May-Action – IT WORKS!

Endlich mal wieder was los in L.E.! Und das zum Ersten Mai und ganz ohne Nazis. Grund genug für die gesamte Feierabend!-Redax in kleinen Teams überall vor Ort zu sein, um zu sehen, wie erfolgreich sich das Sterndemo-Konzept eines breiten Bündnisses von politischen Gruppen umsetzen ließ.

FA!-Zentrale: Saluta, geneigtes Publi­kum! Ich melde mich hier aus der FA!-Zentrale, um Euch durch den Tag zu füh­ren. Und was für ein Tag das ist! Die Sonne strahlt makellos, und wie mir eben be­richtet wurde, haben sich an den verschiedenen Treffpunkten zum heutigen Mai-Sternenmarsch bereits hunderte Akti­vistIn­nen versammelt. Anlass dieser alternativen Mobilisierung zum 1. Mai ist die allgemeine Unzufriedenheit über das alljährliche Bratwurstfest der Zen­tra­l­gewerkschaften und deren Forderung nach immer noch mehr Arbeit im Rahmen kapitalistischer Verwertungslogik. Stattdessen wollen die Veranstal­terIn­nen hier und jetzt ein klares Zeichen ge­gen den Arbeitswahn und die Aus­beutung der menschlichen Arbeitskraft setzen. Unter verschiedenen Motti werden die AktivistInnen aufeinander zu­laufen und dann vom Südplatz ge­mein­sam unter einem arbeits­kritischen Slogan durch die Innenstadt zum Jo­hannisplatz zie­hen. Wir sind gespannt, ob das Kon­zept aufgeht. Noch eine letzte Info, ehe ich zu unserem Redak­tionsteam am Connewitzer Kreuz schalte: Heute morgen waren gerade mal 100 Menschen bei der DGB-Demonstration. Allein das sollte den Funktionären zu denken geben! Aber nun ans Kreuz, von wo justus und clov live berichten …

justus: Hier sind schon gut 400 Leute vor Ort. Noch ist alles ruhig. Halt! Da passiert was! Ein Punk erklärt herum­stehenden Polizisten, sie seien Scheiße – die bieten im Gegenzug an, ihn in Gewahrsam zu nehmen. Eine Eskalation wird zum Glück vermieden…

clov: Ich sehe auch gerade 12 Konflikt­manager_innen auflaufen. Die sollen wohl das Alkoholverbot durchsetzen. Beim Verlesen der ganzen Demoauf­lagen bin ich fast eingeschlafen.

FA!-Zentrale: Am Kreuz scheint ja schon einiges los zu sein. Wie sieht es in der Johannisallee aus?

wanst: So langsam sammeln sich etwa 150 pinkbunte und dunkle Leute in praller Sonne. Ein selbstgebasteltes Papp­schild beschreibt die Stimmung: „Wir sind niedlich! – Was seid Ihr?“. Vom Lauti aus werden gerade einige Polizist­Innen aufgefordert, nicht zwi­schen der Demo rumzulaufen. Am Rande werden Taschen nach Alkohol durch­sucht.

bonz: Ein Skandal! Gerade noch recht­zeitig konnte eine Sektflasche, ein po­tentieller Molli, konfisziert werden. Die Auflagen und der Aufruftext wurden verlesen. Ah, es geht los!

FA!-Zentrale: Und jetzt noch schnell zum West­platz. Wie ist die Lage bei Euch?

momo: Also hier haben sich gerade rund 100 Leute versammelt. Wir stehn zwar noch planlos auf dem Fußweg rum, aber das wird sich hoffentlich bald ändern.

k.mille: Einige schwarzgekleidete Men­schen bringen gemächlich ihr Front­trans­parent – „Still not Loving Police“ – in Stellung. Demoauflagen werden ver­lesen. Die Stimmung ist entspannt. Wir geben zurück an die Zentrale.

FA!-Zentrale: Wahnsinn! Wenn ich mich nicht irre, ist die Mobilisierung ein voller Erfolg. Zusammen demonstrieren derzeit über 650 Menschen für eine alternative antikapitalistische Perspektive durch Leipzig. Die breite Kompromiss-Linie der Ver­an­stal­ter­Innen hat sich offenbar gelohnt. Es ist lange her, dass eine solche Menge von AktivistInnen in Leipzig an einer eigenständigen Pro-Demo teilge­nom­men hat. In wenigen Minuten müssten sich die drei Demonstra­tionszüge am Südplatz ver­einigen. An alle Teams: Seid Ihr schon vor Ort?

momo: Ja, unser Demozug vom West­platz ist der erste am Südplatz. Aber im Moment sind wir noch ein eher kläg­liches Häufchen.

k.mille: Oh was, so schnell?! Da ist man mal für einen Moment bedürfnis­orientiert …

justus: Unser Demozug nähert sich jetzt von Connewitz aus. Die Polizei ist deutlich in der Unterzahl, die Stimmung dementsprechend entspannt.

clov: Jo, alles chillig hier. Mir fehlts persönlich etwas an Inhalten. Sehe nur wenige Fahnen und ganze zwei Trans­parente. Außer dem 8.Mai-Aufruf kursiert auch nur der allgemeine Demo-Flyer. Schade, eine verpasste Chance.

wanst: Nach der Kundgebung am Bay­rischen Platz mit Reden, die u.a. for­der­ten „Schafft mehr Läden“ und einer ABBA-Coverband ging es weiter zur Karli mit einem schlecht ausgesteuerten Jingle, der für nächste Woche zum „Rock am Kreuz“ aufrief. Wir sind kurz vor dem Südplatz. Ich höre schon Gejubel. Die Demo legt jetzt einen Schritt zu.

droff: Es bleibt hoffentlich bewegt. Gera­de wurde der letzte Demozug von der Jo­hannesallee mit Jubel­rufen empfangen. De­mo komplett! Jetzt kann´s richtig losgehen.

FA!-Zentrale: Also, der versammelte Demonstrationszug bewegt sich jetzt fröhlich und ausgelassen in Richtung Stadtring. Die Stimmung ist dank des guten Wetters und der vielen Leute ausgezeichnet… Halt, ich höre gerade, dass der Demonstrationszug von der Polizei direkt am Polizeipräsidium aufgehalten wurde. Was ist da los, Leute?!

justus: Zwei Reihen Polizei in voller Montur haben die Straße blockiert! Vom Lauti­wagen aus wird die Menge aufgefor­dert, ruhig zu bleiben und sich nicht provozieren zu lassen.

clov: Abgekartetes Spiel! Nach der LVZ war die Stimmung am Höhepunkt. Jetzt sit­zen wir im Schatten des Polizeipräsi­diums fest. Die einzige Stelle, wo die Polizei mit ihren wenigen Kräften dichtmachen konnte. Scheiß Provo!

momo: Ach, es hätte so schön sein können. Aber nein, da fehlt noch der Aufhänger für die Presse morgen, damit die Demo schlecht- und die Bullen gutgeredet werden können!

FA!-Zentrale: Ich höre gerade, dass die Demo weitergeht. Offensichtlich hat die Polizei erkannt, wie überflüssig es war, die bisher ausgesprochen friedliche Demonstration weiter zu provozieren. Ein Punkt für die Ordnungs­behörden. Wie ist die Stimmung nun? Wir schalten ein letztes Mal zur De­mons­tra­tion …

wanst: Ja, wir haben am Roßplatz noch ein­mal Halt für Reden zu Uni und Ar­beit gemacht. Auf der geänderten Rou­te geht´s jetzt zum Johannisplatz, wo noch etwas Musik und Chillout sein soll. Trotz Alkoholverbot bin ich auch schon nicht mehr ganz nüchtern und freu mich auf die Wiese.

FA!-Zentrale: Unser Fazit zum heutigen 1. Mai: Die Sache mit der dreige­teilten Demo hätte echt schiefgehen können. Es war aber nicht so. Im Gegenteil: Stun­den­­lang konnten die un­ter­schied­lichen po­litischen Grup­pen die öffent­l­ichen Räu­me der Stadt mit ihren Inhalten besetzen. Außer­dem zeigte das Teilneh­mer­Innen-Ver­hält­nis von beinahe 1:10 zwischen der DGB-Demo und dem alter­na­tiven Sterndemo, dass es richtig war, ein Zeichen gegen die Pro-Arbeits-Demo des DGB zu setzen. Denn die meisten politisch­en Akti­vist­Innen in Leipzig haben begriffen, dass es nicht um mehr, sondern um eine andere Art der Arbeits­orga­ni­sation, nicht nur um eine Re­form, sondern um eine Revolution der Ver­hält­nisse gehen muss. Sicher, die breite Kom­pro­miss-Linie hat nicht alle in jedem in­halt­­lichen Punkt befriedigt, aber die schiere Masse der Teil­­nehmer­­Innen war heute ein weithin sicht­bares Zeichen der Hoffnung.

Weiter so, wünscht deshalb allen der Feierabend!

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