Im Namen der Fahnen …

Den Sinn für Abenteuerurlaub entdeckten Europäer Mitte des 18. Jahrhunderts. Erst vereinzelt, dann ausgestattet mit reinem Herz und königlichem Geld erforschten hörige Missionarszäpfchen Das Herz der Finsternis. Da die Exoten neben Baströckchen auch ein unerschöpfliches Rohstofflager boten, folgte schnell eine Welle schneeweißer Siedler und brachte die Zivilisation auf den dunklen Kontinent. Gleichzeitig wurden Afrikas Bewohnern Transatlantik-Reisen ermöglicht. Die Überfahrten waren gefährlich, die Will­kommenskultur in den Zielländern aber überaus großzügig: Jedem winkte eine Jobgarantie. Innerhalb Afrikas folgten nun viele Jahrzehnte, in denen die Sehnsüchte nach Nestle-Muttermilchersatzprodukten und Entkrausungs-Conditionern unter den Hottentotten geweckt wurden. Dass die Gier nach Konsumgütern nicht ausartete, verdanken wir allein den Waffenlieferungen an vertrauenswürdige Partner.

Europa, seit 1992 endlich ein Ganzes und so richtig solidarisch mit der ganzen Welt, beschreitet nun neue Wege, um die lang gehegte Völkerfreundschaft aufrechtzuerhalten. In bester Absicht diktiert sind die Regeln globalen Handelns in der „Roh­stoff­initiative zur Sicherung der Versorgung Europas mit den für Wachstum und Beschäftigung notwendigen Gütern“. Denn sie bringt den erleichterten Zugang für europäische Unternehmen zu Rohstoffen und die Garantie, dass Elektroschrott, ausgelaugte Böden und durch chemische Verseuchung zerstörte Ökosysteme nicht sich selbst überlassen, sondern durch selbige abgetragen und wieder aufbereitet werden. Im Gegenzug müssen die anvisierten Länder aber ihre Ausfuhrsteuern und Zölle aufheben, erhalten sie doch dafür Entwicklungshilfegelder. Die erneuerte transkontinentale Freundschaft befördert den rechtlichen Schutz und die Gleichstellung europäischer Investoren mit einheimischen Unternehmen. Ach ja, wo wäre Afrika heute nur, wenn Europa nicht immer wieder Fortschritt, Frieden und Demokratie brächte? Der großmütige Neokolo­ni­a­lis­mus hat die königliche Flagge abgelegt und operiert nun unterm Banner der hehren Europäischen Union. So schön gestaltet sich die Neue Welt. Welcher Wilde würde da noch ernsthaft emigrieren wollen?

monadela

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