Der Muff von 40 Jahren

Und täglich grüßen die 68er. Zum 40. Jahrestag wird im Feuille­ton eifrig um die richtige Deutung der damaligen Geschehnis­se ge­­strit­ten. Für den Alt-68er und Historiker Götz Aly ist die Sache klar wie Kloßbrühe, wenn er aus ganzer analytischer Kraft heraus po­stuliert: 68er = Nazis. Logisch, Goebbels hat schließ­lich auch stu­diert. Gut, dass es da noch die taz gibt, den Dutschke-Fan­club Num­mer 1. „Brauchen wir einen neuen Dutschke?“, fragt mensch sich da z.B. ganz unbefangen, um dann in scholastischer Ma­nier meh­rere Sei­ten mit Pros und Kontras zu aufzufüllen. Vor sol­chen Fans würde mensch den Dutschke doch gern in Schutz neh­men. Im Gegensatz zu Götz Aly findet die taz Dutschke und die 68er zwar im Prinzip rich­tig knorke, nur mit ihrer Staatskritik hät­ten sie halt etwas übertrie­ben. Der Na­tionalstaat sei schließlich mitt­lerweile selbst eine „bedroh­te Spe­zies“. Ein echter Geistesblitz – mensch sieht, beim langen Marsch in den Arsch der Berliner Republik haben die GenossIn­nen von der taz einiges dazugelernt. Weil unser armer Nationalstaat so arg bedroht ist, hat er auch gar keine andere Wahl, als z.B. überflüssige Ausländer abzu­schie­ben. Die Lage ist ernst, da müs­sen auch parlamentarische Ent­schei­dungs­gremien zu­rücktre­ten. Das mussten die hessischen Grü­nen, die SPD und die Lin­ke feststellen, nachdem sie sich im hes­sischen Landtag für einen Ab­schiebestopp für afghanische Flücht­linge aus­ge­sprochen hatten. Trotz Landtagsmehrheit sah es der Innenmini­ster überhaupt nicht ein, den Stopp auch umzuset­zen. Wieder ei­ne Lektion in Sa­­chen Parlamentarismus gelernt! Viel­leicht sollte mensch sich die Sa­che mit der außerparlamentarischen Opposi­tion doch noch ein­mal durch den Kopf gehen lassen. Daraus könnten sich zur Ab­wechs­lung mal Fragestellungen er­geben, die wirkliche Er­kennt­nis­se fördern. Die ehemals ach so re­bellischen Zeitge­nos­sen könnte mensch derweil ihrem unaufhalt­samen Verkal­kungs­prozess über­las­sen. Viel Vernünftiges wird dabei wohl nicht mehr her­auskom­men. Höchstens noch Fragen wie die­se: Würde Rudi Dutschke Chi­na boykottieren? Oder ist vielleicht gar der Dalai Lama der Ru­di Dutschke von heute? Wir wissen es nicht. Und wir brauchen es auch nicht wissen!

justus & karotte

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