Wer verloren ist, kämpfe!

„Das Sichere ist nicht sicher. So, wie es ist, bleibt es nicht.“ Brechts Lob der Dialektik sollte uns Mut machen, als es Anfang September auf dem Augustusplatz von der Bühne vorgetragen wurde. Aber der erklärte Wille allein reicht nicht hin.

Die vergleichweise Ohnmacht der Mon­tags­­demos hängt auch damit zusammen, dass vor 15 Jahren öffentliche Manifestationen eben nicht das genehmigte Mittel waren, mit dem der Staatsbürger seinen Unmut kundzutun hatte – das hingegen sind Demos heute. Aus der massenhaften Überschreitung der staatlich gesetzten Grenzen erwuchs 1989 ein Gros ihrer Sprengkraft. Wer heute als „Staatsbürger“ auf die Straße geht und gegen den Staat als Institution des Gemeinwohls Reformforderungen erhebt, entfaltet eine solche Sprengkraft nicht. Allein symbolischer Druck, der auf den medialen Diskurs – oder gar auf vernünftige Diskussion – abzielt, reißt keine Mauern ein! Der tatsächliche Schmusekurs, den die soziale Bewegung der letzten Monate „gegen“ die Auto­ri­täten der etablierten Ordnung fuhr, steht in keinem Verhältnis zu der Entschiedenheit, mit der eben jene vorgehen. Beispiellos scheint das hartnäckige Programm, mit dem sich der Staat in die letzten Winkel unserer Leben drängt, scheint der unverhohlene Nationalismus in Wort (3.-Oktober-Debatte) und Tat („Landesver­tei­di­gung auch am Hindukusch“), scheint die offensivere Repression im Innern (Überwachung/Kontrolle). Richtungsweisend aber auch die unkontrollierte Re-Aktion (Bochum) auf vermeintlich „notwendige“ Verschlechterungen. Nur Mut! „An wem liegt es, wenn die Unterdrüc­kung bleibt? An uns. / An wem liegt es, wenn sie zerbrochen wird? Ebenfalls an uns.“

A.E.

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