Tipps zum Umgang mit Strafbefehlen

Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Strafbefehl bekommen habe?

Normalerweise folgt nach der von Euch selbstverständlich nicht wahrgenommenen Beschuldigtenvernehmung und der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft die Prozesseröffnung. Es gibt aber auch die Möglichkeit, einen Prozess zu umgehen und der/dem Beschuldigten einen Strafbefehl zuzustellen. Das ist quasi ein Urteil ohne eine vorhergehende Verhandlung, dss heißt, der Strafbefehl legt die Rechtsfolgen der Euch vorgeworfenen Tat fest, also beispielsweise, dass ihr 30 Tagessätze à 10 Euro zahlen sollt.

Dies wird in letzter Zeit häufiger praktiziert, da die Staatsanwaltschaft darauf hoffen kann, dass mensch sich nicht dagegen wehrt – entweder aus Unwissenheit oder aus Fristversäumnis.

Allerdings wird Euch auf diesem Wege die Möglichkeit eines „fairen“ Verfahrens genommen, Ihr könnt bestimmte Entlastungszeugen nicht präsentieren, seid der Möglichkeit beraubt, mit einem/einer Anwalt/ Anwältin Eurer Wahl eine Prozessstrategie zu besprechen und vergeigt im Zweifel einen eventuellen Freispruch oder eine geringere Strafe.

Aus diesem Grund solltet Ihr Euch immer (erst einmal) gegen einen Strafbefehl wehren!

In jedem Fall solltet Ihr innerhalb von zwei Wochen (nach Zugang des Strafbefehls) zunächst einen formlosen Einspruch gegen den Strafbefehl bei dem dort bezeichneten Amtsgericht unter Nennung des Aktenzeichens einlegen Das steht auch alles in der Belehrung, die Ihr mit einem Strafbefehl, quasi als Beipackzettel, erhaltet. Dabei müsst und solltet Ihr auch nicht begründen, warum Ihr euren Einspruch einlegt.

Der Einspruch kann auch nur auf den Strafausspruch, also die Höhe der Strafe, beschränkt werden. Eine solche Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe des Strafmaßes solltet Ihr aber wirklich erst nach Absprache vornehmen beziehungsweise, wenn Ihr selber Ahnung davon habt. Da Ihr bis in die Hauptverhandlung hinein die Möglichkeit habt, von einem „Teil“-einspruch Gebrauch zu machen, solltet Ihr also grundsätzlich immer einen vollumfänglichen Einspruch einlegen. Nach Rücksprache mit einem/einer Anwalt/Anwältin, einer Rechtshilfeor­ga­ni­sation etc. könnt Ihr diesen dann ja immer noch in der Verhandlung begrenzen.

Ihr könnt bei­spiels­­weise schreiben: „Hier­mit lege ich Ein­spruch gegen den Straf­befehl des Amts­­­­gerichts … mit dem Aktenzeichen … ein.“

Wichtig ist aber wirklich, dass dies innerhalb der zwei Wochen passiert, ansonsten könnt Ihr nicht mehr gegen den Inhalt des Strafbefehls vorgehen, da dieser dann rechtskräftig wird! Entscheidend ist der Posteingang bei Gericht!!! Also: Wenn Ihr einen Strafbefehl am Mittwoch bekommt (entscheidend ist das Zustellungsdatum auf dem Umschlag!), dann endet die Frist zwei Wochen später am Mittwoch um 24.00 Uhr. Dabei sind die Postlauf­zei­ten von bis zu drei Tagen unbedingt zu beachten.

Am sichersten ist, den Einspruch in den (Nacht-)Briefkasten des jeweiligen Amtsgerichts einzuwerfen oder das Ganze gegen Empfangsbe­kenntnis beim Pförtner/bei der Pförtnerin oder in der Poststelle des Gerichts abzugeben.

Nachdem also ein Einspruch eingelegt ist, habt Ihr erst einmal Zeit gewonnen, die Ihr nun nutzen solltet, Euch im Hinblick auf die weitere Vorgehensweise zu beraten und zu informieren.

Ihr könnt dies bei Eurer örtlichen Ortsgruppe der Roten Hilfe, Eurem Ermitt­lungs­ausschuss oder als Anfrage bei der Adresse: info@rote-hilfe.de machen. Gemeinsam könnt Ihr dann überlegen, ob in Eurem Fall ein/eine Anwalt/Anwältin zu Rate gezogen werden sollte oder ob dies nicht nötig ist.

Was Ihr noch wissen solltet: Einen Einspruch kann mensch jederzeit, das heißt auch noch während der Verhandlung bis zur Urteils­ver­kün­dung, zurücknehmen. Dann entstehen auch keine weiteren Kosten. In dem Fall, wo er nicht zurückgenommen wird, kommt es zu einem ganz normalen Prozess, bei welchem der Strafbefehl die Anklageschrift ersetzen wird. Solltet ihr verurteilt werden, müsst Ihr dann auch die Gerichtskosten tragen.

Rote Hilfe Leipzig

Die Rote Hilfe ist eine Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt, die z.B. wegen presserechtlicher Verantwortlichkeit für staatsverunglimpfende Schriften, wegen Teilnahme an spontanen Streiks oder wegen Widerstand gegen polizeiliche Übergriffe vor Gericht gestellt werden. Ebenso denen, die in einem anderen Staat verfolgt werden und denen hier politisches Asyl verweigert wird. Zusammen mit dem Angeklagten bereiten sie den Prozeß vor und machen besonders seinen/ihren politischen Hintergrund in der Öffentlichkeit bekannt. Die Rote Hilfe engagiert sich gegen die Verschärfung der Staatsschutzgesetze, gegen weiteren Abbau von Rechten der Verteidigung, gegen Isolationshaft, gegen weitere Beschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Ihr gehören nur Einzelpersonen als Mitglieder an.

www.rote-hilfe.de

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