Kommt Zeit, kommt Arbeit

Leiharbeit bei BMW Leipzig

Wo wäre Deutschland bloß ohne seine Leiharbeiter_innen? 75% der Arbeitsverträge, die im letzten Jahr abgeschlossen wurden, betrafen sog. „atypische Arbeitsverhältnisse“. Rund ein Viertel aller Beschäftigten werkelt heute im Niedriglohnsektor vor sich hin. Deutschland zeigt, wie man es machen muss: Wenn die Löhne nur tief genug sind, dann klappt´s auch mit der Konjunktur.

Was im Großmaßstab recht ist, ist im Kleinen nur billig: Auch bei BMW Leipzig spielen die Leiharbeiter_innen eine wichtige Rolle. Seit Eröffnung des Werkes im Jahr 2005 ist ein knappes Drittel der dortigen Belegschaft in Zeitarbeit tätig – derzeit 1100 von gesamt 3800 Angestellten, in allen Bereichen der Produktion von der Fließbandarbeiterin bis zum Ingenieur. Die Verträge sind jeweils auf ein Jahr befristet und werden nach Bedarf verlängert.

Im Dezember 2011 verweigerte der Betriebsrat aller­dings seine Zustimmung, als die Geschäftsleitung 33 neue Zeitar­bei­ter_innen anheuern wollte. Die Zeitarbeit müsste endlich reduziert werden, fand der Betriebsrat, die Leute bräuchten feste Verträge. Die BMW-Geschäftsleitung klagte daraufhin beim Leipziger Arbeitsgericht, um ihren Willen auf diesem Wege durchzusetzen.

Am 15. Februar 2012 hat das Gericht nun in einem ersten Verfahren der Geschäftsleitung recht gegeben: Der Betriebsrat sei nicht befugt, auf diese Weise gegen die Besetzung von Stellen mit Leiharbeitern vorzugehen.

In einer anderen, für den Betriebsrat entscheidenden Frage erklärte sich das Gericht schlicht für nicht zuständig: Das Verfahren sei nicht geeignet, um zu klären, wie lange jemand legitimerweise in Zeitarbeit beschäftigt werden dürfe. Im §1 des Ende 2011 novellierten Gesetzes zur Arbeit­nehmerüberlassung wird Leiharbeit als „vorübergehende Beschäftigung“ definiert – die genaue Bedeutung des Wortes „vorübergehend“ bleibt dabei allerdings unklar.

So sind manche BMW-Beschäftige schon seit acht Jahren in Leiharbeit tätig. Der Betriebsrat konnte zwar durchsetzen, dass die Leiharbeiter_innen mittlerweile den gleichen Lohn wie die Festangestellten erhalten – allerdings abzüglich der weiteren Zuschläge wie z.B. Weihnachtsgeld. Auch vor möglichen Entlassungen sind sie deutlich schlechter geschützt.

Von gewerkschaftlicher Seite wird aber auch die Ausglie­de­rung bestimmter Teilaufgaben in Logistik- und Zulieferfirmen kritisiert. Bei diesen Firmen arbeiten in Leipzig etwa 2000 Menschen, wovon die Festangestellten meist deutlich schlechter bezahlt werden als die direkt bei BMW Beschäftigten. Und auch diese Zulieferfirmen beschäftigen Leiharbeiter_innen, die wiederum schlechter bezahlt werden als die Festangestellten.

justus

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