„Kreativ gegen Atomkraft“ Seit Dezember 2010, als ein Castor ins Zwischenlager Lubmin bei Greifswald rollte, hat diese Parole in Magdeburg Konturen erhalten. Eine Gruppe an Blockierenden hält den Castor unter dem Motto „Spazierender Sicherheitscheck am Gleis“ in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt für eine Stunde auf. Danach fanden und finden sich vor Ort ganz unterschiedliche Menschen zusammen, um sich im Widerstand gegen die zivile und militärische Nutzung von Atomkraft zu engagieren. Das inzwischen formierte Aktionsbündnis Anti-Atom Magdeburg versteht sich als ein Treffpunkt für Ungehorsame, der sich kollektiv, selbstorganisiert und basisnah für einen nachhaltigen und humanen Umgang mit Mensch und Natur einsetzt. Die unerwartete Breite, der andauernde innere Zusammenhalt und die Entschiedenheit der heterogenen Gruppe lässt sich nicht auf den Zeitpunkt reduzieren, seit Worte wie „drohende Kernschmelze“ und „Nuklearreaktion“ im Vokabular der Generation Fukushima sind. Aber besonders seit dem Tag, als der Ausverkauf der Geigerzähler begann, demonstrieren sie tagelang auf Bahnhöfen, stören FDP-Zusammenkünfte und setzen andere grenzüberschreitende Schritte, Aktivitäten und Kampagnen um. So erwies der Widerstand gegen Atomkraft auch dem Landtagswahlkampf eine bis dahin unbekannte Aufmerksamkeit: In der Magdeburger Innenstadt erregt zwei Tage vor der Wahl ein überdimensionales Konterfei des CDU-Spitzenkandidaten Haseloff Aufsehen. Durch eine spektakuläre Kletteraktion überlagert ein Radioaktivitätssymbol mit der Forderung „Abschalten“ sein christlich wirkendes Gesicht. Der Werbetext „Am 20. März Ihre Stimme für die CDU“, aus dem „Am 20. März keine Stimmen für die Atomlobby“ wird, symbolisiert die neue Revolte in der Stadt. Die Aktion macht dem mittlerweile im Amt sitzenden Ministerpräsidenten unmissverständlich klar, dass die Seilschaften der CDU mit Atommanagern auf Ablehnung stoßen. Veränderung braucht neben intellektuellen Debatten und politischen Manövern auch den unbequemen „Arm der Straße“. Ein Arm, der Unruhe schafft, Grenzen erweitert und sich mit Megafon den undurchsichtigen Kulissenkämpfen entgegensetzt. Bleibt zu hoffen, dass das Bündnis nicht genauso unerwartet wieder von der Bühne verschwindet, wie es entstanden ist. Doch erstmal scheint eine kreativ-wütende Protestkultur in Magdeburg angekommen. Abschalten sofort! Die Welt ist erneuerbar!
monadela
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