Satirezeitung und anarchistisches Sprachrohr in Weißrussland vor dem Verbot
Anarchismus ist in der deutschen Medienlandschaft praktisch kein Thema. Ebenso wenig das Land Weißrussland, welches immerhin zu den letzten Überbleibseln des Stalinismus gehört. Kein Wunder also, dass das bevorstehende Verbot der seit 5 Jahren existierenden, anarchistischen Satirezeitung Navinki totgeschwiegen wird.
Bis zum Jahr 1991 gehörte Weißrussland zur Sowjetunion. Danach wurde es „unabhängig“. Seit Jahren wird das Volk von Präsident Lukaschenko drangsaliert: Die Todesstrafe wird aufrecht erhalten, das Einkommen von 50 % aller EinwohnerInnen liegt unter dem Existenzminimum, oppositionelle Kräfte verschwinden in regelmäßigen Abständen spurlos. Dazu kommt, dass 1986 70 % des radioaktiven Fallouts von Tschernobyl über das Land niedergegangen ist. Die tägliche Nahrung ist kontaminiert und hat die starke Verbreitung von Lungenkrebs und Leukämie unter der Bevölkerung zur Folge. Unter Lukaschenko ist auch diese humanitäre Katastrophe ein Tabuthema.
An der Macht hält sich der Präsident durch Wahlbetrug und Korruption. Der Verbot der anarchistischen Satirezeitung Navinki ist nur eine weitere Maßnahme zum Machterhalt. Ein Wunder überhaupt, dass sich das anarchistische Blatt so lange gehalten hat. Schließlich sind die Medien im Allgemeinen zentral und staatlich geschaltet.
Für die Anarchisten in Weißrussland bedeutet die drohende Einstellung der Zeitung einen erheblichen Einschnitt in die landesweite Vernetzung und Kommunikation. Der Navinki ist überhaupt das einzige anarchistische Sprachrohr des Landes.
Angefangen am 20. Mai diesen Jahres, wurde der Navinki-Herausgeber Pauluk Kanavalchuk bereits wegen „…Verbreitung bewusst falscher, Ehre und Würde des Präsidenten verletzenden Informationen“ zu einer Geldstrafe von 700 Euro verurteilt. Das sind sieben Monatsgehälter in Weißrussland. Der Navinki hatte eine satirische Recherche über die Haltung der OSZE zu Lukaschenko vor und nach der Zulassung des weißrussischen Parlaments zur PACE, der parlamentarischen Versammlung des Europarats, veröffentlicht.
Am darauf folgenden Tag erteilte der weißrussische Informationsminister dem Magazin eine schriftliche Verwarnung. Zwei Abbildungen des Präsidenten im Heft Nr. 7 hätten gegen das „Gesetz über die Presse und andere Massenmedien“ verstoßen. Eine weitere Verwarnung dieser Art ging einen Tag später in der Reaktion ein. Die „Moral des Volkes“ sei beeinträchtigt worden, als Artikel unter der Überschrift „Opium für das Volk“ erschienen. Die Abfolge dieser Verwarnungen lässt auf eine Kampagne gegen Navinki schließen. Zwei Verwarnungen reichen in Weißrussland aus um eine Zeitung zu verbieten.
Die Navinki-Redaktion kündigte an, sich gegen das Verbot zur Wehr zu setzen.
Quelle: www.linkeseite.de
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