Wagentage Frankfurt 2005

Die Bauwagenszene rockt. Für Freiräume und alternative Lebensgestaltung zu kämpfen, heißt für die BewohnerInnen und Fans der zahlreichen bundesweiten Bauwagenplätze auch, sich einmal im Jahr zu treffen und die eigene Existenz zu zelebrieren.

„Be on time once in your life!“ Der schmis­sige slogan der “Pünktlich sein”- Aktion des Jahres 2003, diesmal auf englisch als Diskostrahler – gutgefüllte Tanzhütte, hoch­be­liebtes Flaschenbier, Lagerfeuer, Bierbänke, Hundemeuten, Bauwägen.

Was so intensiv die Atmosphäre eines herz­haften Alternativ-Festivals verströmt und bei Beobachtern den sofortigen Wunsch des Dazugehörens auslöst, ist das dies­jährige bundesweite Treffen der Bauwa­gen-Szene in Frankfurt am Main. Das Ge­län­de des hiesigen Wagenplatzes „Borsig“ befindet sich gegenüber einer dieser be­lieb­ten Autohaus-Einbauküchen­center-Gegenden, allerdings ohne dass man die recht lebensfeindliche Nachbar­schaft auf dem Platz wahrnehmen würde. Mit ge­schätz­ten 80 Wägen ist er groß genug, um einen eigenen Mikrokosmos zu bilden, der sich eindrucksvoll von der Frankfurter Vor­ort-Idylle absetzt. Das kontrastierende Ambiente bewundert man am besten vom Dach des nebenstehenden Parkhauses aus, bevor die Security auf­taucht.

Doch das dreitägige Getue auf dem auch sonst recht lebendigen Areal ist mehr als Schulterklopfen mit alten Freunden, Bierkonsum, Punkrock und Austauschen der unvermeidlichen Basteltipps betreffs Schrauberei an Kraftmaschinen oder Im­pro­vi­sations-Ökotechnik. Obwohl auch für die Bauwagenszene das Abfeiern der eigenen Identität im Vordergrund steht, gelingt es ihr im Vergleich zu den meisten anderen Subkulturen, eine gemeinsame Handlungsfähigkeit zu organisieren.

Auf einem gemeinsamen Städteplenum wird die Lage der jeweiligen Bauwagen­plätze besprochen. Ansätze von lokalen Kam­pag­nen werden vorgestellt und Termine für Aktionen und Demos rumge­reicht. Auf dem Finanzplenum wird der eindrucksvolle Stand des gemeinsamen „Krötenkontos“ vorgestellt und die weitere Verwendung des Geldes diskutiert, das ursprünglich als eine Art Prozesskos­tenversicherung gedacht war. Unter­stützung für alternative Projekte soll jetzt auch auf logistischer Ebene möglich werden. Kooperation mit dem Freiburger Mietshäuser-Syndikat ist darüber hinaus angedacht, um das Kapital politisch besser zu nutzen.

Schließlich haben die mehr und weniger kampferprobten Wagenleute trotz allen Plena und Konzerta noch die Chance, sich gegenseitig bei einer wilden Stadtrallye („tour l’armour“) zu befehden. Mit pompösen LKWs durch den Frankfurter Be­rufs­verkehr hupen und komische Aufgaben erfüllen. Durch die Kinder­geburtstagsatmosphäre angestachelt sind einige Teilnehmenden allerdings nicht mehr in der Lage, sich an irgendwelche Regeln zu halten. Zu größeren Verle­tzungen kommt es trotzdem nicht.

Bei einer berauschenden Siegesgala werden schließlich die Gewinner bekannt gege­ben: Das Leipziger Team „Fock off“ ge­winnt den Kreativpreis im Goldrahmen, „Follafiat“, auch Leipzig, immerhin einen Trostpreis. Die imposanten Trophäen sind seitdem in der Fockestraße (Montags Volxküche) zu bewundern!

soja

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