Neues Parteibüro in der Odermannstraße Lindenau
Während das antifaschistische Engagement gegen den Tönsberg-Laden in der Leipziger Innenstadt endlich den gewünschten Erfolg verzeichnen konnte, brauen sich anderswo schon wieder neue Probleme zusammen. In der Odermannstraße, in unmittelbarer Nähe des Lindenauer Marktes will die NPD ein neues „nationales Zentrum“ etablieren. Offiziell handelt es sich um das „Bürgerbüro“ des Vorsitzenden der sächsischen NPD, Winfried Petzold. Besonders einladend sieht dieses allerdings nicht aus, wohl nicht umsonst wird der Zugang durch meterhohe Zäune versperrt. Es ist zu erahnen, dass hier ein neuer Anlaufpunkt für Leipziger Neonazis entstehen soll. Dabei arbeitet die NPD auch mit der lokalen Kameradschaftsszene zusammen: Involviert sind u.a. Mitglieder der Freien Kräfte Leipzig (siehe FA! #29 u. #30).
Zur musikalischen Untermalung der Eröffnung am 15. November hatte man sich Frank Rennicke, den „Reinhard Mey der Rechtsrock-Szene“, eingeladen. Aber auch ungeladene Gäste ließen nicht auf sich warten: Die Leipziger Antifa dachte nicht daran, den Nazis einfach so das Feld zu überlassen. Zu einer Spontandemonstration kamen am frühe Nachmittag 150 Antifaschist_innen vor der Schaubühne Lindenfels zusammen. Die kurz darauf auftauchende Polizei versuchte durch Abriegeln von Straßen den Demonstrationszug zu stoppen, doch nach einem sportlichen Sprint durch diverse Seitenstraßen schafften es die Demonstrant_innen, ihr Ziel zu erreichen. Die Polizei machte zunächst Anstalten, die auf der Kreuzung am einen Ende der Odermannstraße stehenden Antifaschist_innen mit Mannschaftswagen einzukesseln, nach kurzer Verhandlung konnte aber eine zeitlich begrenzte Genehmigung für die Kundgebung erlangt werden. Obwohl sich auch am anderen Ende der Straße ein Grüppchen von Antifaschist_innen postiert hatte, gelang es derweil immer wieder einzelnen Neonazis, in das Gebäude zu gelangen. Eine knappe Stunde später wurde die Kundgebung beendet.
Als Wink mit dem Zaunpfahl an die Neonazis, dass ihre Aktivitäten beobachtet und gegebenenfalls mit entsprechenden Mitteln beantwortet werden, war dies eine durchaus gelungene Aktion. Wachsamkeit ist jedenfalls angebracht: Sollte es gelingen, in Lindenau einen dauerhaften Anlaufpunkt und Rückzugsort für Neonazis zu schaffen, könnte das für die Zukunft einige Probleme mit sich bringen. Jenseits einer bloß reaktiven Verdrängungspolitik müsste es aber auch darum gehen, den Nazis offensiv den Boden zu entziehen und auch in Stadtteilen wie Lindenau eine breite, alternative, antifaschistische (nicht nur Jugend-)Kultur zu etablieren. Ein Projekt wie das Ladenprojekt Atari in Reudnitz (einem Viertel, in dem in den letzten Jahren ebenfalls verstärkte Naziaktivitäten zu verzeichnen waren) ist da schon ein Schritt in die richtige Richtung – darauf gilt es nun aufzubauen.
justus