bescheids bei der Arge zu Protokoll geben oder schriftlich gegenüber der Arge erklären, z.B. „Hiermit lege ich gegen den Bescheid vom xy Widerspruch ein“. Achtung!: An Deine Unterschrift musst Du unbedingt denken! Am besten, Du bringst das Schreiben persönlich vorbei und hast vorher eine Kopie gemacht, auf die Du Dir einen Posteingangsstempel der Arge zum Beweis geben lässt. So geht Dein Widerspruch nicht in den Weiten des Argehimmels verloren.

Der Monat, in dem Du keine Hartz-IV-Leistungen bekommen hast, dürfte nach dem was Du schreibst schon abgelaufen sein. Daher kannst Du leider keinen einstweiligen Rechtsschutzantrag mehr stellen. Wichtig!: Für die Zukunft denke bitte daran, daß Du möglichst schnell einen solchen Antrag stellst! Was das genau ist und wie Du das machst erfährst Du im nächsten Feierabend!

Solltest Du die Widerspruchsfrist auch verpasst haben, dann hilft letztlich ein Überprüfungsantrag, den Du ebenfalls bei der Arge zur Zeit noch innerhalb von vier Jahren nach Bekanntgabe des Bescheides stellen kannst. Aufgepasst: Ab nächsten Jahr sehen die Gesetzesentwürfe eine Verkürzung der Frist für Überprüfungsanträge auf sechs Monate vor!

Gut zu wissen!: Sozialgerichtliche Verfahren, genau wie auch Widerspruchs- und Überprüfungsverfahren im Hartz-IV-Bereich, sind für Dich vollkommen kostenlos, egal ob Du gewinnst oder verlierst. Also lass Dich nicht unterkriegen!

HILFE, DIE ARGE WILL MICH ABZOCKEN!

THOMAS, 36: Hallo Dr. Fla­schenbier, ich habe da ein Problem. Ich habe gearbeitet und die Arge hat mir trotzdem fünf Monate weiter Geld gezahlt, obwohl ich denen das gleich gesagt habe. Zunächst hatte ich mich ja gefreut, mal ordentlich Kohle ausgeben zu können. Jetzt wollen Sie das Geld aber zurück haben, über 3.000 Euro sind das! Von der Knete ist natürlich nix mehr da. Aber jetzt will auch noch die „Regionaldirektion der BA Bayern“ Mahngebühren von mir, weil ich nicht bezahlt habe. Mit denen hatte ich aber nie was zu tun, nur mit der Arge Leipzig. Dürfen die mir Mahnkosten auferlegen?

Hallo Thomas, Du liegst ganz richtig mit Deinen Zweifeln. Die Regionaldirektion der BA Bayern ist tatsächlich von der Arge Leipzig mit der Eintreibung von ausstehenden Zahlungen beauftragt worden. Es ist als Organ der Bundesagentur für Arbeit eine Art „öffentliches Inkassobüro“. Mahngebühren darf die Regionaldirektion der BA Bayern für die Argen jedoch nicht eintreiben, zumindest sieht das das Sozialgericht Leipzig und das Landessozialgericht Sachsen so. Du siehst also, die kriegen viele Schweinereien durch, aber nicht alle. Achtung!: Am besten Du widersprichst der Festsetzung der Mahngebühren schriftlich gegenüber der Regionaldirektion der BA Bayern! Das geht übrigens innerhalb eines Jahres, wenn es bei der Festsetzung der Mahngebühren keine Rechtsmittelbelehrung gegeben hat, was eigentlich so gut wie immer der Fall ist.

Mit der Rückzahlung des Geldes ist es allerdings so eine Sache. Grundsätzlich musst Du von der Arge zuviel gezahlte Leistungen schon zurückzahlen oder bleibst zumindest auf den Schulden sitzen. Allerdings gibt es mitunter einige Tipps und Tricks, wie Du da vielleicht drumherum kommst! Also nicht verzagen und vor allem …

Überarbeite Dich nicht!

Dein Dr. Flaschenbier

arge*, job und klassenkampf

Was viele nicht zu fragen wagen

ICH SOLL MEINE HEIZKOSTEN SELBER ZAHLEN?!

TOM, 56: Ich bin schon seit Jahren auf Hartz IV. Vor kurzem habe ich mir meinen Bewilligungsbescheid mal durchgelesen und dabei gemerkt, daß ich von meiner Miete etwa fünf Euro zu wenig vom Jobcenter gezahlt bekomme. Genauer gesagt wurden Heizkosten abgezogen. Ist das denn überhaupt legal?! Ach ja – ich wohne in einer schnuckeligen Einzimmerwohnung mit fließend Warmwasser und so, die über eine im Haus befindliche Gasetagenheizung beheizt wird.

Lieber Tom, diese Frage kann ich für die Vergangenheit wohl mit ja, aber für die Zeit ab 01. Januar 2011 nur mit einem klaren Nein beantworten. Das Geld, das Dir von deinen Heizkosten nicht erstattet wurde, ist wahrscheinlich die sogenannte Heizkostenpauschale. Diese Pauschale, die sich zwischen 5 und 6 Euro bewegt, wurde jedem abgezogen, der mit seiner Heizung auch sein warmes Wasser erzeugte. Denn die Warmwassererzeugung war zumindest bis Ende letzten Jahres noch in Deiner Regelleistung enthalten und zählte somit nicht zu den Kosten der Unterkunft. Zum Glück hat der Gesetzgeber bei der Hartz-IV-Reform zumindest teilweise auch positive Korrekturen vorgenommen. So sind rückwirkend für die Zeit ab dem 01. Januar 2011 die Kosten der Warmwasserbereitung aus der Regelleistung herausgenommen worden und zählen nunmehr zu den Kosten der Unterkunft. Das heißt, es lohnt sich für Dich, einen Widerspruch gegen Deinen Leistungsbescheid ab 2011 einzulegen oder (falls die Wider­spruchsfrist schon abgelaufen ist) einen Überprüfungsantrag zu stellen. Beides kannst Du am besten mit einem unterschriebenen Brief an Dein Jobcenter erledigen.

NUR 5 EURO MEHR! DAS SOLL´S GEWESEN SEIN?

HENRIETTE, 19: Ich habe mich ja so geärgert über die faule Hartz-IV-Reform und die Regelsatz-Lüge. Einfach lächerlich, im Gewande einer scheinbaren Verbesserung kommt eine faktische Kürzung daher! Können wir dagegen denn noch irgend etwas tun?

Liebe Henriette, am liebsten würde ich Dir zur sozialen Revolution raten, aber als Autor einer berühmten Ratgeber-Rubrik kann ich mir das leider nicht leisten. Auf juristischem Wege allein werden wir zwar nur minimale Verbesserungen erreichen, es lohnt sich aber dennoch. Die Regelsätze sind höchstwahrscheinlich wieder verfassungswidrig berechnet worden und das heißt, daß wir Ihnen durch massenhafte Widersprüche und Klagen schon etwas in die Suppe spucken können. Das Ganze ist übrigens ganz gefahrlos. Denn Widersprüche und Klagen gegen Hartz-IV-Bescheide sind kostenlos!

KEIN ANSPRUCH TROTZ SCHULDEN!

HEINZ, 44: Dr. Flaschenbier, ich hoffe, Sie können helfen! Ich habe in den letzten Jahren ganz gut als Installateur verdient. Ich hab das gemacht, weil meine Ich-AG leider zuvor den Bach runter gegangen ist und ich daher noch Schulden bei meiner Freundin hatte und die zurückzahlen wollte. Jedenfalls hat mich dann vor einem Jahr meine Firma rausgeschmissen und ich musste nun ein Jahr lang von Arbeitslosengeld 1 leben. Im Februar diesen Jahres lief dann mein Anspruch aus. Ich hatte aber bis zu diesem Zeitpunkt versäumt, meiner Freundin die 90.000 Euro zurück zu überweisen. Ich hatte mal gehört, das geht bis einen Tag vor der ersten Antragstellung beim Jobcenter. Also habe ich ihr die Schulden am 27. Februar bar abgehoben, und sie hat es auf ihr Konto am gleichen Tag noch bar eingezahlt.

Am 01. März habe ich dann Hartz IV beantragt. Ich bekam auch gleich einen Vorschuss, da ich ja kein Geld mehr hatte. Aber jetzt will mein Leistungssachbearbeiter doch tatsächlich den Vorschuss zurück und meint, ich hätte keinen Anspruch auf Stütze, da ich zuviel Vermögen hätte. Kann diese Sauerei denn wirklich wahr sein?!

Ich gehe mal davon aus, daß Du Dein Vermögen nicht heimlich zur Seite schaffen wolltest. Wenn doch, dann solltest Du allerdings aufpassen, daß das Jobcenter Dir nichts beweisen kann …

Leider muss ich Dir mitteilen, daß das, was Du gehört hast, nicht mehr ganz stimmt. Durch die Hartz-IV-Reform wurden auch hier die Regelungen für die SGB-II-Empfänger verschärft. Mit Inkrafttreten der neuen Gesetze wirkt die Beantragung von SGB-II-Leistungen immer ab Anfang des Monats, in dem der Antrag gestellt wurde. Das klingt zunächst gut, heißt aber, daß ein Vermögen immer schon einen Kalendermonat vor der Antragstellung zur Tilgung der Schulden ausgegeben worden sein muss, da das Geld ansonsten als Vermögen angerechnet wird. Glücklicherweise lag bei Dir zufällig gerade ein Kalendermonat dazwischen, da Du das Geld Ende Februar an Deine Freundin gezahlt, SGB-Leistungen aber erst im Monat März beantragt hast. Deswegen solltest Du auch unbedingt in Widerspruch gehen, denn Dein Sachbearbeiter liegt falsch. Wichtig ist übrigens auch zu wissen, daß es egal ist, wieviel Schulden Du bei der Antragstellung hast. Es wird nur darauf geschaut, wieviel aktives Vermögen Du hast. Eine Verrechnung von Vermögen und Schulden wird vom Jobcenter nicht vorgenommen. Andererseits verbietet Dir niemand, Deine Schulden vor der Antragstellung zu begleichen. Du solltest nur darauf achten, daß Du Belege für die Schulden hast, beispielsweise einen Kreditvertrag, einen Schuldschein oder ähnliches. Denn wenn das Jobcenter Dir nachweisen kann, daß Du Dein Geld verschenkt hast, kann es das Geld von den Beschenkten zurückfordern. Tag der Antragstellung ist übrigens der Tag, an dem Du gegenüber dem Jobcenter das erste Mal geäußert hast, daß Du SGB-II-Leistungen beziehen willst.

OHNE ELTERNGELD KEIN KUBA!

JENNY, 20: Hallo Dr. Flaschenbier, ich bin so ratlos! Ich habe im Januar meinen kleinen Fidel bekommen. Davor war ich schon längere Zeit glückliche Hartz-IV-Empfängerin. Ich hatte es mir so schön vorgestellt: Mit Hartz IV und Elterngeld zusammen hätte es gereicht, um meinem Fidel ein Jahr lang Kuba zu zeigen. Er soll doch auch mal was von der Welt sehen! Nun sagte mir die Frau von der Arge aber, mein Elterngeld würde komplett auf das ALG 2 angerechnet. Stimmt das etwa? Was soll ich denn Fidel jetzt nur sagen?!

Liebe Jenny, leider ist es mittlerweile gängige Praxis, daß die Elterngeldzahlungen komplett auf die SGB-II-Leistungen angerechnet werden. Die Behörden stützen sich dabei auf eine Änderung des Elterngeldgesetzes durch das Haushaltsbegleitgesetz im letzten Jahr. Dieses gehörte zum sogenannten „Großen Sparpaket“, welches fast ausschließlich die armen Bevölkerungsteile belastet. Nach der neuen Regelung darf das Elterngeld grundsätzlich angerechnet werden. Eine Ausnahme gibt es nur für die Menschen, die vor dem Elterngeld keinerlei Hartz IV bezogen haben.

Gerade diese Ausnahmeregelung bietet jedoch einen Ansatzpunkt für Dich, doch noch zum ersehnten Kuba-Urlaub zu kommen. Denn es gibt viele, die hier den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 des Grundgesetzes verletzt sehen. Unter www.tacheles-sozialhilfe.de findest Du neben anderen nützlichen Hinweisen auch einen Link zum Download eines Musterwiderspruchs. Rechne allerdings nicht fest und zu schnell mit dem Geld. Die Verfahren werden sich wohl wieder bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen, und das dauert. Du kannst Deinen Widerspruch aber so lange ruhend stellen, da der Fall strittig ist. Ein einfacher Hinweis an das Jobcenter* genügt da meist und sie bearbeiten den Widerspruch, wenn eine höchstgerichtliche Entscheidung vorliegt. Dann kannst Du mit ein wenig Glück in fünf Jahren mit deinem Fidel nach Kuba reisen.

*Ja, die Arge heißt jetzt Jobcenter. Noch so eine tolle Neuerung!

Arge Job und Klassenkampf – Was viele nicht zu fragen wagen

KEINE ARBEIT DURCH VIELE BEWERBUNGEN?

 

SOCKE, 21: Vor ein paar Wochen hab ich einen Brief vom Arbeitsamt bekommen, den ich gestern aufgemacht hab. Darin steht, daß ich bei einer Firma zum Vorstellungsgespräch soll. Ich hab gehört, wenn ich das nicht mache, dann streichen die mir das Geld. Muss ich jetzt da arbeiten oder kann ich da noch was machen? Bitte helft mir, ich habe solche Angst.

Hallo Socke, ich kann gut verstehen daß Du beunruhigt bist. Das ist ganz normal, wenn man so hart aus seiner Lebensrealität gerissen wird. Aber keine Angst, es gibt für alles eine Lösung und Du wirst schon nicht gleich arbeiten müssen. Also zuerst solltest Du nachschauen ob der Brief per Einschreiben gekommen ist, oder mit normaler Post (die Regel). Dann schau noch mal in Deinen Briefkasten und vergewissere Dich, daß das gefährliche Jobangebot nur Illusion war. Hintergrund ist nämlich, daß die Arge beweisen muss, daß der Brief zugegangen ist, und nicht anders herum. Achtung!: Gib nicht an, der Brief sei zu spät angekommen. Damit hast Du den Zugang eingestanden und wirst beweispflichtig, daß der Brief tatsächlich zu spät angekommen ist!

Du kannst aber auch im Vorfeld schon Maßnahmen treffen: Du kannst von Dir aus viele Bewerbungen für Stellen, die Du sowieso nicht bekommst, schreiben. Die Verwendung von Vorlagen macht dabei Sinn. Verschicken kannst Du die Bewerbungen per Mail. Das kostet Dich nichts, im Gegenteil: Du bekommst dafür sogar noch Geld, und zwar vom Amt. Fünf Euro müssen sie pro Bewerbung an Dich abdrücken – mehr ist Verhandlungssache mit dem Vermittler. Der Gesamtbetrag kann zwar nach oben pro Jahr gedeckelt werden, aber ohne Geld kannst Du keine Bewerbungen mehr schreiben… Das tut Dir natürlich aufrichtig leid, da im Laufe des Jahres noch aussichtsreichere Stellenangebote auf Dich zukommen könnten. Sollte es nun doch zu einem Vorstellungsgespräch kommen, so hast Du auch hier viele kreative Möglichkeiten. Häufiges Kratzen während des Gesprächs, eine durchzechte Nacht und dann aus der Kneipe direkt zum Chef, die Frage ob es denn schon einen aktiven Betriebsrat oder andere Gewerkschaftsvertreter im Betrieb gibt, Redewendungen wie „Ich sollte mich hier melden…“ oder Fragen nach Elternzeitregelungen, nun, Du weißt was ich meine. Wichtig!: Niemals direkt sagen, Du willst den Job nicht! Auch vor zu großen Verspätungen rate ich Dir ab, wenn Du keine Kürzung riskieren willst.
Solltest Du dennoch richtig Pech haben, so können Dir vielleicht die Tipps weiterhelfen, die Lulle von uns bekommt:

UNGEWOLLT BERUFSTÄTIG

 

LULLE, 28: Hallo Dr. Flaschenbier! Ich habe ein großes Problem und weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden soll. Ich habe bei einem Bewerbungsgespräch nicht richtig aufgepasst und nun stecke ich mitten in einem ungewollten Arbeitsverhältnis. Ich möchte ja auch gar nicht arbeiten, ich habe doch Besseres mit meiner Zeit vor.  Meine Freunde wissen auch noch nichts davon, aber lange kann ich das nicht mehr verheimlichen. Ich schäme mich so, was soll ich nur tun?

 

Ich kann Deine Angst verstehen, aber das ist dennoch kein Weltuntergang. Arbeit zu bekommen, das kann jedem mal passieren. Noch hast Du jedenfalls genügend Möglichkeiten, sie wieder loszuwerden. Neben dem klassischen Krankheitsfall, der, wenn er nur lange genug dauert, übrigens auch häufig dazu führt, daß mensch aus 1-Euro-Jobs und Fortbildungen geworfen wird, gibt es noch einen bunten Strauß von Möglichkeiten, dem Job ade zu sagen: Bist Du noch in der Probezeit, ist es immer sinnvoll die Wahl eines Betriebsrates zu organisieren.

Denkst Du, Du bekommst zu wenig Lohn oder musst zu lange arbeiten? Na klar, zu wenig Geld bekommst Du immer, sonst würde Dich keiner beschäftigen. Aber wenn darüber hinaus auch nur kleine Anhaltspunkte für eine zu geringe Lohnzahlung in Deinem Arbeitsvertrag zu finden sind, drohe damit Deine Rechte einzuklagen! Verstehst Du Dich mit dem Chef einigermaßen? Dann kannst Du Dir von ihm aus „betriebsbedingten Gründen“ kündigen lassen, hier droht  keine Sperre. Achtung!: Um Kürzungen zu vermeiden, kündige nicht selbst! Liefere keine Kündigungsgründe, die Dir angelastet werden können (zu spät kommen, dem Chef sagen was für ein Arsch er ist, etc.) Eine Sperre droht auch, wenn Du einen Aufhebungsvertrag unterschreibst! Ich hoffe, Du kannst mit meinen Ratschlägen etwas anfangen und alles wird wieder gut.

Dein Dr. Flaschenbier

Hier zu Hartz 4 – Die Ecke mit Tipps und Tricks für ein entspannt(er)es Leben

Heute: Termin verpasst, was ist zu tun?

Wer kennt das nicht. Mensch war zwei drei Wochen in der Sonne Spaniens, hat verschiedene nette und nicht so nette Kommuneprojekte besucht und ist voll mit libertären Ideen, die es gilt möglichst bald zu verwirklichen. Doch kaum zu Hause angekommen, holt einen die schnöde, graue Realität ein, denn ein Brief der ARGE mit einer Meldeaufforderung wartet bereits im Briefkasten. Alles halb so schlimm, wäre der Termin nicht vor drei Tagen gewesen…

Im Falle eines versäumten Meldetermins droht gemäß § 31 Absatz 2 SGB II die Kürzung der Regelleistung in Höhe von 10% sowie der Wegfall des Zuschlages für die Menschen, die zuvor Arbeitslosengeld I bezogen haben. Die Kürzung gilt normalerweise drei Monate, § 31 Absatz 6 Satz 2 SGB II.Allerdings nur, wenn die Meldeaufforderung eine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen des Fernbleibens enthält und der Hilfebedürftige keinen Grund für sein Fernbleiben darlegen kann, § 31 Absatz 2 SGB II.

Hit-Tipp: Nur mündlich erteilten Meldeaufforderungen braucht Ihr nicht nachzukommen!

Daraus ergibt sich zum Einen, dass nur telefonisch mit­geteil­te Mel­deaufforderungen ruhigen Gewissens ohne finanzielle Nach­tei­le versäumt werden können. Ansonsten muss ein wichtiger Grund für die Terminversäumnis vom Hilfebedürftigen dargelegt wer­den.

Wichtig! Eine Entschuldigung ist nur bei attestierter Krankheit als Grund für Terminversäumnis sinnvoll!

Der wichtige Grund wird von den Sachbearbeitern der ARGE sehr eng ausgelegt. Die Pflege kranker Eltern in einer anderen Stadt wird zum Beispiel für nicht ausreichend angesehen. Daher ist grundsätzlich von Entschuldigungsversuchen abzuraten! Eine Ausnahme bildet hier nur die eigene Krankheit oder die von den Kindern, welche ärztlich attestiert ist.

Wichtig! Wird im Rahmen der Entschuldigung ein Aufenthalt außerhalb angegeben, droht für die Zeit der Ortsabwesenheit der völlige Entzug der SGB-II-Leistungen.

Die Pflege der kranken Eltern in einer anderen Stadt hat schon so manchen für die Zeit des Aufenthalts in der anderen Stadt um die gesamten SGB-II-Leistungen gebracht.

Hit-Tipp: Erwähnt den versäumen Termin nicht! Ist der Brief mit der Meldeaufforderung nicht angekommen gibt’s auch keine Leistungskürzungen.

Für den Zugang der Meldeaufforderung ist nicht der Hilfeempfänger, sondern die ARGE beweispflichtig. Die Meldeaufforderungen werden aber fast immer mit einfacher Post durch Pin, TNT, Citypost, Deutsche Post etc. versandt, wodurch die ARGE den Zugang beim Hilfeempfänger nicht beweisen kann. Ein solcher Beweis könnte der ARGE nur gelingen, wenn die ARGE Mitarbeiter die Meldeaufforderung selbst vorbeigebracht hätten, etwa bei einem „Vor Orts Termin“ oder die Meldeaufforderung „zugestellt“ wurde. Die Zustellung ist regelmäßig erkennbar an dem Vermerk des Zustellungszeitpunkts der Postzustellerin auf dem Briefumschlag.

Wichtig! Ihr habt die Meldeaufforderung gar nicht erhalten! Sagt nicht, der Brief mit der Meldeaufforderung sei zu spät angekommen.

Denn nur dafür, ob die Meldeaufforderung zugegangen ist, ist die ARGE beweispflichtig, wenn der Hilfebedürftige angibt er habe den Brief erhalten nur zu spät, muss er den Zeitpunkt des Zugangs beweisen. Die Meldeaufforderung gilt ansonsten als drei Tage nach Aufgabe zur Post als dem Hilfebedürftigem zugegangen.

Übrigens haben auch Arbeitslose einen Anspruch auf Urlaub. Ihr müsst ihn vorher beantragen. Einige SachbearbeiterInnen lassen sich für die Bearbeitung solcher Anträge jedoch viel Zeit. Zudem bekommt mensch meist kurz vor und nach dem Urlaub eine Meldeaufforderung. Also immer den Briefkasten im Auge behalten.

Wichtig! Urlaub rechtzeitig beantragen (ca. 2 Monate vorher). Mit Meldeaufforderungen kurz vor und kurz nach dem Urlaub rechnen!

Dr. Flaschenbier

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Heute: Urteil des Bundesverfassungsgerichts und Widerspruchsfrist verpasst, was nun?

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 09. Februar die Berechnung der SGB II Regelsätze für verfassungswidrig erklärt. Dies hört sich besser an als es ist. Denn wer glaubt, dies hätte automatisch höhere Regelsätze und damit mehr Hartz 4 für alle zur Folge, der irrt. Denn das Bundesverfassungsgericht bemängelt lediglich die intransparente und teils willkürliche Berechnung der Regelsätze, nicht aber deren Höhe! Im Gegenteil stellt es sogar ausdrücklich klar, dass es sich nicht in der Lage sieht, die Höhe eines wirtschaftliches Existenzminimum zu konkretisieren, da der Gesetzgeber hierbei einen weiten Gestaltungsspielraum besäße. Damit liegt es – wie immer – in unserer Hand, durch Druck auf die Politik für mehr Geld in der Tasche zu sorgen. Der Gesetzgeber muss bis zum Jahresende eine Neuregelung beschließen. Lassen wir es also ein heißes Jahr werden!

Hit-Tipp:

Etwas Positives hat das Urteil jedoch zu bieten. So gibt es zukünftig einen Rechtsanspruch auf a-typische Bedürfnisse des Hilfeempfängers. Was genau das für Bedürfnisse sind, wird sich erst in der Praxis zeigen.

Wichtig!

Allerdings nur, wenn dieser Bedarf bisher nicht in der Regelleistungsberechnung enthalten ist, was die Anwendbarkeit enorm beschränkt.

Die zweite positive Neuerung ist ein Ende der kalten Absenkung der Hartz-4-Sätze. Denn der Gesetzgeber koppelte bisher eine Erhöhung der Regelsätze an die Erhöhung des Rentenfaktors. Dieser ist jedoch durch den „Nachhaltigkeitsfaktor“ von der tatsächlichen Lohnentwicklung abgekoppelt. Eine Berücksichtigung der tatsächlichen Preissteigerungen fand bisher nicht statt. Ein schleichender Kaufkraftverlust der Hartz-4-Empfänger war die Folge. Damit hat das Bundesverfassungsgericht zum Glück Schluss gemacht. Wie die Berechnung in Zukunft erfolgen soll, hat das Bundesverfassungsgericht offen gelassen.

Perspektiven:

Es wird in den nächsten Monaten definitiv eine neue große Hartz-4-Reform geben. Wenn sich die Liberalen durchsetzen, wird der Regelbedarf für Erwachsene sogar noch gesenkt! Zwar würden dafür im Gegenzug die Freibetragsgrenzen für Einkommen erhöht. Für die meisten Leistungsempfänger mit Minijob bedeutet dies jedoch ein Nullsummenspiel – für Menschen ohne jeden Job eine massive Verschlechterung! Recht wahrscheinlich ist dafür eine kleine Erhöhung der Kinderregelsätze.

Folge des Urteils ist auch, dass die Kampagne zur Stellung von Überprüfungsanträgen, um nachträglich höhere Leistungen zu be­kommen, gescheitert ist. Denn das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zur Höhe der bisherigen Regelleistungen für noch anwendbar erklärt. Die zu überprüfenden Bescheide sind daher nicht wegen der Höhe der Regelsätze rechtswidrig.

Grundsätzlich ist das Stellen eines Überprüfungsantrags jedoch ein überaus praktisches und zudem kostenloses Mittel, wenn ihr vermeintlich fehlerhafte Bescheide der Arge nachträglich überprüfen lassen wollt.

Denn hat die Arge wieder einmal einen fehlerhaften Bescheid erlassen, der Dir zu wenig Kohle gewährt und die vierwöchige Widerspruchsfrist ist schon abgelaufen, dann schlägt die große Stunde eines solchen Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X. Hiermit kannst Du nämlich die Arge zwingen, alle Leistungsbescheide der letzten vier Kalenderjahre zu überprüfen.

Hit-Tipp:

Bei versäumter Widerspruchsfrist einfach eine Brief an die Arge schreiben mit den Worten: „Hiermit stelle ich einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X des Bescheides vom …“ Die versäumte Frist braucht dich dann nicht mehr zu kümmern.

Wichtig!

Der Überprüfungsantrag kann nur für Bescheide aus dem Zeitraum der letzten vier Kalenderjahre gestellt werden. Der Antrag muss noch von Dir unterschrieben werden.

(Dr. Flaschenbier)