Heraus zum Sturm aufs „Große Haus“!

Der gemeine Demokratiefan hierzulande verhält sich zur Sub­ven­tion wie der gemeine Schlaraffe zum fliegenden Brathuhn. Bei­­­den ist selbstverständlich, die Quelle all ihres Glücks und Leidens nicht zu erforschen, sondern stattdessen entweder träge dahinzu­düm­peln oder mit aufgeplusterten Backen zu motzen. Und beiden Hal­tungen ist gleich, dass sie einzig an die „unsichtbare Hand“ ei­nes überirdischen Gönners, ob nun Gott, Staat oder ewigen Koch al­ler Köche, glauben wollen. Ähnlich in Leipzig: Da wundert sich der kulturbegeisterte Bürger doch tatsächlich, dass die Stadtver­wal­­tung unter dem Eindruck des allgemein schrumpfenden Staates, Fehl­investitionen, Korruption und der Schuldenbelastung im ge­gen­­wär­tigen Haushalt die sogenannte „Freie Kulturszene“ nur mit we­nig Geldern beschenken will, während der Hauptteil des Kuchens an die großen Bühnen geht. Als wäre es je im Interesse der Verwal­tung gewesen, die „subkulturellen Sümpfe“ jenseits des Zentrums ernst­­haft zu fördern. Klar, wer hätte nicht gern einen Goldesel in der Garage, aber Spott bei­seite, angesichts der sich anbahnenden öko­­logischen Kata­strophen, der geostrategischen Konflikte und wirt­schaftlichen Krisen, ist das Herbeigerede einer Wetterlage, die puren Geldregen brächte, mehr als illusorisch. Das heißt nicht, dass sich alle verkriechen und wir jetzt fortan Kultur hinten anstel­len sollen oder uns diese nicht mehr leisten. Im Gegenteil! Kultur bie­tet genau jenen Raum, wo mit neuen Ideen, Entwürfen und Prak­tiken experimentiert werden kann, sie bleibt ein unerläss­licher Kreativmotor einer lebendigen Gemeinschaft der Men­schen. Und ohne diese, vielmehr als ohne das große Geld, werden wir für die Zukunft schlecht aufgestellt sein. Solidarität und ver­stärkte Bündnisarbeit zwischen großen und kleinen Bühnen und mit der Off-Szene bis hin zum aktiven Zuschauer, das ist das Ge­bot der Stunde. Und es gibt hierfür auch konkret eine Chance, denn wer die „ganze Szene“ im Auge hat, dem wird bereits aufge­fal­len sein, dass die Intendanz am Leipziger Schauspielhaus zur nächsten Spielzeit wechselt. Der Neue heißt Sebastian Hartmann und kommt von der Volksbühne Berlin. Es wird viel umstruktu­riert dieser Tage. Schenkt man den ersten Verlautbarungen Glau­ben, soll das Haus sich weiter öffnen und mehr an Willen /Be­­­dürf­­nissen des Umfeldes orientieren. Die Neue Szene voll­zieht nicht nur einen Namenswechsel zur Skala, sondern soll auch in­haltlich eher eine halböffentliche Experimentierbühne wer­den. In der Spinnerei dagegen entsteht ein festes theater­pä­da­gogisches La­bor namens Spinnwerk. Deshalb meine Empfehlung zum Schluss: Kulturleute die­ser Stadt, macht Euch auf und stürmt die Große Bühne des neuen Centraltheaters, anstatt Euch vom müden Palaver der Stadtoberen ein­schläfern zu lassen!

(clov)

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