Grandiose Eröffnung

Libelle fliegt! Mit einer ersten öffentlichen Festivität eröffnete am Freitag, den 13. Juni, in der Kolonnadenstraße 19 die Libelle, Libertäres Zentrum. Im Laufe des Abends fanden sich etwa 100 Menschen ein und kamen in den Genuß von Schmaus und Trank – begleitet von Liedern des „Geigerzählers“ aus Berlin, die so manchen zum Schmunzeln brachten. In einem ehemaligen Schreibwarengeschäft in der Leipziger Innenstadt (Haltestelle Westplatz) findet sich nun auf gut 50 Quadratmetern ein wahres libertäres Universum, Ansätze einer neuen Gesellschaft.

Tausendundeine Möglichkeit, sich zu verständigen und zusammenzutun: zwangloses Plaudern im Café und Schmökern in der libertären Bibliothek am Nachmittag; abends zu aktuellen Problemen diskutieren und selbstorganisierte Handlungsansätze entdecken.

Die Libelle selbst ist unabhängig von jeder Partei und staatlichen Institution, ist allein gegründet auf die Eigeninitiative und Unterstützung all derer Individuen und Gruppen, die sich der Idee der Herrschaftslosigkeit verbunden fühlen … und sie im Alltag verwirklichen wollen. Dieser Ansatz umfaßt nicht nur thematische Veranstaltungen wie die mit Abel Paz, der am 20.6. als Zeitzeuge von der Revolution in Spanien (1936) berichtete. Dieser Ansatz meint auch, sich zu organisieren und sich gegenseitig praktisch zu unterstützen; daher wird in der Libelle auch die anarchosyndikalistische FAU ansprechbar sein und sich weiterhin um eine kämpferische gewerkschaftliche Alternative bemühen. Aber auch auf der Ebene der Konsumtion sind verschiedene Formen denkbar; etwa eine mobile Umsonstkiste (1) oder die Gründung einer Konsumgenossenschaft und anderer Kooperativen.

Indes wird die Herrschaftslosigkeit nicht nur „nach außen“ propagiert, sondern sie prägt auch die Organisation und den Unterhalt des libertären Zentrums. Kein Vorstand oder Zentralkomitee, sondern regelmäßige Vollversammlungen treffen die Entscheidungen über Anschaffungen und Ausgestaltung und Auftreten des „Ladens“. Den Alltag dazwischen prägen freie, gleichberechtigte Vereinbarungen der Betroffenen – ein einfacher Kalender erleichtert das timing.

Es sind aber noch lange nicht genug Leute beteiligt, um alle Potentiale des Projektes voll auszuschöpfen und einen gesicherten Fortbestand zu garantieren. Interesse an libertären Ideen kann ein Ansporn sein, sich mit eigenen Ideen einzubringen und auch zu den fixen Kosten von gut 400 Euro beizutragen. Ein anderer Hintergrund zum Engagement mag die Einsicht sein, dass das eigene Leben am besten selbstbestimmt gestaltet wird.

Wer ganz sicher gehen will, jemanden anzutreffen, dem seien die regelmäßigen Öffnungszeiten mitgeteilt, wie sie bisher feststehen. Im Juli eröffnet immer freitags von 15 bis 19 Uhr ein Café ohne Einkaufspreis und samstags ab 20 Uhr nährt eine Vokü (Abk.: Volksküche), gesund und billig. Am 11. des Monats finden zudem mit dem Monty-Python-Abend Humor und Satire einen gebührenden Platz. Und jeden ersten Donnerstag öffnet die FAU Leipzig von 16 bis 19 Uhr die Türen zum Café FAUL. Viele Veranstaltungen hingegen werden kurzfristig ausgerichtet … und in den Schaufenstern publik gemacht. Es lohnt sich also zu jeder Tages- und Nachzeit, mal vorbeizuschauen!

A.E.

(1) vgl. dazu auch „frischluft.event“, S. 10

Lokales

Schreibe einen Kommentar