Papa Staat: „Wehe den Pflichtvergessenen…!“

Im "Magdeburger 129a-Verfahren" setzt das zuständige Oberlandesgericht Halle auf möglichst lange Beugehaft für zwei Aus­sageverweigerer.

Derzeit läuft das zweite Re­visions­verfahren im Gefolge des Prozesses gegen drei Personen aus der autonomen Bewegung in Magdeburg (Marco, Carsten und Daniel). Ihnen wurde vorgeworfen, 2001 und 2002 Brandanschläge auf ein LKA-Gebäude, einen BGS-Einsatzwagen, ein Autohaus und Fahrzeuge der Telekom begangen zu haben. Während der Ermittlungen wurden die Magde­burger Zusammenhänge massiv beschattet und Aussagen erpresst.

Am 16.12.03 war Urteilsverkündung: Carsten wurde mangels Beweisen freigesprochen, womit auch die Anklage nach 129a hinfällig wurde, da eine „terroristische Vereinigung“ per Definition mindes­tens drei Mitglieder hat. Die anderen beiden gingen gegen die Verurteilung zu 2,5 bzw. 2 Jahren Haft in Revision. Im zweiten Prozess wurde das Urteil gegen Marco bestätigt: 2,5 Jahre ohne Bewährung und sämtliche Verfahrenskosten.

Momentan läuft also der dritte Prozess, das Revisionsverfahren von Daniel. In diesem verweigerten ins­gesamt elf Zeug­Innen die Aussage – Marco und später auch Carsten wurden dafür auf An­ordnung von Richter Braun in Beugehaft genommen und zu Geldstrafen verurteilt. Beugehaft – endlich mal eine aussagekräftige behördliche Bezeichnung – ist eine disziplinarische Maßnahme, die für bis zu sechs Monate verordnet werden kann. Denn von Ausnahmefällen abgesehen (Selbstbelastung, Verwand­schaft), ist man als Bürger vor Gericht zur Zeugenaussage verpflichtet. Das Gericht nimmt dabei keine Rücksicht auf die materiellen Folgen für den betroffenen Zeugen – für die Dauer der Haftzeit werden bspw. Sozial­leistungen wie ALG II oder Kindergeld eingestellt, obgleich Kosten wie Miete freilich weiter anfallen. Trotz dieser Aussichten hatten 11 ZeugInnen in einem Kollektiv erklärt: „dass es keine harmlosen Aussagen gibt“ und dass sie es nicht (ein)­“sehen, FreundInnen zu denunzieren oder ihre persönlichen Verhältnisse dem Gericht offen zu legen.“

Nun wird das Verfahren mit Prozesstagen, die durchschnittlich eine Stunde dauern(!), weiter verzögert – so wird auch die Beugehaft in die Länge gezogen. Am 8.8.05 dauerte die Verhandlung ganze acht Minuten, nachdem ein Zeuge vernommen worden war, der bestätigte, dass Daniel in einer Anschlagsnacht (18.3.2002) auf einer Geburts­tags­feier war.

Die nächsten Verhandlungstage finden jeweils am 13.9., 4.10., 1.11. 2005 ab 9:30 Uhr im Justizzentrum Halle, (Thüringer­str. 16) statt. Kommt zahlreich, um zu zeigen, dass Carsten und Marco nicht alleine sind!

Unterstützung erhalten die Betroffenen dabei v.a. von der Soligruppe Magdeburg/Quedlin­burg, die nicht nur im Oktober 2003 eine Demo mit 3.000 Teil­nehmer­Innen organisierte, sondern auch jetzt noch aktiv ist: am 18. Juni 2005 fand in Magde­burg eine bundesweite Antirepressionsdemo statt, die mit 300 Leuten eher leidlich besucht war. Am 28.8. schließlich versammelten sich 50 Unter­stützerInnen aus verschiedenen Städten vor der Justizvollzugsanstalt (JVA) Halle I zu einer Kundgebung – gut zwei Stunden lang spielten sie Musik und konnten auch Blickkontakt mit einigen Inhaftierten aufnehmen.

Infos & News auf www.soligruppe.de

Lokales

Schreibe einen Kommentar