Ende Gelände für braune Problemkinder?

Naziaufmarsch am 18. Januar 2014 in Magdeburg

Auch 2014 konnten wieder hunderte Nazis weitgehend ungestört durch Magdeburg marschieren. Ermöglicht durch Hundertschaften aus ganz Deutschland, die hunderte Menschen daran hinderten, zu angemeldeten Kundgebungen zu gelangen. Sie verhinderten damit Protest in Sicht- und Hörweite, auch Verhandlungen mit Anwälten und Mandatsträger/innen konnten dies nicht stoppen. Faktisch gewichtete die Polizei damit einmal mehr das Versammlungsrecht der Nazis höher als das der Gegendemonstrant/innen.

Schon früh war bekannt, dass die faschistische Initiative gegen das Vergessen mehr als sechs Routen angemeldet hatte. Dagegen diskutierten bürgerliche und antifaschistische Blockadebündnisse über neue Wege des Protestes. Sie wollten so dezentral wie möglich operieren, um eine Chance gegen die Logistik der Polizei zu haben, welche die Nazis in den letzten Jahren immer wieder auf Alternativrouten umgelenkt hatte. Heraus kamen neben der sechsten „Meile der Demokratie“, die das Zentrum für die Nazis belegte, 16 Meilensteinaktionen – die meisten an den wichtigsten Haltepunkten der Bahn, die nicht nur für die Kiezbevölkerung, sondern auch für die etwa 2500 angereisten Blockierer/innen wichtige Anlaufpunkte waren. Magdeburg erlebte am 18. Januar einen der größten Polizeieinsätze seiner Geschichte. Zu den angekündigten 2500 Beamt/innen kamen noch 800 Bundespolizist/innen sowie Reiter- und Hundestaffeln hinzu. Die Polizei war mit Hubschraubern und Räumpanzern unterwegs, auch mit Wasserwerfern, deren Einsatz in Sachsen-Anhalt verboten ist.

Wo laufen sie denn?

Erste Infos zur Route sickerten erst am Morgen durch: die Nazis würden im Süden der Stadt laufen. Während es kurz darauf die erste Sitzblockade von etwa 100 Antifaschist/innen gab, mussten Züge voll zorniger Nazis aus Halle/Leipzig wegen eines Kabelbrandes warten. Gegen Mittag war klar, dass die Polizei einen neuen Aufmarschort vorbereitete. Sie sperrte die Zufahrtsmöglichkeiten über die Elbe, in den Osten der Stadt, während eine S-Bahn mit etwa 150 Nazis schon unterwegs war. Die anderen warteten zentral im Hauptbahnhof und konnten auch diesmal das Rundum-Service-Paket von Polizei und Deutscher Bahn nutzen. Parallel versuchten ca. 150 Antifas, über die Bahngleise in den Osten zu gelangen, wurden aber zum Großteil eingekesselt. Während sie zurück über die Gleis­brücke geführt wurden, mussten 800 Nazis in den Zügen warten, die immer ungeduldiger wurden und letztlich gar mit Steinen warfen. Um 15 Uhr dann das dritte Routenszenario: die ersten Züge und S-Bahnen setzten sich wieder in Richtung Süden in Bewegung. Es keimte Angst auf, die Nazis könnten direkt am Hauptbahnhof herausgelassen werden, wo diesem Zeitpunkt wenig los war. Dorthin wurde dann mobilisiert, ebenso wie zu den beiden Bahnhöfen im Süden. Eine antifaschistische Spontandemo, die sich vom Norden aufmachte, wurde circa fünf Kilometer von den Nazis entfernt gestoppt. Wegen der massiven Polizeigewalt schafften es nur wenige Menschen, zur Route zu gelangen.

Auch wenn das Ziel, den Naziaufmarsch zu verhindern, nicht erreicht wurde, ist die Tagesbilanz positiv. Die Demonstration der Nazis wurde effektiv gestört, auch die Abschlusskundgebung konnte verhindert werden. Von vermutlich knapp 1.000 Nazis, die in der Stadt waren, nahmen rund 750 am Marsch teil. 150 hockten versprengt im Osten der Stadt, etwa 30-50 irrten als Späher auf der Jagd nach Antifaschist/innen im Umkreis der Route umher.

Der Marsch begann mit gut drei Stunden Verspätung in einem entlegenen Stadtgebiet. Dennoch konnten die Nazis marschieren, immerhin über 6,5 Kilometer. Skandalös auch, dass sie ein Flugzeug mit einem Banner mit dem Schriftzug „Unvergessen – 16.000 Tote“ über der Innenstadt fliegen lassen durften. Und wie im vergangenen Jahr hatte die Durchführung des Aufmarsches der Neo­nazis politische Priorität für die Poli­zei, während das Versammlungsrecht der Protestbewegten auf der Strecke blieb. Die Einsatzleitung ließ Gegner/innen nicht an die Strecke und eröffnete den Nazis in schwierigen Situationen immer neue Alternativrouten, egal, wie groß der Aufwand dabei war.

Für 2015, zum 70. Jahrestag der Bombardierung, wird wieder mit einer vierstelligen Zahl an Nazis gerechnet. Es gilt jetzt, sich früh darauf vorzubereiten, um mindestens das Doppelte an Blockadeaktivist/innen nach Magdeburg zu mobilisieren. Insbesondere das Scheitern der Nazis in Dresden dürfte dazu führen, dass Magdeburg das Top-Event der rechten Szene in 2015 wird.

Linksjugend [‘solid] Magdeburg
(zusammengefasst von mona d.)

 

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