StudentInnen brechen Hausfrieden

Wir empfanden nur, dass hier anscheinend Menschen saßen, die scheinbar aus eigener Nähe zu Macht und Versorgung – Unwissenheit konnte es einfach nicht sein – überhaupt kein Empfinden mehr dafür haben, mit welchen Wirkungen verfehlter Bildungs- und Sozialpolitik wir als Studierende umgehen müssen, welche Missstände, Verunsicherungen, auch Ängste uns Anlass sind, eigenen Protest vor und in das Haus der gewählten Volksvertreter zu tragen.“ Stellungnahme, 02.03.04

Am 16.01. begingen die Leipziger StudentInnen ein altes Ritual, als sie wieder einmal allein, in kleineren und größeren Gruppen nach Dresden vor den Landtag zogen. Doch dieses Mal wollte student/in sich nicht so einfach abspeisen lassen wie in den letzten Jahren, mit Beschimpfungen á la Rößler und der Erkenntnis, daß sich im Landtag eigentlich keine/r für die studentischen Forderungen interessiert. Deshalb standen die Proteste an diesem Freitag von Anfang an unter der Devise, nicht nur brav der genehmigten Strecke zum Parlament zu folgen und dort an der Kundgebung teilzunehmen, sondern durch viele dezentrale Aktionen im Stadtgebiet Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erregen. Daß sich diese Vorstellung neben ein paar nackten Ärschen und sporadischen Kreuzungsblockaden nur mäßig umsetzen ließ, lag sicher auch an der Unerfahrenheit und mangelnden Organisierung der aktiven StudentInnenschaft. Als jedoch 14 Studiosi von den BesucherInnen-Plätzen im Landtag in lautstarken Jubel über die vorgehende Politik ausbrachen, platzte einigen EntscheidungsträgerInnen der Kragen angesichts des Faktes, daß das Verständnis der StudentInnen für die politische Ausweg- und Konzeptlosigkeit des sächsischen Parlamentes in der Bildungs- und Sozialpolitik schwindet. Und dann wollten jene weder aufhören noch den Saal verlassen. Oh, welch Unverschämtheit! Da half nur noch der Einsatz polizeilicher Gewalt, um diesen Aufstand im ehrenwehrten Hause des Landes niederzuwerfen. „Eklat“ und „einmalige Störung der Arbeit der Volksvertreter“ tönten gereizte PolitikerInnen, während viele StudentInnen mit der Aktion und der erreichten Aufmerksamkeit zufrieden waren.

Also alles gut? Denkste! Am darauffolgenden Mittwoch sprach der Landtagspräsident Erich Iltgen für die 14 polizeilich erfaßten StudentInnen ein einjähriges Hausverbot aus und stellte gleichzeitig einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruch (§123 bzw. §106b). Die Kriminalisierung dieser politischer Aktion bedeutet auch einen Angriff auf die studentischen Proteste und zeigt deutlich, wie niedrig die Hemm- und Schmerzgrenzen der verantwortlichen PolitikerInnen liegen. Die Betroffenen sind gerade dabei, Gespräche mit Politik, Presse und verschiedenen Gruppen aufzunehmen und es gibt schon Ideen, u.a. durch Doppelgängeraktionen die überzogenen Maßnahmen (Staatsschutz ermittelt!) weiter zu problematisieren. Es sollte an Solidarität und Unterstützung aus der Studierendenschaft nicht mangeln, schließlich haben sich jene für die Probleme von jeder/m Einzelnen eingesetzt. Und letztlich bleibt nur eine Erkenntnis aus den gemachten Erfahrungen: Wir machen weiter und kommen wieder!

clov

Bildung

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