Harte Bandagen in der Defensive

Streik in Zwickau

 

Was für viele ArbeiterInnen im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) schon Realität ist, das soll auch bei den Städtischen Verkehrbetrieben Zwic­kau (SVZ) durchgesetzt werden: nämlich ein in verschiedene Gesellschaften aufgespaltenes Unternehmen. Über die Gegenwehr der 270 ArbeiterIn­nen in Form einer außer­­ordentlichen Betriebsversammlung Ende November 2004 berichtete Feier­abend! in Ausgabe #16.

Damals hatte der Stadtrat den Beschluss gefällt, die SVZ zu privatisieren – die Betroffenen und ihre Vertreter (ver.di & Betriebsrat, BR) hatten von diesem Vorhaben erst aus der Zeitung erfahren. Nun stand am 29. September 2005 erneut ein Ratsbeschluss an: es ging um die Aufspaltung und Teilprivatisierung der Betriebe. In der 50seitigen Vorlage wird explizit befürwortet, die Lohnkosten zu senken, um das Sparziel von 1,5 Millionen Euro bis 2009 zu erreichen – dafür sprach sich auch der Ortsvorsitzende der Links­partei.PDS aus! Durchgebracht wurde der Antrag in einfacher Mehrheit mit den Stimmen der CDU und der Unternehmerpartei „AG Zwickau“ (zusammen 17) – abgesehen von drei Abgeordneten der CDU/SPD/Grünen, enthielten sich die übrigen Volksvertreter (insgesamt 19), darunter auch die der Linkspartei.PDS. Die Ratssitzung erschien wie eine Neuauflage der Vorführung im November 2004: die Hände hoch, die Hände runter, und aus. Keine Diskussion.

Demnach wird die Geschäftsführung der SVZ als 100%iges Tochterunternehmen eine „SVZ Betriebsgesellschaft“ gründen, von der rückwirkend (!) zum 1. Mai 2005 etwa 220 der 270 ArbeiterInnen übernommen werden sollen. Der Bürgermeister (CDU) will davon einzig Abstand nehmen, falls dadurch die Abschreibung von Gewinnen der Stadtwerke gefährdet wäre.

Gegen den fortgesetzten Angriff auf ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen traten die ArbeiterInnen am Donnerstag, den 29.9. in einen Streik, zu dem ver.di aufgerufen hatte. Die Entschlossenheit ist, nach Angaben des Gewerkschaftssekretärs Steinforth, groß – 94 Prozent der gut 200 Gewerkschaftsmitglieder sprachen sich am Donnerstag (29.) für die Fortsetzung des Streiks aus. Es waren in der kurzen Zeit auch KollegInnen aus Chemnitz, Dresden und Leipzig angereist, um ihre Solidarität zu bekunden – das gibt zwar Mut, aber es blieb bei Worten.

Am Freitag Abend, um 20 Uhr wurde der Streik „ausgesetzt“, denn das Arbeitsgericht Zwickau hatte die Bewegung in einer einstweiligen Verfügung als illegalen „politischen Streik“ qualifiziert. Dem Gewerkschaftsse­kretär wurde Beugehaft angedroht. Infolge eines Ge­richts­beschlusses („einstweilige Verfügung“ ist ja eben nur eine vorläufige Stellungnahme) hät­­te sich jedeR ArbeiterIn einzeln von der Justiz verfolgt gesehen. In der Belegschaftsversammlung – jede andere Entscheidungsinstanz wäre angesichts der Resultate der Urabstimmung ein Skandal gewesen – gab es zwar auch Stimmen, die sagten man solle die Aktion offiziell abbrechen und dennoch, sozusagen „spontan“ weiterführen – dazu aber kam es am Samstag nicht.

Gleichzeitig bot die Stadtverwaltung Gespräche für Mittwoch, den 5.10. an – dabei handelte es sich aber um „‘n Stück­chen Verarschen“ (Steinforth): nachdem der Bürgermeister bekannte, dass er kein Mandat hätte, wurden die Verhandlungen unterbrochen, bevor sie begonnen hatten. Schon eine „Verständigung“ infolge des wilden Streiks im November 2004 hatte sich als Luftnummer erwiesen, die „gar nichts gebracht“ (BR) hat. Die Stadtverwaltung verfolgt also eine Strategie der Verzögerung, wenn sie an den Verhand­lungs­tisch bittet. Gleichzeitig bahnen sich neue Auseinandersetzungen an, wenn der Stadtrat Ende Oktober über Massenent­lassungen (300-500 Beschäftigte) im Öffentlichen Dienst Zwickaus entscheidet. Die massiven Angriffe des Stadtrats drängen die „Arbeitnehmervertreter“ auf ungewohntes Terrain, beschränken sich gewerkschaft­liche Mobi­li­sierun­gen im Betrieb doch vornehm­lich auf tarifliche Auseinandersetzungen.

Steinforth sagte Feier­abend!, man wer­de sich in Zukunft auf ei­ne Taktik der „Nadelstiche“ verlegen. Mit kurzen, und über­ra­schenden Ak­tionen soll eine Zeitspanne genutzt werden, die sich angesichts der Rechts­lage bietet: eine einstweilige Verfügung der Staatsmacht braucht etwa einen Tag, um erlassen zu werden. Damit sollen juristische Sanktionen umgangen werden.

 

A.E.

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