Es darf gewählt werden

Wahlkampfzeit ist Sloganzeit. Irgendeine Botschaft braucht es eben, damit die Gesichter der Kandidat_innen nicht so nackig in der Gegend rumhängen… Nur die CDU kann auf Inhalte verzichten – die setzt einfach auf die normative Macht des Faktischen und schreibt „Unser Ministerpräsident“ auf das Plakat, wo dann tatsächlich der Ministerpräsident zu sehen ist. CDU-Wähler_innen und andere autoritäre Charaktere mögen das vermutlich: „Ja, den Tillich kennen wir, der macht das schon so lange – den wählen wir wieder, oder?“

Ob die Linke da mithalten kann? Na gut, deren Spitzenkandidat Külow hat sich immerhin ein Jackett und ein frisches Hemd angezogen und zeigt sich „löwenstark für Leipzig“, indem er zähnefletschend ein Dingsbums zwischen seinen Händen biegt. Das passt dann prima zu den sonstigen Slogans der Partei („Industrietradition und Energiewende“, „Sächsisch und weltoffen“ etc. pp.), die ja auch eine ziemlich gelungene Synthese von Dings und Bums vorführen.

Die AfD versucht derweil, sich an die Schleußiger Öko-Muttis anzubiedern und plakatiert: „Kinder sind unser Kapital“. Den Versuch war es wert. Aber es lässt schon tief blicken, wenn da von allen irgendwie positiv besetzten Begriffen ausgerechnet der verkniffenste und unschönste („Kapital“) gewählt wird. Was soll uns das sagen? Vermutlich dieses: „Wir mögen keine Kinder, weil sie tendenziell unreinlich sind und beim Spielen immer Krach machen – immerhin können wir sie später mal ausbeuten!“

Die Bürgerrechtsbewegung Solidarität kommt dagegen traditionell eher bekloppt rüber und textet was von einer „neuen Seidenstraße“ und anderes wirres Zeug: „Wir Deutschen können den Weltkrieg verhindern!“ Aber immerhin hat die Partei Erfahrung, was das Verhindern von Kriegen angeht: Seit etwa 40 Jahren warnt sie nun schon vor einem unmittelbar bevorstehenden Weltkrieg, und – tadaa! – bisher ist noch keiner eingetreten.

Die Piratenpartei regt dagegen mit tiefgründigen Sinnsprüchen zum Nachdenken an: „Von Bildungsversprechen wird keiner klug“. Äh, ja. Das sieht man ja z.B. an der FDP… Wobei diese zumindest im Fach Heimatkunde aufgepasst hat: „Sachsen ist nicht Berlin!“ Hier in der Provinz kann man vielleicht noch was reißen… Klugerweise versuchen die Liberalen dabei gar nicht erst, mit eigenen Inhalten zu überzeugen, sondern spielen lieber über Bande: „Für schwarz-gelb FDP wählen.“ Ob da wirklich 5% der Wählerschaft drauf reinfallen? Zweifel sind da zweifellos erlaubt. Wenn dieses Heft hier erschienen ist, werden wir mehr wissen.

justus

Schreibe einen Kommentar