Die Grünen und die „Schwarzen“

Samstag Abend in Jena. Die Uhr hat gerade Mitternacht geschlagen. Cornelius ist mit einer Freundin unterwegs. Er geht von der Bar Grünowski in Richtung AfroCenter. Dort wollen sie sich noch mit ein paar Leuten treffen. Nur, Cornelius wird leider an diesem Abend dort nicht mehr ankommen. Den Beiden kommt ein schwarzer Wagen entgegen. Keiner nimmt Notiz. Es steigen zwei Männer und eine Frau aus. Nichts besonderes, auch nicht in Jena und auch nicht um diese Uhrzeit. Die drei Personen gehen auf Cornelius und seine Begleiterin zu. Sie fragen nach den Ausweisen der Beiden. Schon etwas ungewöhnlicher. Die Angehaltenen möchten wissen, mit wem sie es zu tun haben. Denn auch für gelangweilte Neonazis sind angebliche Ausweiskontrollen nicht nur in Jena beliebter Auftakt zu gewalttätigen Übergriffen.

Aber es sind keine Neonazis und Cornelius wird am nächsten Tag nicht mehr sicher sein, was schlimmer gewesen wäre. Es sind Polizisten, Polizeibeamte bei einer Routinekontrolle. Und die wollen die Ausweise der Beiden sehen, bloß selber ausweisen, das sehen sie nicht ein. Cornelius` Bekannte ist schnell eingeschüchtert, sie zeigt ihre Papiere. Ja, so sollte man sich verhalten, wann immer die Staatsgewalt die Bürgerpflichten von uns Untertanen einfordert. Was sonst geschieht, dass hat dieser aufmüpfige Cornelius für uns ausprobiert:

Er verlangte die Dienstmarken der drei angeblichen Beamten zu sehen. Nach mehreren Aufforderungen zeigten sogar zwei von ihnen ihre Hundemarken. Nur leider konnte Cornelius diese nicht lesen. Sein Fehler: Schließlich war das Blechlein lediglich zwei Meter von seinen Augen entfernt und ein freundlicher Polizeibeamter hielt sogar seine Taschenlampe drauf. Cornelius kam die Idee, die Polizei zu rufen, um die Identität der drei zu klären. Aber wo kommen wir denn da hin, wenn jeder immer gleich die Polizei anruft, bloß weil er wissen will, wer da zu später Stunde seine Papiere sehen will. Und außerdem, die Polizei war schließlich vor Ort.

Der Rest ist schnell erzählt; es ging dann alles auch ganz rasch. Einer der „Ordnungshüter“ schlug dem, inzwischen von den Beamten als gefährlich eingestuftem Cornelius, vorsorglich das Handy aus der Hand. Nun müsse er eh mit aufs Revier kommen, sagten sie. Noch bevor dieser sein Einverständnis kundtun konnte, packten die Beamten ihn bei den Schultern. Sie schlugen ihn ins Gesicht, pressten ihn gegen ihr Auto, legten ihm Handschellen an und drückten ihn auf den Boden. Wenn er nicht endlich kooperierte, würden sie ihm Pfefferspray ins Gesicht sprühen. Seine Begleiterin wurde weggeschubst. Ein Passant, der die Szene teilweise mitbekommen hatte, fragte was denn los sei. Auf die Auskunft hin, dass es sich lediglich um eine Ausweiskontrolle handle, konnte er sich nur wundern, dass man dafür so viel Gewalt benötigte. Dann wurde auch er weggeschubst.

Schnell weg, dachten sich dann die Beamten. In Windeseile wurde Cornelius in das Auto gepackt. Mittlerweile hatte er eine aufgeplatzte Lippe. Sie waren auch im Auto nicht gerade sanft zu ihm. Auf den Revier zogen sie ihm aus dem Wagen. Frech wie Cornelius war, wollte er nicht aussteigen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er mit den Handschellen und unter den Schmerzen einfach nicht aussteigen konnte.

Es folgten weitere Schläge und Tritte auf dem Revier, bis Cornelius sich mit Fußschellen in einer Zelle wieder fand. Aber Cornelius hatte wohl irgendwo mal gesehen, dass man im Gefängnis zwei mal telefonieren darf. Das wollte er nun tun. Er würde seinen Anwalt anrufen und dann seine Frau. Und dann würde sich alles klären. Die Anrufe wurden verweigert, Cornelius beschimpft, Anzeige erstattet: Wegen Beschädigung von wichtigen Arbeitsmitteln der Polizei (er hatte ihr Auto mit Blut besudelt) und wegen Widerstandes gegen die Polizei. Nach langem hin und her, durfte er dann doch anrufen. Irgendwann in den frühen Morgenstunden konnte Cornelius das Polizeigebäude wieder verlassen.

Diese hässliche Begebenheit ist leider kein Einzelfall. Ist mir selbst noch nicht passiert, dachte ich, als ich davon hörte. Aber ein wichtiges Detail fehlt in meiner Schilderung: Cornelius heißt nämlich nicht etwa Cornelius Müller oder Cornelius Schmidt, sondern CorneliusYufanyi. Und schon klärt sich alles auf:

Cornelius Yufanyi hat schwarze Hautfarbe. Dass er seit längerem in Deutschland lebt und Familie hat, konnten die Beamten nicht wissen. Was sie auch nicht wussten, Cornelius Yufanyi ist auch Menschenrechtsaktivist. Er hat Zeugen für den brutalen Übergriff und erkennt seine wenigen Rechte. Dieser Fall ging bereits durch mehrere Medien. Rassistische Polizeikontrollen sind nicht selten. Flüchtlingsorganisationen und andere Anlaufstellen hören 2-3 mal im Monat von solchen Vorfällen und die Dunkelziffer dürfte erschreckend sein.

Die meisten trauen sich nicht an die Öffentlichkeit, weil sie vielleicht ein Asylverfahren laufen haben und eine Kontrolle Abschiebeknast bedeuten kann. Die restlichen Betroffenen werden durch Drohungen mit Anzeigen oder dem Hinweis auf laufende Ermittlungen mundtot gemacht. Ermittlungen, die sich in der Regel gegen die Opfer richten. Die Polizei gibt sich auf Nachfragen empört. Auch in einem Interview des Weimarer Lokalsenders Radio Lotte gab sich die Polizei unschuldig und gekränkt.

Doch wer schützt hier wen? Darf man immer und überall, wird man nach seinem Ausweis gefragt, geschlagen und beschimpft werden? Und wenn mich nun die Polizei erwischt, wenn ich mal blau mache oder die Uni schwänze? Aber ich bin ja nicht farbig. Angst vor den Grünen brauchen in Deutschland (fast) nur die Schwarzen, Braunen, Gelben und Roten haben.

syl

www.humanrights.de
bei google unter: Jena, Afrika, Center

Rassismus

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