Bald ist es soweit. Die Kakophonie des bundesweiten Wahlkampfpalavers wird verstummen, die Tage werden kürzer, die ersten Öfen werden befeuert und die deutsche Staatsgemeinde findet sich ein zum besinnlich-harmonischen Singsang auf das Heil und die neugewonnene Einheit des Reiches … ähm der Nation. 40 Jahre BRD plus 20 Jahre wiedervereinigtes Deutschland, wer würde da nicht die Korken knallen lassen? Und was hat diese geläuterte Republik nicht alles vollbracht: Den Marschall-Plan und das französische Atomschild, den ostdeutschen Unrechtsstaat, Exportweltmeisterschaften bis zum Abwinken, Siemens, Bayern München, Hartz IV, die Lindenstraße, „sichere Renten“ und Autobahnen bis zum Horizont. All dies und noch viel mehr hat der deutsche Michel geschultert, trotz der fiesen Reparationen und trotz der schweren militärischen Verwüstungen zweier Weltkriege. Einfach toll und endlich mal ein echter Grund, stolz zu sein. „Wir“ sind wieder wer! „Wir“ diktieren den Rhythmus der europäischen Zusammenarbeit, WIR schaffen die globale Energiewende. „Unsere“ Polizisten und Soldaten sind es, die für Frieden und Freiheit weltweit operieren. „Wir“ sind eben ein modernes, fortschrittliches Deutschland. – So oder so ähnlich werden die Demagogen allenorts tönen, wie die Muezzine von ihren Minaretten. Teils als Kleister zwischen den sozialen Schichten, teils als Angstdämpfer für die Krisenbewältigung und deren Zumutungen. Hauptsache die Opferbereitschaft in der deutschen Gemeinde der Staatsgläubigen steigt. Denn die wird benötigt, wenn man bedenkt, dass die kapitalistische Verwertungskrise die Schwächsten immer zuletzt und am stärksten trifft. In diesem Sinne, Leute denkt daran: Wie Geld bekanntlich nicht essbar ist, machen warme Worte noch keinen gemütlichen Winter. Laßt euch durch den grassierenden Nationalismus nicht den Verstand ersticken!
(clov)