OLYMP(ia): Idole und Millionäre

Es ist wohl kein Zufall, dass der Gründer der neuzeitlichen olympischen Spiele, Pierre Fredy de Coubertin – ein vermögender, nationalistischer Adliger – die Spiele im 19. Jahrhundert, im Sinne ihres antiken Mythos ins Leben rief. So war ihm ein Platz im modernen Olymp sicher. Wie es sich für einen Göttersitz gehört, kommen nur diejenigen rein die, die nötigen Voraussetzungen mitbringen. In unserer Zeit also eine hohe Verwertbarkeit oder Kapital. Aber weil wir hier auf Erden genug mit uns selbst zu tun haben, sollten wir die Finger von Göttern oder ähnlichen zwielichtigen Figuren lassen.

Aktualität gewinnt das Thema Olympia dadurch, dass es den Verwaltern der Stadt Leipzig zu Kopfe gestiegen, Olympia 2012 und damit lauter zwielichtige Gestalten nach Leipzig holen zu müssen. Im Juni 2004 soll die erste Bewerberauswahl getroffen werden. Olympia kann ein paar Investoren und Großverdienern nützlich sein, aber nicht denen, die auf Lohnarbeit angewiesen sind. Olympia nach Leipzig holen zu wollen, ist entweder dumm gedacht oder bösartig. Denn was im Mythos Götter sind, sind in unserer Zeit u.a. ein ehemaliger Minister unter dem faschistischen Regime Francos und ein Geheimdienstchef die mit dem olympischen Label Milliardengewinne einfahren. Was im Mythos sportliche Fairness ist, ist längst in Leistungszwang, härteste Konkurrenz und menschliche Werbeträger umgeschlagen. Es stimmt sicherlich, dass die Gewinnerinnen hohe Summen bekommen. Doch betrifft das immer nur zwei von Millionen, die restlichen Sportler bleiben auf der Strecke. Spätestens hier ist klar, dass Olympia alles andere eine „sportliche Internationale“ ist, sondern Sport, der dem kapitalistischen System komplett untergeordnet ist. Nicht mal von dem Mythos der sportlichen und friedlichen Zusammenkunft ist viel geblieben. Bei den Sommerspielen 2000 in Sydney machten die sogenannten „Sportsoldaten“ ein Viertel der deutschen Mannschaft aus. In Atlanta hatte der Anteil der Bundeswehrangehörigen noch bei deutlich unter 20 Prozent gelegen.

Dies ist eine Veranstaltung die niemanden gut tut, aber Sport ist deswegen nicht per se abzulehnen. Denn abseits von jeglichem Missbrauch, sind gesundheitliche Vorteile des sogenannten „Breitensports“ nicht zu leugnen. Es sollte sich also niemand dazu veranlasst fühlen, aus der Ablehnung des mörderischen Leistungssports heraus, auf seine eigene körperliche Fitness zu verzichten.

Doch nicht nur die Sportler werden zum Produktionsmittel der Firma „Olympia“, bei den olympischen Spielen sind wohl zuerst die Spiele gestorben. Denn wo der Profit eines Unternehmens sich mit Sport paart, bleibt von Spiel und Sport nichts. Weder einem Athleten dürfte es wirklich Spaß machen, noch den Zuschauern. Es ist langweilig horrende Summen bezahlen zu müssen, um dann nicht mal mitmachen zu können. Seinen Lieblingssportlern sollte der Fan eher wünschen, dass ihnen Olympia erspart bleibt.

Das einzige, was Olympia wenn überhaupt, an Positivem bringen könnte, wäre… ja was? Betrachten wir die „Argumente“ der Stadtoberen einmal genauer: Zuerst einmal wird man auf den offiziellen Webseiten vor allem mit seichten Argumenten und hohlen Phrasen abgespeist. Da heißt es, man brauche Olympia, weil die „friedliche Revolution“ auch von Leipzig ausgegangen sei. Dies ist aber eine leichte Geschichtsverdrehung, die Leipzigerinnen haben gewiss nicht irgendeinen Präsidenten bekehrt, sondern demonstrierten zu einem politisch günstigen Zeitpunkt. Auch scheint es überzogen, wegen vergangener Demonstrationen den Leipzigerinnen mit der Firma „Olympia“ zu drohen.

Olympia soll Prestige und Arbeitsplätze bringen. Das Prestige wird sich wohl schnell in Mitleid für die Ortsansässigen wandeln und die Arbeitsplätze sind zuerst ehrenamtlich. Alle, die sich als Sportbegeisterte für lau abrackern werden, tragen zum weiteren Profit der Marke „Olympia“ bei. Überall wo die Olympiakarawane vorübergezogen ist, fahren private Sponsoren fette Gewinne ein, die Städte gehen pleite. Barcelona war pleite, München ist seit den Spielen zu einer der teuersten Wohnorte Deutschlands geworden und Athen (Olympia 2004) kommt schon mit den Vorfeldkosten nicht klär. Leipzig ist da einen Schritt weiter, die Stadtregierung steht auch ohne die Zusage für die olympischen Spiele 2012 vor der Pleite. Beispielsweise für Sportstätten für den Breitensport, geschweige denn kulturelle Veranstaltungen bleibt da kein Geld, aber ein Bürgerverein Pro-Olympia wurde schon mal gegründet. Wenn also die in der Stadt lebenden Menschen kein Plus machen, wer dann? Die selben wie im realen Leben eben auch.

Angeblich soll es 7800 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Doch dies sind natürlich keine Langzeitarbeitsplätze, sondern vorübergehend wie das Großereignis. Kurz vor den Spielen werden mehr Helfer gebraucht werden und danach geht es ab in den nächsten Leiharbeitsjob. Hartz und Rürupp lassen höflichst grüßen…

Die Drohung der Olympiaplaner, die Stadtentwicklung würde sich um zehn Jahre nach vorn entwickeln, sollte uns zu Denken geben. Denn ein überdimensionales Unternehmen wie dieses, verlangt einen kompletten Umbau, die langfristige Veränderung der Infrastruktur ganzer Städte zum Zweck der kurzzeitigen Nutzung. Gewiss ist, dass die Stadtentwicklung getrennt von der Lohnentwicklung verlaufen wird; eine moderne Architektur – und Löhne zum im Altbau wohnen. Bezahlbare Wohnungen und Lebenshaltungskosten dürften dann äußerst knapp sein, denn: „Die Olympische Spiele werden die ganze Stadt prägen, verändern und in den Dienst der Spiele stellen. Ganz Leipzig wird somit Olympisches Dorf.“ Eben dies soll auch noch folgendes bringen: „den Wegzug von Interessenten aus Leipzig zu verhindern.“

Jedoch werden sich noch vor Ankunft der ersten Leistungssportler, vor allem die LeipzigerInnen in und um Lindenau überlegen müssen, ob sie sich Mieten nach Olympia leisten können: „Das Olympische Dorf wird im Leipziger Stadtteil Lindenau geplant. Es soll auf mehr als 40 Hektar ein modernes Stadtquartier mit einem differenzierten Angebot an Geschosswohnungen und Einfamilienhäusern entstehen.“ Dass das Olympiadorf kein Platz zum Wohnen für Normalsterbliche sein soll, machen die Planer deutlich: „Im eigentlichen Wohnbereich des Olympischen Dorfes entsteht auf über 240.000 Quadratmetern Geschossfläche Wohnraum für rund 16.000 Teilnehmer. Funktionaler und gestalterischer Schwerpunkt des neuen Stadtquartiers ist der Bereich am südöstlichen Ende des Olympischen Dorfes an der Einmündung Plautstraße in die Lützner Straße. Während der Olympischen Spiele konzentrieren sich hier auf einer Geschossfläche von knapp 60.000 Quadratmetern die Mensa, gastronomische Einrichtungen, das Sport- und Informationszentrum der Nationalen Olympischen Komitees, medizinische Einrichtungen, Betriebs- und Personalräume, Büroräume und ein Freizeit- und Vergnügungszentrum.“ Es ist also klar: wo man Konkurrenzkampf betreibt, kann kein anderes Leben sein. Wünschen kann man es wirklich niemanden,. dass die Spiele (sie spielen mit denen, die hinterher die Zeche zahlen müssen) vor seiner/ihrer Haustür stattfinden.

Letztlich kann Olympia als ein Versuch des Mitgliedes der Hartz-Kommission, des Leipziger Oberbürgermeisters Tiefensee betrachtet werden zu beweisen, dass die Hartz-Pläne doch ein paar Leiharbeitsplätze „schaffen“. Die negativen ökonomischen, kulturelle und soziale Auswirkungen, (von den ökologischen gar nicht gesprochen) sind da egal. Soweit die Ansichten der Planer von Olympia. Antworten wir ihnen, dass wir ihre Spiele nicht spielen wollen. Wehren wir uns gegen Krieg und Kapitalismus, egal in welchem Gewand sie auftreten, innenpolitisch, außenpolitisch oder sportlich!

hannah

Zitate aus: www.Olympia-leipzig2012.de

Informationen zur NOlympiaKampagne auf: www.nein-zu-olympia.de

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