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Radioaktiv in die Zukunft?

Der nächste Castor rollt Ende November

Seit Mitte dieses Jahres ist es im Rahmen des (seit April 2002 geltenden) so gen­annten Atomausstieggesetzes verboten, abgebrannte Brennelemente aus deutschen Atomkraftwerken (AKW) in Wiederaufarbeitungsanlagen (WAA) zu transportieren.

Wiederaufarbeiten heißt, dass von den abgebrannten Elementen aus zivil genutzten Leistungsreaktoren Uran (96%), Plutonium (1%) und die restlichen Spaltprodukte (3%), die den eigentlichen Atommüll ausmachen, getrennt werden. Die Wiederaufbereitung, also Herstellung von reinem Uran und Plutonium, wurde ursprünglich entwickelt, um Atom­bombenmaterial herzustellen. So war zum Beispiel die Atombombe auf Hiroshima eine Uranbombe. Im Rahmen der zivilen Nutzung der Kernenergie wird heute vor allem Plutonium zu neu­en Brennelementen verarbeitet.

Die für deutsche AKW Be­treiber relevanten WAAs befinden sich in La Hague, Frankreich und Sellafield, Großbritannien. Im Wissen um das baldige Verbot der Transporte beeilten sich die Betreiber, noch vor in Kraft treten des Gesetzes ihre Lager zu leeren. Damit werden die Kernelemente noch auf Jahrzehnte weiter verarbeitet werden.

Der dabei entstehende, nicht mehr verwertbare, hochradioaktive Müll wird in Castor­behältern dann wieder nach Deut­schland zurückgekarrt. Da sich bis heute noch keine Lösung für eine endgültige Lagerung gefunden hat, wird das strahlende Erbe der Atomwirtschaft in Zwischenlagern gestapelt. Eines dieser Lager befindet sich in Gorleben, wo der Müll auch nicht „entsorgt“, sondern nur oberirdisch gelagert wird, um im Bergwerk des Salzstocks Gorleben versenkt zu werden.

Nachweislich ist dieser Ort nicht zur Lagerung geeignet, da es schon zum Einsturz eines Schachtes kam und sich daraufhin Grundwasser im Inneren sammeln konnte. Diese Art von Unfällen kann jederzeit wieder passieren, was zur Folge hätte, dass das Grundwasser radioaktiv verseucht würde, die Folgen einer solchen Katastrophe kann sich jeder ausmalen. Vielleicht passiert es nicht morgen oder übermorgen, aber was ist in 10 Jahren oder in 100 Jahren? Bei der enormen Halbwertszeit der zu lagernden Stoffe stellt sich die Frage gar für die nächsten 1 Millionen Jahre.

Um den 19./20. November 05 soll dennoch der nächste Castortransport mit 12 hochradioaktiven Behältern aus La Hague nach Gorleben rollen. Schon ab Ende August wurden deshalb Polizisten in Containern stationiert, um die Bahnbrücken der Bahnstrecke zwischen Lüneburg und Dannenberg zu bewachen. Dort werden die Behälter von der Bahn auf die Straße verlagert, um die letzten 20 Kilometer auf der Straße nach Gorleben zu rollen.

Wie in jedem Jahr regt sich auch 2005 dagegen Widerstand. Das gemeinsame beständige Bemühen um ein gemeinsames Ziel führt immer wieder die verschiedensten Menschen zusammen und ermöglicht einen darüber hinaus gehenden Austausch über diese und andere Missstände. Die Aktionsformen sind dabei so vielfältig wie ihre Akteure.

So finden immer wieder Demos statt, wie zum Beispiel die bundesweite Anti-Atom Demo in Lüneburg, oder Anti-Cas­tor-Spiele, wie das Volley­­ballturnier auf den Schienen. Die bisher wohl wortwörtlich „heißeste Aktion“, mit einem Schaden von 3 Millionen Euro, gab es am 28. September 05 als einige Polizeicontainer, die zur Unterbringung von 500 Polizisten gedacht waren, vollständig abbrannten. Dies blieb natürlich nicht unbeantwortet. Nach einer Anti-Atom-Demonstration am 22. Oktober 05 in Uelzen sammelten Polizisten Zigarettenstummel auf, und archivierten diese zur genetischen Datensicherung. Das gleiche geschah nach einem Ballspiel an den Gleisen zwischen Lüchow und Dan­nenberg. Weitaus tragischer endete der Protest gegen Castortransporte für Sé­bastian Briat. Der AKW Gegner wurde am 07.November 04 beim Verlassen der Gleise durch den viel zu schnell fahrenden Zug erfasst und überrollt.

Gefährlich ist also nicht nur die Strahlenintensität, die oft über den Grenzwerten liegt, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der die Transporte unterwegs sind.

Deshalb heißt es auch in diesem Jahr: Lasst den Widerstand praktisch werden und alle AKWs sofort schließen!

mendi