Die Redaktion … läuft

sich die Hacken wund

auf der Suche nach der richtigen Füllung für die neue, 55. Ausgabe vom Feierabend!, die dieses Mal von einigen neuen Autoren gefüttert wurde. Wir sind schon gespannt, wie die Themen der aktuellen Gazette bei unseren LeserInnen ankommen werden, aber fest steht, dass die Feierabend!-Redaktion einen langen Atem hat und immer noch Feuer spuckt!

balu

 

im Hamsterrad

Sicher passt der Vergleich nicht ganz – Hamster fahren bekanntlich voll darauf ab, im Laufrad rumzulaufen. Einen Menschen kann das aber wirklich mürbe machen, immer in Bewegung zu sein, ohne von der Stelle zu kommen, wie es die Lohnarbeit mit sich bringt. Seit einigen Monaten gehe auch ich nun einer geregelten Beschäftigung nach. Im Call Center, was sicher nicht das Geilste von der Welt, aber immerhin ganz okay ist. Die Kolleg_innen sind großteils sympathisch, die Kund_innen meist nett und die Tätigkeit halbwegs sinnvoll. Kann man machen, wenn man muss.

Aber natürlich ist Arbeit ein gesellschaftliches Zwangsverhältnis, egal, wie nett der Zwang sich auch gestaltet. Ein Hamsterrad eben, bei dem man die eigene Lebenszeit an irgendwelche Kapitalist_innen verkauft, um das Geld zu verdienen, das einem dann von anderen Kapitalist_innen wieder weggenommen wird. Arbeiten, um Geld zu kriegen, um sich Nahrung, Wohnung, Kleidung usw. kaufen zu können, die man braucht, um weiter arbeiten zu können. Und generell nervt es natürlich, dass dabei viel zu wenig Zeit für einen selber… Verdammt, ich muss Schluss machen. Arbeiten gehen.

justus

 

amoralischen amok

mit pantinen aus panzergarn. ri ra rutsch, wer fährt mit der schwäbschen eisenbahn? nicht die redaktion, sie läuft ins abseitige, ins gebüsch, nein halt, doch nur über die plastegrüne wiese zur autobahnraststätte, wo die fliessbandbabies ihr trauriges bodypainting herzeigen. fi fa futsch, wer flüstert dir ins ohr, dieses land hier sei es nicht, damit du es nicht vergisst? die redaktion, na klar! in diesem sinne, pfui spinne auf das kältere dytshland, läuft bei dir ehrenamt im untergrundverband? amokamoröse grüsze vom laktoseintoleranten vulkan der ferne!

sam

durch den Wald

Oder besser gesagt: Will eigentlich gern regelmäßig durch den Wald laufen, kommt aber dann irgendwie doch nie dazu. Es gibt einfach zu viele Gründe, die eine_n dann doch davon abhalten. Hitze, Kälte, falsche Tageszeit, Müdigkeit, Mathehausaufgaben (die man dann doch nie macht) usw. Dabei scheint das „Laufen“ an sich für viele Menschen eine sehr bedeutende Rolle im Leben zu spielen. „Wie läuft‘s?“ ist oft das erste, wonach sich Menschen bei mir erkundigen, wenn sie mir begegnen. Beliebt sind außerdem das etwas weniger sportliche „Wie geht‘s?“ oder auch „Was geht?“ für Leute, die noch nicht genau wissen, wer oder was sich da eigentlich fortbewegen soll. Ich sage dann oft einfach „gut“ (was es bedeutet, gut zu laufen oder zu gehen, ist nicht offensichtlich. Mir sei aber der Verweis auf Monty Python‘s „Ministry of silly walks“ erlaubt) oder, ebenso kryptisch wie die Frage, „`s läuft“, manchmal auch „geht so“.

Na gut, ich gebe zu, die meisten Menschen erkundigen sich nicht nach der Art, wie ich physisch meine Position im dreidimensionalen Raum verändere, sondern nach meinem Befinden. Wie aber die Fragestellung nahelegt, ist dieses in unserer Gesellschaft sehr stark mit einem persönlichen Fortkommen verbunden. Denn nur wer sich beständig weiter entwickelt, immer lernt und nicht müde wird, sich an der Karriereleiter immer höher zu hangeln, hat die Chance (und in der bürgerlichen Ideologie überhaupt das Recht) auf ein gutes Leben. Wer nicht kräftig strampelt, verliert das Gleichgewicht und fällt auf die Nase. Und wer unten liegt, darf kein schönes Leben haben. Wenn sie_er‘s doch hat, ist sie_er faul, ein Schmarotzer_in oder eine linke Zecke.

An dieser Stelle kommt auch wieder der Zusammenhang zur echten, sportlichen Fortbewegung, zum Laufen zustande. Körperliche Fitness, welche durch den Sport erreicht werden soll, kann nämlich wunderbar in mehr Arbeit umgesetzt werden. Menschen, die nicht für ihre Gesundheit sorgen, leisten weniger und beanspruchen evtl. noch Geld von der Krankenkasse, sind also ebenfalls „Parasiten“. In dieser Ideologie wird der eigene Körper letztendlich der freien Entscheidung des Individuums entzogen und dem gesellschaftlichen Interesse unterstellt. Er wird zum „Corpus Delicti“.

Da ich diese bürgerlichen Wertvorstellungen ziemlich scheiße finde und ich beim Nachdenken über all das sowieso jede Lust auf Fortbewegung, und zwar sowohl im physischen, wie auch im gesellschaftlich-bürgerlichen Sinne, verloren habe, bleib ich heute lieber sowohl auf meinem physischen, als auch auf meinem sinnbildlichen kapitalismuskritischen Sofa liegen und genieße den Stillstand.

trk

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