Graffiti: „gewöhnlicher Faschismus“?

In Halle und Leipzig gründeten sich Vereine, um der illegalen Graffiti-Szene den Kampf anzusagen

In Leipzig bildete sich vor kurzem das „Aktionsbündnis Stattbild“. Diesem gehö­ren 20 Mitglieder an, darunter die Stadt, die Stadtwerke, die LWB und die Graffitientfernungsfirma FEBAX. In Halle hat sich der Verein „Halle-gegen-Graffiti e.V.“(www.halle-gegen-graffiti.de) gegrün­det, in dem FEBAX auch mitwirkt. Ihre Mittel sind Denunziation durch die Bür­ger und verschärfte Repression, sowie öffentlichkeitswirksame Entfernungen von Graffiti. Während in Leipzig Denunziationstelefone eingerichtet wurden, fordert der Hallenser Verein „eine Art Volksbewegung gegen den Spraydosen­vandalismus“ und schreibt den Sprayern „hochorganisierte Strukturen“ zu. Sowohl Eckardt Nowak, Vorstandschef des Aktionsbündnis, wie auch der Verein in Halle fordern verstärkte Repression und ein Graffitibekämpfungsgesetz.

Beiden Vereinen ist gemeinsam, daß ihre Aushängeschilder Männer sind, die meinen, Krieg spielen zu müssen. Während Norbert Beitel, Vertreter der Stadt Leipzig im Bündnis, „eine klare Kampfansage an die Szene“ propagiert, wählt Peter Sodann, Intendant des Neuen Theaters in Halle und Tatort-Kommissar, markigere Worte und bezeichnet Graffiti als Ausdruck des „gewöhnlichen Faschismus“. Und was ist mit den Graffiti-Jägern, die versuchen ihre Sauberkeit und Ordnung als Bürger- und Volkswille zu verkaufen? Auch wenn von Faschismus wohl noch lange nicht die Rede sein kann, sprechen die ag­gressive Rhetorik und die ange­wandten Mittel der Denunziation und Repression für sich.

Diese Drohung wollten sich einige Sprayer in Halle nicht bieten lassen und beklebten die Schaufensterscheiben am Theaterkomplex Kulturinsel mit der Aufschrift „Gewalt er­zeugt Gegengewalt, Peter“. Und auch den Faschismus-Vorwurf gaben sie zurück und sprayten (nicht sonderlich politisch kor­rekt) ein Hitler-Porträt an eine Wand der Barfüsserstraße, in dessen Mitte die Köpfe von Peter Sodann und Christoph Bergner (CDU, ebenfalls Graffiti-Jäger) gemalt waren. Davon ist Sodann natür­lich sehr geschockt und meinte: „wir kön­nen über alles reden“. Auch mit jenen, denen schließlich er den Kampf angesagt hat und seiner Meinung nach gewöhnli­che Faschisten sind?

kater francis murr

Mehr zu verschiedenen Aspekten der Graffitiproblematik in den FA!-Ausgaben #1 – #4 und #7.

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