Skandal! NPD von Neonazis unterwandert?

Wenn man Wert auf ein gutes Image legt, sollte man sich lieber keinen verurteilten Rechtsterroristen ins Haus laden. Schon gar nicht jetzt, wo die mediale Öffentlichkeit gerade mit Entsetzen bemerkt hat, dass Neonazis gelegentlich zu Rassismus und gewalttätigem Verhalten neigen.

Die Erkenntnis kam spät, aber irgendwann fiel der Groschen doch: Auf Druck der NPD-Führung wurde die für den 26. November geplante Veranstaltung mit Karl-Heinz Hoffmann kurzfristig abgesagt. Hoffmann leitete ab 1973 die „Wehrsportgruppe Hoffmann“, die 1980 verboten wurde, nachdem eines ihrer Mitglieder mit einem Bombenanschlag auf das Münchener Oktoberfest 13 Menschen getötet hatte. Die Leipziger Jungen Natio­naldemokraten hatten Hoffmann in das „nationale Zentrum“ in der Odermannstraße eingeladen.

Trotz der Absage konnte die NPD aber nicht über mangelnde Negativ-Publicity klagen. So gab es am 26.11. nicht nur eine bürgerliche Protestkundgebung, an der auch OBM Burkhard Jung teilnahm. Zudem beteiligten sich etwa 500 Menschen an einer Antifa-Demo, die von der Initiative Fence Off! (siehe FA! 40) organisiert worden war. Bereits am 24. September hatten etwa 2000 Menschen gegen das Zentrum in der Odermannstraße demonstriert.

Dass die NPD-Führung ihren Nachwuchs zurückpfeifen muss, ist nur das letzte Zeichen eines insgesamt zwiespältigen Verhältnisses: Einerseits bemüht sich die NPD seit Jahren um ein solides, „gutbürgerliches“ Image, andererseits kann sie nicht auf die jüngeren militanten Neonazis als Basis verzichten. Die Jungen Nationaldemokraten und das von diesen genutzte Zentrum in der Odermannstraße bilden die Schnittstelle zwischen Partei und „Freien Kräften“.

Näheren Aufschluss über das wechselseitige Verhältnis geben die unlängst von der GAMMA-Recherchegruppe veröffentlichten Daten* aus einem internen Forum des Freien Netzes (einer von den Freien Kräften betriebenen Website). Dieses Forum war nur einem engen Kreis von gerade mal 21 „Kadern“ zugänglich, bekannten Neonazi-Aktivisten u.a. aus Leipzig, Altenburg, Delitzsch und Geithain.

Die in den internen Debatten geäußerten Überzeugungen sind nicht überraschend: Die Aktivisten verstehen sich als Nationalsozialisten, pflegen antisemitische Ressentiments und befürworten gewalttätige Aktionen. Schon eher interessant ist ihre Haltung zur NPD. So schreibt User „Feldgrau“ zum Thema: „Meine Mutterpartei? Also ich glaube nicht das ich die NPD so bezeichnen würde…Sie ist für mich lediglich Werkzeug im politischen Kampf.“ Ein weitgehend instrumentelles Verhältnis also. Hinter dem Pseudonym „Feldgrau“ verbirgt sich übrigens Tommy Naumann, NPD-Kandidat bei den letzten Stadtratswahlen und Vorsitzender der sächsischen JN…

Spannungen zwischen NPD und Freien Kräften gab es schon länger. Nicht nur aus „ideologischen“ Gründen, also weil die NPD den Freien Kameraden nicht radikal genug und diese wiederum der Partei zu undiszipliniert waren. Sondern auch ganz banal des Geldes wegen: Wie der GAMMA Newsflyer schon Mitte 2010 berichtete, mussten die Freien Kräfte für die Nutzung der Odermannstraße monatlich 800 Euro an die NPD zahlen. Aber das Problem hat sich nun wohl erledigt: Für Ende September wurde dem Kulturverein Leipzig-West e.V., der als rechtliches Aushängeschild der Freien Kräfte fungiert, vom Vermieter, Steven Hahn aus Grim­ma, gekündigt. Gerüchten zufolge haben die Freien Kräfte mittlerweile einen neuen Treffpunkt in einer Kneipe in der Wurzner Straße gefunden.

justus

*gamma.noblogs.org/fn-leaks

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