„La Otra va!“ – Die andere Kampagne
Im Juni 2005 veröffentlichte die EZLN die „Sechste Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald“. Darin kündigte sie eine neue Phase ihres politischen Kampfes an: Die Zapatistas wollen in einem mehrjährigen Prozess eine landesweite außerparlamentarische Linksallianz aufbauen, um schließlich eine neue, antikapitalistische Verfassung für Mexiko zu erarbeiten und diese zum Wohle aller Marginalisierten des Landes durchzusetzen. In Abgrenzung zu den politischen Parteien nennen die Zapatistas ihre Mobilisierung die „Andere Kampagne“. Den völligen Bruch mit den etablierten Parteien begründen sie damit, dass alle großen Parteien das neoliberale Projekt weiterführten und nur zugunsten einer privilegierten Elite und transnationaler Konzerne regierten. Der Aufruf stieß auf große Resonanz und Anfang 2006 waren bereits über 1.000 Organisationen in den Prozess involviert: ArbeiterInnen- und BäuerInnen-organisationen, Indígena-Zusammenschlüsse, Frauenorganisationen, Umweltgruppen, Schwulen- und Lesbenorganisationen, Netzwerke von SexarbeiterInnen, SchülerInnen, StudentInnen, unabhängige Medien- und Kunstkollektive, linke und anarchistische Vereinigungen. Die Andere Kampagne setzt im Gegensatz zu vielen Bewegungen explizit nicht auf eine Übernahme der Staatsmacht, sondern auf eine gesellschaftliche Basisorganisierung. Um Grundfragen zu klären und der Anderen Kampagne ein Gesicht zu verleihen, läuft seit Dezember 2006 eine interne Befragung Darüber hinaus vernetzen sich die AktivistInnen global um gemeinsam gegen die Missstände anzugehen…Über Silvester fand in der autonomen Gemeinde Oventik ein internationales Treffen statt, um über die Fortschritte und Probleme der zapatistischen Selbstverwaltung zu informieren und sich unter Anderem zu den Themen Autonomie, Gesundheit, Frauen, Bildung, Land und Kultur auszutauschen
Infos: www.ezln.org.mx
Atenco resiste
Die Kleinstadt Atenco nahe Mexiko Stadt wurde am 4. Mai 2006 von 3.500 schwer bewaffneten Polizisten angegriffen. Die Begründung: engagierte Menschen hatten Tags zuvor in entschlossener Weise BlumenhändlerInnen der Nachbarstadt beigestanden, die ihre Ware auf dem lokalen Markt verkaufen wollten und sich damit gegen die Pläne der Regierung wehrten, an dieser Stelle einen Supermarkt zu errichten. Die AktivistInnen aus Atenco blockierten eine Hauptstraße, woraufhin die Polizei die gesamte Ortschaft äußerst brutal angriff. Bei dem auch international kritisierten Vorgehen der Staatsgewalt starben zwei Menschen. 217 Personen wurden willkürlich inhaftiert. Es kam zu Folterungen, sexuellen Misshandlungen bis zu Vergewaltigungen. Die rebellische Gemeinde hatte sich bereits 2002 erfolgreich gegen den Bau eines neuen Großflughafens für Mexiko-Stadt gewehrt und sympathisiert mit den Zapatistas.
Die Kommune von Oaxaca
Im südlichen Bundesstaat Oaxaca gibt es seit Jahren Proteste gegen Menschenrechtsverletzungen. Vor allem indigene Gemeinden, die nach mehr Mitbestimmung streben, wurden von staatlichen Organen immer wieder brutal angegriffen. Eine Vielzahl sozialer AktivistInnen wurde kriminalisiert und verschwand im Gefängnis.
Am 22. Mai 2006 begannen LehrerInnengewerkschaften und Basisorganisationen eine Besetzung des historischen Zentrums der gleichnamigen Landeshauptstadt, um gegen diese Verhältnisse und für bessere Bedingungen im Bildungssektor zu demonstrieren. Nachdem gegen die DemonstrantInnen am 14. Juni äußerst brutal vorgegangen wurde – es gab rund 100 Verletzte -, wurde Gouverneur Ulises Ruiz Ortiz von einem Großteil der Bevölkerung für abgesetzt erklärt. Der Zuwachs an Dörfern, LehrerInnen, Indígenas, ArbeiterInnen und Linken, die nun in der Bewegung mitmachen, hat dazu geführt, dass die Versammlung der Bevölkerung von Oaxaca (APPO) von 350 Organisationen gegründet wurde. Seit Juli findet ein explizit friedlicher Aufstand statt, der sich zu einer regelrechten Revolution ausgeweitet hat. Die Bewegung ging von der bloßen Blockade zur Ausgestaltung basisdemokratischer Organisierungsformen über.
Doch die alte Regierung des Gouverneurs griff auf verdeckte, paramilitärische Aktionen zurück und ließ AktivistInnen attackieren, foltern und ermorden. Die Bundesregierung Mexikos wurde aufgefordert, den Gouverneur abzusetzen. Stattdessen entsandte sie die „Präventive Bundespolizei“ (PFP) – eine militärisch aufgebaute Spezialeinheit -, die den Bundesstaat regelrecht okkupierte. AktivistInnen der APPO wurden während Verhandlungen und bei Straßenkontrollen verhaftet, was die Protestbewegung zeitweise in den Untergrund zwang.
Infos: www.asambleapopulardeoaxaca.com
Das Ya-Basta-Netzwerk
Ya basta ist ein Netz von Menschen, von denen viele durch den Aufstand der Zapatistas zur Rebellion ermutigt wurden oder sich darin bestärkt sehen und in Solidarität mit den aufständischen Menschen in Chiapas leben. Es ist ein lernendes Netz, in dem die verschiedenen emanzipatorischen Kämpfe und Widerstandsformen nebeneinander bestehen können und aufeinander (kritisch) Bezug nehmen, ohne sich auszuschließen. Es soll ein Netz sein, in dem die Menschen sich gegenseitig in ihren lokalen Kämpfen unterstützen. Ein Netz, das Menschen ermutigen will, sich zu engagieren und „Ya basta“ zu sagen.
Infos: www.ya-basta-netz.de.vu
Ein „Ya Basta!“ aus Leipzig…
Aus den Geschehnissen um Atenco, Oaxaca und die Andere Kampagne hat sich bundesweit das Interesse an den sozialen Kämpfen in Mexiko verstärkt. In Leipzig ist es dazu recht ruhig geblieben. Neben einer Veranstaltungsreihe zu Chiapas und Zapatismus im November gab es am 20.1.07 eine kleine Solikundgebung bei der Eisenbahnstraße, die von Menschen der Montagsdemos und um den libertären Stadtteilladen Libelle herum getragen wurde. Hier haben sich auch Leute zusammengefunden, die weiter Solidaritätsaktionen für die zapatistische Selbstverwaltung organisieren und auch lokal auf der Basis zapatistischer Ideen wirken wollen. Wer mitmachen oder per Newsletter auf dem Laufenden bleiben möchte.
Kontakt: yabasta-leipzig@riseup.net
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