Wawa for Mayor

Der Leipziger Polizeichef Horst, oder kurz „Wawa“, wie er sich seit Bekanntgabe seiner OBM-Kandidatur nennen lässt, findet keine Ruhe. Kurz bevor er seinen strafversetzten Nachfolger Bernd Merbitz – brutaler Haudrauf, versierter Nebelkerzenwerfer und CDU-Amigo wie er selbst – einlernt, lässt Hotte noch mal den Knüppel aus dem Sack, um sich mit großem Knall in den Wahlkampf zu verabschieden.

Freitag Nachmittag lässt er mit mehreren Hun­dertschaften eine Hälfte der Stockart­straße, unsereins auch als Stö bekannt, über Stunden abriegeln. „Drogenlabor“ lau­tet der Schluss der „monatelangen Ermittlungen“. Woher die Polizei das weiß? „Ver­dächtige Kabel und Schächte“ auf dem Dach wurden „durch die Auswertung von Luft­bildern“ ausgemacht. Das euphorisch gefeierte Ergebnis der fünfstündigen Suchaktion: ein paar Kilo Gras und Hasch im Wert von etwa 60.000 Euro (die genaue Ki­lo­menge variiert ständig in den Stellungnahmen) sowie „mehrere Stich- und Schuss­waffen“. Die dann aber so gefährlich nicht sein konnten, schließlich sind sie inzwischen nicht mehr der Erwähnung wert.

Aber zwei 36-Jährige Schwerverbrecher sind dingfest gemacht, Leipzig atmet auf!. Für ein Wochenende ist Hotte der Held und Retter in der Not, die reflexhaften Krawalle in Connewitz werden als Schuldeingeständnis der „Linksautonomen“ eingestuft, ein paar Scherben vor der Plag­witzer Wache als „Molotowcocktails, die aber nicht zün­den wollten“ deklariert.

So weit, so schmierig, möchte mensch meinen, doch schon am Montag wendet sich das Blatt. Denn der MDR berichtet, dass einige Dutzend Kleinkinder in unmittelbarer Nachbarschaft zur Stö gelegenen Kita Bieder­mannstraße die Stürmung ihres Spielplatzes gar nicht so doll fanden. Erst dann geben auch die örtlichen Medien ihr anfängliches Jubelgeschrei auf. Die beiden Polizeichefs sehen sich zerknirscht gezwungen, aus eigener Tasche ein paar Plastikbälle zu kaufen und diese persönlich in der Kita zu übergeben. Dazu gibt´s noch eine kleine Spende, womöglich damit sich die Erzie­her_innen in Traumatherapie begeben können.

Tags darauf ist Hotte aber wieder ganz der Alte. In seiner neunten Komplexkontrolle stellt sich heraus, was wir schon immer ahnten: Leipzigs eigentliches Problem sind die vielen Radfahrer_innen. Hunderte Cops stehen sich einen halben Tag lang die Beine in den Bauch, genießen die frische Luft und stellen dabei Dutzende Delinquent_innen mit technischen Mängeln am Rad oder bei-Rot-über-die-Ampel-Fahrer_innen. Da kann wenigstens niemand sagen, die Polizei würde wegschauen, wenn das Gesetz missachtet wird.

Und falls doch, verteidigt sich Wawa eben mit Erinnerungslücken. Wie an seinem letzten Arbeitstag vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtags. Mehr als 20 Mal versagte ihm, der von 2000 bis 2004 Polizeichef in Chem­nitz war, das Gedächtnis. Über die Arbeit seines Mobilen Einsatzkommandos hatte er keine Kenntnis, auch die Videoüber­wachung der Chemnitzer Wohnung des Trios durch seine eigenen Leute war ihm unbekannt. Vermutlich hat der gute Gendarm einfach die vorab zugeschickten Fragen der Parlamen­tarier_innen nicht richtig verstanden, denn diese waren, so verteidigte er sich, „sehr umfangreich und schwer verständlich formuliert“. Wie können sie nur?! Der Horst ist eben einer aus dem Volk, der weiß schon, was die Bürger_innen wollen. Zum Beispiel einen debilen bayrischen Rentner als Leipziger OBM, der in Naumburg wohnt.

bonz

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