Polizeibericht von „unten“

Im März diesen Jahres veröffentlichte die Projektwerkstatt Saasen einen fünfzig­seitigen Bericht namens: "Fälschungen, Erfindungen und Hetze". Darin werfen die Autoren der Gießener Polizei, Staats­anwaltschaft und Presse vor, sich im Kampf gegen die "oppositionellen Grup­pen" nicht an die rechtsstaatlichen Mittel zu halten, Beweise zu konstruieren und trotz Gegen­dar­stel­lungen Falsch­mel­dungen zu kolportieren. Der Schwerpunkt der Dokumentation sind Erfindungen von angeblichen Tatbeständen und Tat­beteiligungen, die durch widersprüchliche Polizeiveröffentlichungen untermauert werden.

Der brisanteste Fall ist wohl eine öffent­liche Gedichtlesung, die am 09.12.03 auf dem Gelände des Gießener Gerichts im Rahmen von Protes­ten ver­schiedener Grup­­­­pen gegen eine neu beschlossene „Ge­­­fah­ren­­­ab­wehr­ord­­nung“ und die Innen­stadt­politik statt­­­­fand. Diese brach die Polizei nach wenigen Minu­ten ab, erteilte Platz­verweise und hielt 12 Personen 18 Stunden ohne Angabe von Grün­den fest. Für die Polizeiakten hieß es, die Gruppe habe vorgehabt, "Farb­schmierereien zu be­gehen", die Beweise dafür seien Farb­spuren an der Kleidung gewesen. Auf die Beschwerde eines Betroffenen habe die Polizei ein halbes Jahr später geantwortet, es seien gar Brandanschläge geplant gewesen. Beweis: Eine Flasche Terpentin. Die Frage, was eine Terpentinflasche bei einer Gedichtlesung macht, ist nicht abschließend geklärt, allerdings scheint das zusammengetragene Material brisant genug zu sein. Jedenfalls hat das Amts­gericht Gießen den Bericht wegen des "Verdachts auf Beamtenbeleidigung" beschlagnahmen lassen.

Die Dokumentation und ausführliche Infos: www.polizeidoku-giessen.de

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