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Holocaustleugnerin gescheitert

Eine juristische Schlappe musste Ursula Haverbeck-Wetzel, Leiterin des Collegium Humanum e.V. am 5. August vor dem Bundesverwaltungsgericht einstecken. Sowohl der Collegium Humanum e.V. als auch dessen Teilorganisationen Bauernhilfe e.V. und der Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten waren im Mai 2008 verboten worden. Der Collegium Humanum e.V. betrieb u.a. ein Schulungszentrum in Vlotho (Nordrhein-Westfalen), zudem ist Haverbeck-Wetzel auch die Vorsitzende des Trägervereins der 2007 in Borna eröffneten „Gedächtnisstätte“ (siehe FA!# 27). Haverbeck-Wetzel legte umgehend Widerspruch gegen das Verbot ein.

Ohne Erfolg: Auch die Bemühungen ihres Anwalts, der Frau Wetzels Leugnung des Holocaust aus ihrer anthroposophischen Weltanschauung heraus zu rechtfertigen versuchte, konnte das Gericht nicht überzeugen. Es bestätigte das Verbot in allen Punkten. Und obwohl Verbote neonazistische Ideologien nicht aus der Welt schaffen, wie die zeitgleich zur Verhandlung auf dem Vorplatz des Gerichtsgebäudes demonstrierenden Antifa­schist_in­nen zu Recht anmerkten, muss mensch sich in diesem Fall bestimmt nicht darüber aufregen.

(justus)

„Viehmarktatmosphäre“ im Polizeikessel

„20 Jahre Mauerfall“ treibt nicht nur eventbewegte Bürger_innen (wie zum Leipziger Lichtfest, siehe S. 4) auf die Straße, sondern auch Neonazis. Unter dem Zusatzmotto „Wir sind das Volk“ mobilisierten die JN (Junge Nationaldemokraten) aus Sachsen-Anhalt und Niedersachsen am 7.11. nach Halle, um dort die Vereinigung „der Deutschen“ als wichtigen Schritt zum ersehnten „Groß­deutschland und „Teilsieg über das Ende der Fremdherrschaft seit 1945“ zu zelebrieren. Statt der anvisierten 500 Demo­teil­neh­mer_in­nen folgten zwar nur ca. 300 dem Aufruf, diese allerdings konnten sich am reibungslosen Ablauf ihrer Veranstaltung ergötzen. Denn das riesige, ca. 1000 Leute umfassende Polizeiaufgebot – verbunden mit großflächigen Absperrungen, massiven Platzverweisen und Kontrollen, Verboten von räumlich nahen Gegenkundgebungen sowie dem Einkesseln der angemeldeten zivilgesellschaftlichen Protestveranstaltung – verhinderte den direkten antifaschistischen Widerstand, der ohnehin geringen Anzahl von ca. 600 Aktivist_innen. So blieb es bei vereinzelten Störungsversuchen derjenigen, die nicht im Kessel saßen und Gelegenheit bekamen während des Aufmarsches durch die Neustädter Plattenbauten näher an die Faschos heran zu kommen. Insgesamt war der Tag für die Antifaschist_innen eine Pleite – Nazis und Polizei hingegen klopfen sich auf die Schultern.

Während die Nazi-Demo drei Wochen zuvor in Leipzig vor allem durch die repressive Polizeitaktik aufgelöst werden konnte (siehe S. 1, 5), führten die Repressionen gegen Linke gerichtet in Halle zum Durchmarsch der Rechten. Zwar gab es vom zivilgesellschaftlichen Bündnis Bestrebungen (u.a. mittels hochkarätiger Poli­tikpräsenz durch den sachsen-an­haltinischen Innenminister Hövelmann) eine gute Verhandlungsbasis zur Polizei aufzubauen, dennoch passierte Gegenteiliges. Schlussfolgernd wurde wieder deutlich, dass mensch weder der Polizei vertrauen sollte, noch dass ein Grund zum Feiern bestünde, wenn diese doch mal einen Aufmarsch maßgeblich (mit-)verhindert.

(momo)

13. Februar, Dresden: (K)ein schöner Tag?!

8.000 Nazis wurden anlässlich des 65. Jahrestages der Bombardierung der Stadt erwartet – 5-7.000 kamen. Doch nicht das bürgerliche Gedenken in der Altstadt, die brave Menschenkette als „Zeichen gegen Extremismus“ oder die über 7.000 Polizisten verhinderten den größten Naziaufmarsch Europas, sondern die radikalen Aktivist_innen auf den Straßen im links-alternativen Stadtteil Neustadt. Tausende ignorierten das „Kundgebungsverbot“ und blockierten die Straßen rund um den Neustädter Bahnhof durch diverse Straßenbarrikaden, kreativen Protest, Massenblockaden sowie direkte Auseinandersetzungen mit Bullen und Nazis.

Wie habt Ihr diesen Tag erlebt?“ fragte der Feierabend! Menschen, die ganz vorne mit dabei waren. Die folgenden kurzen Beiträge sind ihre persönlichen Eindrücke, Erlebnisberichte, Erkenntnisse und lyrischen Ergüsse …

„Für mich hat Dresden einige Dinge aufgezeigt: Dass diese Blockaden in ihrem Verhältnis zur Polizei sehr ambivalent sind. Einerseits ist die Polizei ein wichtiger Bestandteil friedlicher Blockaden. Diese werden erst möglich durch einen Polizei-Puffer, der sie mit Gewalt schützt und damit durchsetzt. Die Polizei wird dazu gezwungen, schliesslich ist sie eigentlich einer Demokratie verpflichtet, die auch menschenverachtenden Gewalttätern ein Recht auf die Strasse zubilligt. Damit gibt die Polizei auch ein ziemlich gutes Feindbild ab. Das führt zu ziemlich absurdem Kräftemessen zwischen den Staatsdienern und „besonders radikalen“ Demonstranten. Diese haben wiederum auch einen wichtigen Anteil am Erfolg der Blockaden, denn sie binden Kräfte und stützen auch Situationen, die mal etwas brenzliger sind. Trotzdem scheint es leider als ob viele nicht die erforderliche Selbstreflexion und Besonnenheit besitzen um in einer so komplexen Situation angemessen zu agieren. Als Fazit bleibt mir, dass wir wiedermal zwar den bürgerlichen Kapitalismus nicht besiegt, aber eine Demonstration seines schlimmsten Auswuchses verhindert haben.“

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„ich kann ne kleine prügelgeschichte beitragen. gegen mittag am bischofsweg: fünf hippies springen auf die strasse und versuchen einen nazibus zu blockieren. die faschos halten an, springen aus dem bus und vermöbeln die leute, beinahe auch mich, als ich in die situation reingeh.“

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„Ich weiß von den Faschos am Abend in Leipzig. Wir sind rumgefahren, um sie zu suchen. Die Info mit der Tram Nummer 9 war nicht richtig. Sind keine Faschos über’s Kreuz gefahren. Wir waren selbst in Markkleeberg gucken. Gegen halb zehn abends wurden etwa 50 Rechte in Reudnitz gekesselt, aber auf den großen Straßen war von denen NIX zu sehen. Für mich viel Panikmache mit falschen Infos.“

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„Ich hatte Probleme in die Neustadt zu kommen, weil alle Brücken von der Polizei abgeriegelt waren. Letztendlich hatte ich dann Glück, als ich in eine Straßenbahn stieg und diese nicht, wie alle vorher, von der Polizei aufgehalten wurde. Danach war ich den ganzen Tag auf dem Albertplatz, von wo aus man vom eigentlichen Geschehen nicht so viel mitbekam. Als dann gegen 15 Uhr die Meldung durchgegeben wurde, dass die Polizei nun den Nazimarsch untersagt, kippte die Stimmung total und es war eine große Feier.“

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„Die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Alle Vorbereitungen aber sind so gut wie abgeschlossen, noch schnell den Tee in die Thermoskanne und ein Paar Handschuhe mehr – fahren wir also nach Dresden! Unsere Müdigkeit war wie weggewischt, als wir problemlose am Blockadepunkt ankamen. Kälte haben wir keine gespürt, nur den Beat der Trommeln, repräsentativ für den Druck, den es zu machen galt. In der Hansastraße waren wir 2000-3500 Menschen, die das gemeinsame Ziel verband, sich den Neonazis aktiv entgegenzustellen. Tanzende Großpuppen und Trommeln, die Beats von Reggae über Funk bis Rap in die gewaltfreie Blockade tragen, kennen viele. Dass sie aber in Blockadeaktionen ganz vorne stehen ist neu. Diese Gruppe war den ganzen Tag in der Blockade der Hansastraße, 7 Stunden Musik, 7 Stunden Puppen schleppen, 7 Stunden Tonnentrommeln, 7 Stunden Action. Die Kommunikation in Block 3 ist bestens gelungen und ich bin froh darüber und danke den Menschen für die Transparenz. Und ich danke uns allen fürs Durchhalten, Weitermachen, Stehenbleiben … wir haben gerne mit und für euch getanzt. Dresden war ein Beispiel für erfolgreichen entschlossenen Protest, der sich auch zu großen Teilen aus Menschen zusammensetzt, die erstmals aktiv wurden und diese ekelhafte, geschichtsverdrehende Meinung der Neonazis nicht akzeptieren können.“

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„Mein erlebnisorientierter Erlebnisbericht in lyrisch-erlebnisorientierter Form:

Samstag früh um 8, mmh gestern doch zu lang gemacht. Aus dem Haus 1 2 3, und die Bullen sind dabei. Auf in den Norden der Stadt, dort haben die Nazis sich angesagt. Der Weg ist lang, doch kamen wir in der Altstadt an. Kurz vor der shopping Meile, vier Bullen haben Langeweile. In der Bahn war es dann so weit. Die Bullen chekten ab und schnappten sich zwei drei. Zack, da waren wir auf der Königsbrücker zwischen Bullen und Barrikadenbestücker. Ach wie war das schön, wenn die Cops beim Brennen der Tonnen zusehen. Doch was ist hier los, die Straßenbahnen stehen und blockieren bloß. DVB ich danke dir, so mutig in der Stadt ist keiner hier. Ein Informant, der rief mich an und sagte, ich hab den Polizeifunk dran. Jetzt waren wir immer etwas schlauer und liefen dann genauer. Und nach einigem hier und da machten wir Blockade, war ja klar. Es war nun schon fast vier, scheint als gewinnen wir. Also, wir uns richtig bemüht und den Cops die Räumung vergnügt. Nun dauert so ne Räumung Zeit, die hat’s den Nasen schlussendlich vergeigt. Der Tag war gelaufen, so fing ich an, mich zu besaufen.“