Archiv der Kategorie: Feierabend! #22

Ein Mensch, ein Schwein, ein Tofu sein…

Der vorliegende Text der „Life is Life“-Veranstalter hat in der Redaktion zweifelsohne starke Kontroversen hervorgerufen. Er ist in Reaktion auf eine in der incipito 19 veröffentlichten Kritik an der im November 2005 gelaufenen Vortragsreihe mit dem Namen Life is Life entstanden und seitdem mehrmals überarbeitet worden. Die von den Initiatoren der Veranstaltungsreihe angestoßene Debatte um die Frage, inwieweit man Tieren überhaupt moralische begründete Rechte zugestehen könne, führte schon damals prompt zu heftigen Gegenreaktionen, die u.a. von der speziell gegründeten Gruppe Ivri Lider statt Peter Singer vorgetragen wurden. Kritisiert wurde von dieser Seite vor allen Dingen: a) der moralisierende Impetus der vorgetragenen Theoretisierung, b) die Vereinnahmung Kritischer Theorie für die Konstruktion eines sogenannten Anti­speziezismus, c) diverse Biologismen und letztlich d) die Nähe zu den Theorien Peter Singers … was schließlich in dem Vorwurf gipfelte, in den Vorträgen und Diskussionen der Veranstaltungsreihe würde einem Euthanasie-Projekt das Wasser geredet. Auch wenn der geäußerten Kritik in einzelnen Punkten durchaus Recht zu geben ist, verfehlte sie jedoch den Zweck, über die Sache wirklich aufzuklären, und blieb also in den eigenen Vorurteilen stecken. Die Stellungnahme der Veran­­stalterInnen zu diesen und anderen Vorwürfen drucken wir ab, weil ihnen bisher keine Möglichkeit von Seiten der incipito eingeräumt wurde, hierauf öffentlich zu antworten. Wir empfehlen aber dem/der Leser/in unbedingt die parallele Lektüre des in der incipito #19 abgedruckten Artikels „Auf den Hund gekommen“ sowie weiterer Referenzquellen.

Auch wenn die Feierabend!-Redaktion in inhaltlichen Punkten stark von den vorgetragenen Meinungen der Veranstal­terInnen differiert, sind wir trotzdem der Auffassung, dass die Frage: Wie gehen wir mit Tieren um? in der Frage: Was sind wir Menschen? von Bedeutung ist. Gerade im Kontext einer neu aufgebrochenen Debatte um bioethische Fragen der pränatalen Diagnostik, der experimentellen Genetik und Biomechanik ist auch die Frage nach der Grenze zwischen Mensch und Tier aktuell, akut und von daher dis­kussions­würdig. Klar ist: Für die Feierabend!-Redaktion steht die Beseitigung der Herrschaft des Menschen über den Menschen an erster Stelle. Wir sehen in kapitalistischer Ausbeutung und staatlicher Unterdrückung einfach einen qualitativen Unterschied zur Massentierhaltung oder zur Malträtierung seiner eigenen Hauskatze.

In spezifischem Sinne hat der Fundamental-Humanismus des 18. Jh. und 19 Jh. aus unserer Perspektive sogar eine gewisse Emanzipation der menschlichen Verhältnisse bewirkt – auf dem Gebiet der Religion, der Politik und über diverse biologistische Menschenbilder hinaus, für die die Rassentheorie nur stellvertretend steht. Die lebensphilosophischen Strömungen des beginnenden 20. Jahrhunderts haben diesen Biologismus teilweise transportiert, das muss man ganz kritisch sehen. Gerade auch, wenn man die Relevanz für den Prozess der „Entmenschlichung“, wie er heute mit Holocaust und Shoa chiffriert wird, bedenkt. Dagegen sind freilich auch für uns die massenhafte Tötung und Verwertung der Tiere, ihre willkürliche Mal­trätierung und systematische Unterwerfung zweitrangig. Dennoch sind diese Praktiken in ihrer penetranten Kontinuität, in ihrer systematischen Ausuferung und in ihrer Analogie zu Herr­schaftstechniken zwischen den Menschen moralisch­ äußerst fragwürdig. Für eine wirksame Ethik, die das Verhältnis zwischen Mensch und Tier neu bestimmen will, kann die Neudeutung unserer menschlichen Begriffe von Leiden ein erster Schlüssel sein.

Wer allerdings glaubt, hier gäbe es schnelle Antworten, wie Eis vom fahrenden Kaufmann, will letztlich gar nicht zuhören und nur seine eigenen Vorurteile pflegen. Das Primat liegt beim Menschen, weil er/sie eben Verantwortung übernehmen kann! Aber wie weit reicht diese Kampfzone? Die Wahrheit wird erstritten!

Feierabend!-Redaktion

Stellungnahme der Initiatoren zur Kritik an der Veranstaltungsreihe „Life is Life?“

Debatte um „Life is Life?“

Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere noch an die Veranstaltungsreihe „Life is Life?“, die im November vergangenen Jahres die Frage nach den Tieren auf den Leipziger Tisch brachte. Das Leipziger Vorbereitungsteam wollte mit dieser Reihe einen Anstoß für die theoretische Beschäftigung mit dem Mensch-Tier-Verhältnis geben. Wir meinen, dass dies ein – gerade auch von der politischen Linken – zu wenig reflektiertes Thema ist. Diese Leerstelle im linken Diskurs wollten wir füllen. Schließlich ist unser heutiges Verhältnis zu „den Tieren“ massiv von Gewalt und Herrschaft geprägt. Wir verstehen uns also ausdrücklich als Teil einer großen emanzipativen Bewegung, die das Ziel verfolgt, alle Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse zu überwinden. Umso überraschter waren wir, dass gerade aus der linken Ecke Kritik und Anfeindungen gegenüber dem Thema „Tierrechte“ und unserer Veranstaltungsreihe kamen. Diese wurden insbesondere von einer „Initiative Ivri Lider statt Peter Singer“ in Form eines Flugblattes („Auf den Hund gekommen“), das auch in der Zeitschrift incipito abgedruckt wurde, vorgebracht. Kritik vom bürgerlichen Wohlstandsmenschen waren wir gewöhnt – der lässt sich bekannt­lich ungern den Appetit durch zu viel Nachdenken verderben. Dass nun offensichtlich auch Teile der Linken dieser Ignoranz und Arroganz der Macht verfallen, befremdet uns. Das Problematischste daran erscheint uns, dass diese „Initiative Ivri Lider statt Peter Singer“ zu keinem echten Diskurs bereit war. Die Chance der Veranstaltungsreihe „Life is Life?“ wurde vertan. Während der Vorträge fiel die Initiative mehr durch unqualifizierte Störungen denn durch gezielte, am Thema des Referates orientierte Sach­beiträge auf.

Im Folgenden geht es nun um eine Nachbereitung dieser Kritik. Es wird der Versuch unternommen, eine sachliche und inhaltliche Auseinandersetzung mit den Kritikpunkten der „Initiative Ivri Lider statt Peter Singer“ zu führen. Auf Polemik, Denunziation, Diffamierung und Hetze wurde dabei verzichtet. Damit unterscheidet sich diese Stellungnahme deutlich von dem Flugblatt, das im Wesentlichen aus unfairen, unsachlichen und unwahren Behauptungen besteht. Es ist noch anzumerken, dass viele Kritikpunkte der Initiative von vornherein ins Leere laufen, da keiner der Veranstalter und Referenten von „Life is Life?“ die kritisierten Inhalte vertritt. Besonders gilt das für den unterstellten Peter-Singer-Bezug. Wir lehnen sowohl den Präferenz-Utilitarismus wie auch das Personenverständnis Singers ab und verwerfen auch Singers Ansichten zur Euthanasie. Tierrechtler brauchen Peter Singer nicht für die theoretische Begründung ihres Engagements. Es gab vor, neben und nach ihm genug Denker und Theoretiker, die wesentlich konsistenter Rechte für Tiere begründet haben. Weil wir die Positionen Singers nicht vertreten, können wir dafür auch nicht verantwortlich gemacht werden. Dasselbe gilt für die Aussagen der Tierrechtsorganisation Peta. Diese verfolgt eine bestimmte Strategie: sie will die Öffentlichkeit mit provokativen Kampagnen aufrütteln. Dabei arbeitet sie mit der fragwürdigen Konstruktion der Prominenten und beweist wenig Tiefe im Denken und Sensibilität. Allzu oft steht wohl die Werbung für die eigene Organisation im Vordergrund. Ihren traurigen Höhepunkt fand dieser Ansatz von Peta in der Kampagne „Der Holocaust auf deinem Teller“, bei der vor allem durch Bilder Parallelen zwischen heutiger Massentierhaltung und Massenschlachtung und dem Holocaust der Nazis hergestellt wurden. Wir lehnen diese Kampagne aus vielfältigen Gründen ab. Vor allem aber verurteilen wir die Instrumentalisierung und Enthistori­sierung des nationalsozialistischen Holocaust. Die Tierausbeutung ist ein Überphänomen unserer Zivilisationsgeschichte, das uns seit Jahrtausenden im Gepäck sitzt. Der Holocaust der Nazis ist ein Verbrechen unvorstellbaren Ausmaßes, das sich in Bezug auf Ideologie, Planung, Durchführung usw. vielfältig unterscheidet von der Massentierhaltung oder auch von heutigen kriegerischen Auseinandersetzungen. Eine Benutzung des Holocaust zur Verdeutlichung einer anderen Grausamkeit ist unseres Erachtens eine gefährliche Enthistorisierung und Relativierung. Aber hier gilt dasselbe wie bei Singer: Wir haben nichts mit Peta und deren Kampagnen zu tun, also können wir dafür auch nicht verantwortlich gemacht werden. Schließlich wurde uns auch unterstellt, wir würden durch einen Vergleich von Frauen- und Tierrechtsbewegung die Frauen herabwürdigen. Die krude Argumentation zu diesem Vorwurf ist im Flugblatt nachzulesen. Die ursprünglich für dieses Thema vorgesehene Referentin Mieke Roscher ist leider kurz vor der Veranstaltungsreihe schwer erkrankt und konnte nicht anreisen. Von ihr liegen aber Veröffentlichungen vor, die den Vorwurf der Herabsetzung von Frauen stichhaltig entkräften. Für sie ist Melanie Bujok aus Bochum eingesprungen, die zu einem ähnlichen Thema referiert hat. Auch hier gab es keine Bereitschaft der KritikerInnen, sich auf das Thema und Anliegen der Feministin und Tierrechtlerin einzulassen. Dies geschah vielleicht aus Gründen der gefühlsmäßigen Aufwallung und Verstrickung in das selbstgemachte Missverständnis. Melanie Bujok, Mieke Roscher, Birgit Mütherich, Carol J. Adams sind die wichtigsten Vertreterinnen der These, dass zwischen der Frauenentrechtung und der Tierentrechtung ein tiefer Zusammenhang besteht. Beide funktionieren durch die soziale Konstruktion des Anderen: die Frau und auch das Tier wurden und werden zur dumpfen und triebhaften Sphäre der Natur gezählt, die prinzipiell minderwertiger ist als die moralische und vernünftige Sphäre der Kultur, zu der sich viele Jahrhunderte lang einzig der (weiße) Mann gezählt hat. So wurde jedenfalls in der Geschichte die Verweigerung des Wahlrechts für Frauen begründet. Und so begründen viele Menschen heute die Tieraus­beutung: „Tiere sind doch für uns da.“; oder: „Es sind ja nur Tiere…“ Es geht um das Erkennen eines strukturellen Zusammenhangs von Sexismus, Rassismus und Speziesismus (die Diskriminierung von Tieren aufgrund ihrer anderen Spezieszugehörigkeit). All das kann hier nur angerissen werden. Es liegen viele soziologische, historische und philosophische Publikationen vor (z.B.: Carol J. Adams: The sexual politics of meat). Nun legen wir aber eine gebündelte Argumenta­tions­sammlung vor, die auf das Flugblatt der Initiative antwortet und es entkräftet.

Stichwort Gleichheit

Im Flugblatt wird das vermeintliche Gleichmachen von Menschen und Tieren durch die Veranstalter von „Life is Life?“ kritisiert. Dazu zunächst etwas Grundsätzliches: Wir reden gewöhnlich unreflektiert von „den Menschen“ und „den Tieren“ und grenzen uns Menschen damit sprachlich von den anderen Tieren ab. Mit der Rede von „den Menschen“ und „den Tieren“ wird ein entschiedener und absoluter Trennungsstrich gezogen. Sind Menschen etwa keine Tiere? Zum einen ist an der Redeweise von „den Menschen“ und „den Tieren“ zu kritisieren, dass damit die Unterschiede zwischen Mäusen und Elefanten, Elefanten und Kühen usw. eingeebnet und andererseits die Menschen allein als einzigartig dargestellt werden. „Der Mensch“ wird als Norm gesetzt und alle nichtmenschlichen Tiere gelten als gleich anders als diese menschliche Norm. Zum anderen werden mit dieser Redeweise „Mensch“ und „Tier“ als gegensätzliche, dualistische Kategorien konstruiert und eine Wertehierarchie gesetzt. Angemessener ist unseres Erachtens die Rede von Menschen und nichtmensch­lichen Tieren. Damit wird dem ideologisch abgesicherten und sprachlich institutionalisierten Denken in „Wir“ und „die Anderen“ etwas entgegengesetzt: Ein Denken, das nicht trennend, sondern verbindend ist. Die Differenz zwischen Menschen und nichtmenschlichen Tieren wird damit nicht geleugnet (Ich bin anders als eine Kuh. Aber ich bin auch anders als Du.).

Wir fragen: Welche Bedeutung haben diese Unterschiede für die Frage nach unserem Umgang mit nichtmenschlichen Tieren? Bedeutet Andersartigkeit etwa Minderwertigkeit? Wer bestimmt, wer mehr wert ist? Es muß folgende Tatsache wahrgenommen werden: Wir Menschen gleichen den nichtmenschlichen Tieren in der fundamentalen Tatsache, dass wir an unserem Leben hängen, dass wir das Leben in Freude, Leid, Glück, Schmerz, Wohlergehen und sozialen Bezügen erleben. Wir alle sind – und zwar ungeachtet der Spezies – Individuen: „Jemand“ nicht „Etwas“. „Wir können wissen, dass es für sie (sc. die nichtmenschlichen Tiere) von Bedeutung ist, dass wir aufhören, sie zu definieren und zu benutzen (Carol J. Adams).“

Die Andersartigkeit oder Minderbefähigung eines Individuums rechtfertigt nicht seine Unterdrückung und Ausbeutung!

Stichwort Speziesismus

Die Initiative kritisiert weiter: Antispeziesismus sei „eine doppelte Moral, weil Menschen auf die Milchkuh verzichten, der Löwe aber weiter ungestraft am Schenkel der Antilope nagen darf.“ Dazu folgendes: Der Unterschied zwischen dem Menschen und dem Löwen ist der, dass sich der Mensch frei für eine von mehreren Handlungsoptionen entscheiden kann. Er unterliegt nicht in demselben Maße dem Naturzwang wie nichtmenschliche Tiere. Deshalb ist das Essen der Antilope durch den Löwen etwas anderes als die Ausbeutung der Milchkuh: Das eine ist eine nicht beeinflußbare Notwendigkeit, das andere eine vermeidbare Diskriminierung. Die Ausnutzung der Milchkuh ist weder überlebensnotwendig noch überhaupt nötig. Sie geht aber einher mit massiven Eingriffen in das Leben und Ergehen der Kuh und ihres Kalbes. Das Essen von tierlichen Individuen und/oder ihrer Produkte von uns Menschen bedeutet unnötige Anwendung von Gewalt, Entrechtung und Herrschaft. Der Speziesismus ist eine Ideologie, die nichtmenschliche Tiere instrumentalisiert und zu Opfern menschlicher Nutzungsinteressen macht. Der Speziesismus ist pure Herrschaft des Menschen über nichtmenschliche Tiere.

Stichwort Tierrechte

Die Initiative unterstellt Tierrechtlern einen juristischen Rechtsbegriff. Doch Tier­rechtler fordern keine bürgerlichen Rechte für Tiere (Schutz des Privateigentums etc.), sondern elementare Grundrechte wie Integrität der Würde des Tieres, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Tierrechte sind eine Analogie zu Menschenrechten. Diese sind universal und allgemein gültig, auch wenn sie viele Staaten und juristische Systeme missachten. Kampf für Tierrechte ist ein Stellvertreterkampf. Es braucht aber auch in vielen Fällen von Menschen­rechts­verletzungen „Stellvertreter“, die als Lobby der Entrechteten für die Einhaltung der universalen Menschenrechte kämpfen. Auch wenn es die Speziesisten gerne so hätten: Nichtmenschliche Tiere sind nicht stumm, sondern stumm gemacht worden. Tierrechtler nehmen die Lebens- und Leidensrealität der unterdrückten tierlichen Individuen wahr und wirken dahingehend, dass ihre Stimmen nicht länger ignoriert werden.

Stichwort Kritische Theorie

Schließlich will die Initiative nicht glauben, dass die Kritische Theorie der Frankfurter Schule etwas für die Befreiung der Tiere beitragen kann. Hierüber kann man streiten. Susann Witt-Stahl, Moshe Zuckermann, Birgit Mütherich und andere ausgewiesene Kenner der Frankfurter Schule sehen aber Elemente in der Kritischen Theorie bereit liegen, die auch anwendbar sind auf den Prozess der Befreiung der Tiere. Ein solches Element ist das „Wolkenkratzergleichnis“ Horkheimers. In diesem bezieht er als einer der ersten Intellektuellen die nichtmenschlichen Tiere als unterdrückte und versklavte Entrechtete in die Herrschaftskritik mit ein. Horkheimer stellt die moderne Gesellschaft als ein Gebäude dar, dessen Keller ein Schlachthof und dessen Dach eine Kathedrale ist. Die „Herren der Welt“ genießen „aus den Fenstern der oberen Stockwerke eine schöne Aussicht auf den gestirnten Himmel.“ Darunter wohnen komfortabel die politischen Handlanger, die Militärs, die Bildungseliten. Je tiefer der Blick sich aber senkt hinab zum Fundament, desto deutlicher wird, dass der Wolkenkratzer tatsächlich ein Haus der Folter und des Massenelends ist, für dessen obere Stockwerke „millionenweise die Kulis der Erde krepieren“. Ganz unten steht die „Tierhölle“, in der den Individuen nichts anderes bleibt als „der Schweiß, das Blut, die Verzweiflung“.

Das Verhältnis von Mensch und Tier ist ein despotisches Herrschaftsverhältnis. Hier wird am gründlichsten Aufspaltung, Verding­lichung und Hierarchisierung praktiziert. Außerdem macht Witt-Stahl darauf aufmerksam, dass die Frankfurter Schule in der Leidensfähigkeit die Schnittstelle zwischen Subjekt und Objekt sieht: Das Leiden übergreift die Speziesgrenze und verbindet Mensch und nichtmenschliches Tier.

Eine weitere Ausblendung der Tiere aus der Herrschaftskritik würde heißen, an der Aufrechterhaltung von Herrschaftsmecha­nismen aktiv weiter beteiligt zu sein.

Stichwort Leiden

Die Initiative schreibt zum Schluss: „Dass Lebewesen, die ‚Freude und Glück empfinden’ kein Leid widerfahren solle, ist nichts weiter als ein moralisches Postulat.“ Doch fragen wir: Was ist am Leid der nichtmenschlichen Tiere anders als am Leid der Menschen? Leiden ist Leiden und Gewalt ist Gewalt. Tierrechtlern geht es nicht um irgendeine Ethik, sondern um Ideologiekritik. Es ist der Speziesismus, der uns glauben macht, dass nichtmenschliche Tiere etwas ganz anderes und minderwertiges seien. Es ist der Speziesismus, der tierliche Individuen in die Sklavenrolle zwingt, ihren Willen auslöscht und sie benutzt.

Das ganze Flugblatt der Initiative atmet diesen Geist des Speziesismus – die Degradierung der Tiere und ihr Opferstatus gilt als selbstverständlich und legitim. Tierrechtler erinnern dagegen an die nichtmenschlichen Tiere als Subjekte, sind solidarisch mit ihnen und bekämpfen die institutionalisierte speziesistische Gewalt gegen sie. Und diese beginnt wie so vieles im Denken.

Um das speziesistische Denken zu verändern, initiierten wir die Veranstaltungsreihe „Life is Life?“. Leider trägt die Verbannung der Schlachthöfe und Mastfabriken aus unserem Sichtfeld dazu bei, dass wir auch die Frage nach den Rechten der Tiere aus unseren Diskursen verbannen. Vielleicht befördert diese Debatte um „Life is Life?“ ein weitergehendes Nachdenken mit dieser Frage. Wir versuchen jedenfalls weiter, solidarisch mit nichtmenschlichen Tieren zu sein und an dem eingefleischten Denken zu rütteln, das Tiere zu restlos rechtlosen Nutzungsobjekten verurteilt.

Wer über den persönlichen Ausstieg aus der Tieraus­beu­tung aktiv für Tierrechte werden möchte, schaue unter www.aa-o.de

Macht Gemeinsam Freiheit

Michail Bakunins Begriff von Freiheit

Im Folgenden soll anhand der politischen Philosophie des Anarchisten Michael Bakunin (1814-1876) eine andere Sichtweise auf Freiheit untersucht werden. Dabei soll es nicht primär darum gehen, Bakunins Freiheitsbegriff auf seine systematische Wasserdichte zu untersuchen um dessen theoretischen Gehalt zu prüfen, sondern dieser Text soll nur einige Punkte seines politischen Denkens betrachten, auf der Suche nach dem Brauchbaren. Es soll auch nicht auf die vielen Widersprüchlichkeiten in Theorie und Praxis des politischen Daseins Michail Bakunins eingegangen werden, als vielmehr anhand seines Hauptwerkes „Gott und der Staat“ seine Vorstellung von Freiheit im Mittelpunkt stehen. Bakunin selber verbrachte fast sein ganzes Leben als „Berufsrevolutionär“ auf den Barrikaden der zahlreichen Revolten Europas im 19. Jahrhundert. Gab es gerade keinen Aufstand, widmete er sich dem Schreiben politischer Schriften, die oft auch Erfahrungsberichte seiner politischen Praxis waren. Die ersten Manuskripte zu „Gott und der Stadt“ erschienen 1871. Freiheit galt für Bakunin durch alle Widersprüchlichkeiten seines politischen Schaffens hindurch als zentrale Kategorie seiner Überzeugung.

Freiheit ist der wohl bewegendste po­li­tische Be­griff der Moderne. Wenn heute aber auf der politischen Bühne über mehr Freiheit für den Bürger la­mentiert wird, heißt das in der ge­sellschaftlichen Praxis für viele Men­schen in erster Linie Abbau von (so­zialer) Sicherheit, Stagnation, Rückschritt oder Ohn­macht. Mit­unter zu Recht wird geklagt, dass diese prophetisch versprochene Frei­heit nur ein paar wenigen Menschen zu­gute kommt. Denn diese propa­gierte Freiheit kann nicht verhüllen, was sie ist: Einschränkung der ei­genen Möglichkeiten, ein Mehr von Macht für eine Minderheit. Sicher­heit steht der Freiheit für alle dia­metral ge­genüber. Das Eine scheint nur unter Ver­zicht des Anderen greif­bar. Wenn die Ei­n­en laut zur öko­­­nomischen Libe­­ral­i­sierung auf­rufen, um end­lich Freiheit zu er­­rei­chen, schreien die anderen nach Vater Staat, der einen Garant ihrer Frei­heit dar­stel­len soll. Und umgekehrt. Gan­ze Par­teien repräsentieren die eine oder die andere Seite, oder be­haupten es zumindest, und schwim­men damit hin und her zwischen Frei­heit und Macht.

Was aber kann mensch unter Freiheit verstehen und wodurch ist sie bedingt. Heißt Frei­heit nur Freiheit der Wahl, dann ist sie be­grenzt durch die Anzahl ihrer Wahlmög­lichkeiten. Geht Freiheit aber nicht über die Grenze schlichter Wahlmöglichkeit hinaus und be­deutet sie nicht auch Selbst­ver­wirklichung?

Gott als Produkt der Einbildung

Der Mensch folgt in der Theorie von Bakunin einem Entwicklungsgang hin zur Freiheit. Freiheit versteht er dabei als die Höchste Seinsstufe menschlichen Strebens. Stück für Stück emanzipiert sich der Mensch von seiner tierischen Herkunft – von seiner „Animalität“. Zwei wesentliche Eigenschaften bilden den Motor dieser Bewegung hin zur Freiheit: Das Denken und die Empörung. Jede Art von mensch­­­licher Ent­wick­lung – somit auch und vor allem die Geschichte der Men­schheit – ist Resultat dieses Antriebs, denn der Men­sch „begann seine eigene Geschichte mit einem Akt des Ungehorsams und der Erkenntnis, das heißt mit der Empörung und des Denkens.“* Insoweit er sich zur Freiheit bewegt, kann der Mensch die Individualität leben, zu der er neigt. Indi­vidualität ist also Grundbestandteil men­schlicher Freiheit, denn „kol­lekt­ive Freiheit“ existiert nur „wenn sie die Summe der Freiheit und des Wohl­befindens der Individuen“ (S. 62) darstellt. Der gestärkte Einzelne ist Bestandteil einer humanistischen Gemeinschaft.

Bakunin verortet sich selbst überzeugt als Vertreter des Material­is­mus. Das ideologische Feinbild sieht er wie selbstverständlich auf der Gegenseite: dem Idealismus. Seine ganze Theorie neigt zu dieser dichotomen Weltsicht, die sich stark vereinfacht auf die Formel bringen lässt: Materialismus gleich Freiheit, Idealismus gleich Unterdrückung. Besonders in seiner Herrschafts- und Ideolo­giekritik führt er seine materialistische Denk­weise als Mittel ins Feld, um gegen „falsche Einbildung“ vorzugehen. Unter den Be­griff Materialismus versteht er die Philosophie, die das Sein von der Materie ableitet, das heißt allein die Stofflichkeit bildet und formt die Wirklichkeit. Er lässt nur das materiell Erfahrbare als Grundlage aller Erkenntnis gelten. Die Abwert­ung des Stofflichen im philo­so­phischen Denken der Idealisten und das Hervorheben abstrakter Ideen als Ursache des Ganzen, führe, Bakunin zufolge, unweigerlich zur Einbild­ung von Gott. Indem aber nur die (Gottes-)Idee als wahr gelten darf, wird das, was wirklich empirisch sachlich nachweisbar ist, zur bloßen Einbildung und das Eingebildetete zum einzig Wahren.

Gott ist nicht empirisch nachweisbar und so nach wissenschaftlichen Maßstäben nicht existent. Glaube entsteht als solcher für Bakunin aus ideo­logischer Indoktrinierung zum Zwecke der Herrschaftssicherung, sowie aus Flucht aus der wirklich wahrnehmbaren, kalten sozialen Umwelt. Die Verabsolutierung der Idee stellt diese über die Wirklichkeit und beginnt das Humanum nur zu verwalten, nicht die Inhalte an den konkreten Verhältnissen zu mes­sen.

Denn wenn Gott existiert, ist er notwendigerweise der ewig höchste, absolute Herr, und wenn ein solcher Herr da ist, dann ist der Mensch der Sklave; wenn er aber Sklave ist, sind für ihn weder Gerechtigkeit noch Gleichheit, Brüderlichkeit, Wohlfahrt möglich“. (S. 125)

Bakunin zufolge produziert das Prinzip der idea­­listischen Logik, egal in welcher spezifischen Ausprägung es sich zeigt, automatisch eine Herr­schaftskonstellation. Die ab­strakte Idealisierung steht aus­nahmslos im Widerspruch zur Freiheit. Die Bedingung der Mög­lichkeit von Freiheit ist demnach die Einsicht in die Abschaffung aller abstrakten Prinzipien. Damit kann Freiheit nur vom material­istischen Standpunkt her Wirk­lichkeit werden. Freiheit aus ideal­istischer Sicht, versteht Bakunin als pure Metaphysik, fernab jeglicher realistischen Verwirklichung. Der idealistische Standpunkt muss abstrakt bleiben, weil ihm die Ein­sicht in die materiellen Geg­ebenheiten des Menschen fehlt, deswegen kann er die Voraussetzung der wirklichen Freiheit gar nicht entdecken. Bakunin versucht, Freiheit als etwas rein Konkretes zu fassen, was sich verwirklichen kann, dabei aber keine bloß abstrakte Idee ist. Die Idee Gott verklärt die Wirk­lichkeit, so könnte man mit Ba­kunin theoretisch sagen. Oder historisch:

Auch im Zuge der bürgerlichen Revolution und der damit ein­hergehenden Säkularisierung wurde sich nur von der Institution Kirche emanzipiert, nicht von deren ideal­is­tischen Selbstverständnis. Herr­schaft überdauerte so die Frei­heitsstürme in der Konstruktion des bürgerlichen säkularen Staates. Als Verwalter der idealistisch ver­stande­nen Freiheit wird der Staat in der Moderne zur religiös tradierten Instanz gottähnlicher Herrschaft – das erklärt zu­mindest seine Aus­uferung.

Bürgerliche Staatsideologie

Herrschaft, resultierend aus dem göttlichen Prinzip, reproduziert sich auch im liberalen Staatsmodell. Zwar auf andere Weise, diesmal unter dem Banner der Freiheit, aber nur als verabsolutierte Idee, die verwaltet wird. Liberalismus ist im bakuninschen Verständnis eine Art politisierter Idealismus. Er kritisiert, dass liberalistisch ver­standene Freiheit nur im In­dividuum möglich ist und selbiges stellt auch die Grenze dieser Freiheit dar. Eigentum und die Reduzierung menschlicher Assoziation auf die Kleinfamilie sind Grundpfeiler dieses Verständ­nisses. Der Staat soll die liberale Freiheit schützen und wird dadurch zum Tyrann.

Sie nennen sich Liberale, weil sie die persönliche Freiheit als Grund­lage und Ausgangspunkt ihrer Theorie nehmen, und gerade weil sie diesen Ausgangspunkt oder diese Grundlage haben, müssen sie infolge einer verhängnisvollen Konsequenz, bei der Anerkennung des absoluten Rechts des Staates ankommen“. (S. 126)

Der Ausgangspunkt, Freiheit als angeborene Idee zu betrachten, bleibt für Bakunin in idealistischen Mauern gefangen und kann sich nicht verwirklichen. Freiheit klebt durch ihren göttlichen Ursprung so fest am Individuum, dass dieses nicht Grundlage ihrer Verwirk­lichung, sondern ihr Gefängnis darstellt. Das macht die liberale Freiheit nur außerhalb einer Ge­sellschaft möglich; die einzelnen Ideale stoßen sich nur gegenseitig ab. Daher die Trennung von Freizeit und Arbeit, Öffentlichem und Privatem. Das freie Individuum ist sich Selbst das Nächste. Die Ver­einzelung gerinnt zur Tugend. Gesellschaft muss staatlich verwaltet werden. Solche Freiheit führt zum Staat und nicht andersherum.

Jedes [Individuum] mit einer unsterblichen Seele und einer Freiheit oder einem freien Willen, die ihnen nicht genommen werden kann, absolute und als solche in sich und durch sich selbst vollkommene Wesen, die sich selbst genügen und niemanden nötig haben.“ (S. 129)

Freiheit wird als höchstes Ideal postuliert, zerbricht aber an der materiellen Wirklichkeit und wird zur ab­soluten Herrschaft. Bakunin liest die Entwicklung des modernen Staates als zynische Folge eines idealistischen bzw. idealisierten Freiheitsver­ständnisses.

Deswegen versucht er Freiheit ma­terialistisch zu fassen. Als Produkt einer mat­eriellen Welt und nicht als unabhängige Größe. In dieser Lesart beginnt der liberal-bürgerliche Grundfehler schon in dem Ver­ständnis, Freiheit außerhalb ge­sellschaftlicher Organisation zu verorten und nur im Individuum zuzulassen. Freiheit ende dort, wo die Freiheit des anderen beginne – so das Credo. Solche Freiheit versteht das andere Individuum per se als Einschränkung der eigenen Möglichkeiten. Bakunins Verständ­nis von Freiheit fängt jedoch dort erst an, wo die Bürgerlichkeit aufgibt – beim Anderen. Er hält dem Bürger entgegen, dass Freiheit nur durch den anderen wirklich ge­schaffen werden kann, sich also durch Gesellschaft konstituiert und nicht durch sie beschnitten wird.

Da er die Menschwerdung als materielle Entwicklung zur Freiheit begreift, schließen sich für ihn ewige Ideen als Voraussetzung aus. Der Mensch wird also nicht frei geboren, sondern gelangt erst zur Freiheit vermittelt durch die Ge­sellschaft. Der Mensch hat seine Freiheit nicht von oder durch Geburt und nur für sich, sondern gerade durch und in Geselligkeit mit Anderen, das ist Bakunins Punkt.

Durch Gesellschaft zur Freiheit

Zunächst kann er weder dieses Bewusstsein noch diese Freiheit haben; er kommt in die Welt als wildes Tier und als Sklave, und nur im Schoße der Gesellschaft, die notwendig vor der Entstehung seines Denkens, seiner Sprache und seines Willens da ist, wird er fortschreitend Mensch und frei.“ (S. 131)

Der ideale Mensch genügt sich selbst und hat als logische Folge die Vereinzelung, er ist a-sozial. Als Miteinander kennt er nur den Kampf Aller gegen Aller, die der Staat zentral organisiert. Kollektivität ist dagegen gar nicht als Beschneidung des Individuums zu verstehen, wie so oft naiv oder diffamierend über sie geurteilt wird. Im Gegenteil ist sie die notwendige Voraussetzung, um überhaupt frei sein zu können. Individuelle Frei­heit und Indi­viduum werden durch gesell­schaft­liche Kollektivität erst gesetzt. „Der isolierte Mensch kann kein Bewußt­sein seiner Freiheit haben“. (S. 131)

Das Bewusstsein zur Freiheit des Men­schen entsteht aus einer frei­heit­lichen gesellschaftlichen Ausgangs­lage, denn wenn sich Freiheit durch den anderen konstituiert, muss der Einzelne „von allen ihn umgebenen Men­­­­schen als frei anerkannt wer­den“ (S. 132). Das gilt auch im Gegenzug, für das Individuum. Auch das Individuum vermittelt Freiheit, denn „nur solange ich die Freiheit, und das Menschentum aller Men­schen, die mich umgeben, an­erkenne, bin ich selbst Mensch und frei“ (S. 132). Seine Freiheit behauptet sich im Zusammenspiel zwischen Indivi­duum und Kollektivität. Freiheit hat sozialen Charakter.

Das Primat der Gesellschaft als Mittler der Individuation des Einzelnen beinhaltet gleichzeitig seine negative Komponente: Da Gesellschaft für das Individuum eine Art zweite Natur darstellt, kann sich der Einzelne der falsch eingericht­eten Gesellschaft, d.h. gegen eine Gesellschaft basierend auf dem Herrschaftsprinzip, kaum entziehen. Die Empörung gegen die Ge­ssellschaft ähnelt damit dem Aufbegehren gegen die Naturgesetze. Damit wäre jedoch jede Hoffnung auf Emanzipation hin zur Freiheit aus der unfreien Gesellschaft zum Scheitern verurteilt. Frustration und Pessimismus wären die Folge. Und gerade dieser Punkt macht den Gang zur Freiheit für Bakunin auch so schwierig und markiert auch die Grenzen seiner naiv optimistischen Position des sicheren Ganges zur Freiheit. Deshalb versucht er, das Ganze dynamisch zu denken, als Rebellion. Freiheit be­zeichnet Bakunin auch als „ne­ga­tiv“, als Empörung des men­schlichen Individuums gegen „jede göttliche und menschliche, gegen jede kollektive und individuelle Autorität“. (S. 133)

Empörung gegen die subtile Macht einer falsch ein­gerichteten Gesellschaft, bleibt jedoch schwierig, denn Bewusstsein zur Freiheit entsteht nach Bakunins strenger materialistischer Sichtweise nur aus den richtigen materiellen Gegebenheiten heraus. Der Mensch wäre determiniert durch die Ge­sellschaft.

Es zeigt sich die Grenze Bakunins naiv materialistischer Theorie. Auch Empörung als Trieb­feder des Men­schen zur Freiheit zu bescheinigen und Bakunins Glauben in ein positiven Entwicklung­sgang des Menschen, bleiben am Ende eben auch nur ein Glaube, dessen Begründung an vielen Stellen nicht befriedigt. Er führt zwar an, dass die Ver­ding­lichung der falschen Ge­sellschaft als staatliche Macht auftritt und dadurch ihre Gewalt deutlich zu spüren sei. Damit gehe ein Auf­begehren gegen den Staat mit dem Aufbe­gehren gegen die Macht der falsch eingerichteten Gesellschaft einher. Doch den Staat als Voraussetzung seiner Abschaffung zu bezeichnen, reicht nicht aus.

Darin liegt zwar eine große Schwäche, aber immerhin begeht Bakunin nicht den Fehler, Gesellschaft und Staat in eins zu setzen. Gerade dies wurde im 20. Jahrhunder immer wieder getan. Nicht dass man Gesellschaftliches mit Staatlichem verwechselt hätte, sondern gerade umgekehrt wurden staatliche Maßnahmen zunehmend als ge­sell­schaftliches Tun verklärt. Aber mit Bakunin und über ihn hinaus kann der Staat stets bestenfalls Mittel selbstverwirklichter Freiheit sein, nicht ihr Zweck. Die freie Ge­sellschaft weist dementsprechend immer über Staat hinaus.

Und hier hat auch Bakunins Kon­zeption von Freiheit ihr Ge­wicht: Eine Freiheit, die sich erst in und durch kollektive Praxis verwirklicht. Eine Freiheit, die über das In­dividuum hinausgeht, um es zu retten. Erst durch eine kollek­tive Praxis ist es möglich Räume der Freiheit zu schaffen, selbst wenn sie erst einmal nur marginal entwickelt werden können. Freiheit muss als Prozess verstanden wer­den, der nicht passiv vorhanden ist, oder wie ein Rechts­titel an uns klebt, son­dern aus einer Tä­tig­­keit entspringt, aus dem In- und Durch­einander men­schlichen Handelns. Und das nicht allein, sondern zu­sammen. Eine Frei­­heit, die durch das Kollektiv das Individuum stark und frei macht, ist auch in der Lage, gegen eine gesellschaftliche Übermacht hand­lungsfähig zu bleiben. Nie­mand ist alleine in der Lage, seine individuelle Freiheit gegen ge­sellschaftliche Repression zu erhalten, gerade wenn diese systematisch und totalitär auftritt. Erst als Kollektiv können Räume erschlossen und vernetzt werden. Macht, die Freiheit unterdrückt, ist nur Gemeinsam zu bewältigen; das vereinzelte Indi­viduum bleibt immer ohnmächtig.

karotte

Der Prekarität den Krieg erklärt

Kündigungsschutz & Unruhe in Frankreich

Die DGB-Gewerkschaften scheinen unter der Großen Koalition aus ihrem Dornrös­chen­­schlaf erwacht, denn seit Anfang des Jahres machen sie mit mehreren Streiks wie­der von sich reden. Vor diesem Hintergrund drohte DGB-Chef Sommer Ende März mit „französischen Zuständen“, falls CDU & SPD ihre Pläne zur Ausweitung der „Wartezeit“ auf 24 Monate umsetzen.

Unter dem Motto „Kündigungsschutz wei­ter­­entwickeln“ soll das Kündigungs­schutz­gesetz für Neu-Eingestellte erst nach zwei, statt bisher einem halben Jahr wirksam werden. In dieser „Wartezeit“ wäre bei einer Kün­­digung keine Begründung anzugeben, womit der Rechtsweg für Entlassene erheb­lich steiniger wird. Gleichzeitig sollen „grundlos befristete Arbeitsverträge“ abgeschafft werden. Von der Ausweitung der kündigungsschutz-freien Zone erhoffen sich die Regierungsparteien angeblich vermehrte Einstellungen in unbefristeten Arbeitsverhältnissen.

Ganz ähnlich reden und handeln die Vertreter der französischen Regierungspartei UMP: Der jüngste Streich war die Verabschiedung des „Ersteinstellungsvertrags“ (CPE) Anfang März 2006, demzufolge Jugendliche bis 26 Jahre in den ersten zwei Beschäf­tigungs­jahren ohne Begründung gefeuert werden können. Offiziell nennt man das „Periode der Konsolidierung des Beschäftig­ten­verhältnisses“, während der keine Sozial­abgaben erhoben werden. Damit wolle die konservative Regierung der bei 40 Prozent liegenden Jugendarbeitslosigkeit begegnen und also auch auf die Vorstadt-Riots vom November 2005 reagieren.

Angesichts der erstaunlichen Parallelen zwischen politischen Projekten verschiedener europäischer Staaten (ähnliche Vorhaben soll es neben Deutschland auch in Schweden, Spanien und den Niederlanden geben), bescheinigte Sommer (DGB) der Bewegung jen­seits des Rheins eine „große Signal­­wirkung“. Immerhin hatte es bereits Anfang Februar, vier Wochen nach der Präsentation des Gesetzesvorhabens erste Proteste gegeben: Ausgehend von Studieren­den­gewerkschaften und Basisstruk­turen (sog. Coordinations) an den Unis in Rennes und Poitiers, waren am 7. Februar 2006 landesweit 400.000 Menschen gegen den CPE auf die Straße gegangen.

Die anarchosyndikalistische CNT bezeichnete das Ausmaß der Mobilisierung, die unabhängig von den großen „repräsentativen Gewerkschaften“ zustande gekommen war, als ersten Etappensieg. Diese Einschätzung sollte sich in den folgenden Wochen bewahrheiten: Vollversammlungen von Studierenden rufen in Westfrankreich erste Streiks aus, Ende Februar erfasst die Bewegung auch Paris und andere Landesteile, und am ersten Diens­tag im März vereint die Opposition zum CPE bereits mehr als 700.000 Demon­stran­tIn­nen. (Umfragen zufolge lehnen zwei Drittel der französischen Bevölkerung den CPE ab.) Den Pariser Demo-Zug vom 7.3. führten SchülerInnen und Studierende an, gefolgt von verschiedensten Gewerkschaften, ganz hinten liefen die politischen Parteien – begleitet wurde dieser zweite Aktionstag von Streiks im öffentlichen Dienst. Am Tag darauf, an dem die Gesetzesvorlage nachts im Parlament von 76 anwesenden der insgesamt 577 Deputierten verabschiedet wurde, blockierten Studierende den Verkehr vor der Nationalversammlung und besetzten anschließend die traditionsreiche Pariser Elite-Uni Sorbonne. Während die ‚großen‘ Gewerkschaften nun angesichts eines demokratisch legitimierten Gesetzes zögern, halten Studierende 20 von 84 Unis besetzt; aus Furcht vor Auseinandersetzungen sind 25 weitere Hochschulen geschlossen und immer mehr Rektoren fordern den Rückzug des „Ersteinstellungsvertrags“; auch 300 Schulen sind von den Ereignissen betroffen.

Dabei beschränken sich die Jugendlichen nicht auf ‚ihre‘ Einrichtungen, sondern bloc­kieren auch immer wieder Zufahrts­­straßen, Bahnhöfe und Parteibüros der UMP. Mitte März nimmt die Mobilisierung noch zu und findet infolge der gewaltsamen Räumung der Sorbonne am 11.3. auch in deutschen Mainstream-Medien erstmals Erwähnung. Premierminister de Villepin zeigt sich indes nicht zu Zugeständnissen bereit und facht damit den Unmut auf der Straße weiter an: am Dienstag und Donnerstag gehen je eine halbe Million Leute auf die Straße, die Gewerkschaften können sich im­mer­hin zu einem Aktionstag am Wochenende (18.3.) entschließen, an dem 1,5 Millionen teilnehmen. In dieser Situation stellen sie der Regierung ein 48-stündiges Ultimatum, das Gesetz zurückzuziehen – diese lehnt eine „Kapitulation vor den Gewerkschaften“ allerdings ab. So rufen die Gewerkschaften zu einem ersten Aktionstag unter der Woche (Diens­tag, den 28. März) auf, zu dem die Coordinations schon lange gedrängt hatten: dieser wurde von drei Mio. Demonstranten befolgt, der Schwerpunkt der Streikbewegungen lag im Öffentlichen Dienst mit Beteiligungen zwischen 33 und 66 Prozent (Schu­le­n­, Bahn, ÖPNV Paris, Radio, etc), es erschienen auch keine Zeitungen und die Privat­­wirtschaft wurde durch Verkehrsprobleme getroffen.

Die unabhängigen Coordinations sind die treibende Kraft der Bewegung: zum einen setzen sie immer wieder Aktionstage unter der Woche an, denen sich die Gewerkschaften anschließen, um ihr Image nicht zu beschädigen; zum anderen geht es der Basis längst nicht nur um den CPE, sondern um das gesamte Gesetzespaket „für Chancengleichheit“ und einen bereits im August 2005 verordneten weiteren Sondervertrag. Der sog. „Neubeschäftigungsvertrag“ (CNE) stieß seinerzeit auf keinerlei Gegenwehr der Gewerkschaften, obwohl der CNE gänzlich dem CPE entspricht, nur auf einem anderem Feld: Mittels CNE können Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten neue Arbeitsverträge mit zwei Jahren Probezeit abschließen und sind in diesen Fällen von Sozialversicherungsabgaben befreit. In solchen Kleinbetrieben arbeiten gut ein Drittel aller Lohnabhängigen in Frankreich; binnen sechs Monaten wurden bereits 350.000 CNE abgeschlossen, wobei CNE-Kündigungen nicht registriert werden.

Hier nimmt es der DGB-Vorsitzende also nicht so genau bei der Analyse der Situation (23.3.): „In Frankreich soll das nur für Berufsanfänger [CPE] gelten, in Deutschland für alle Beschäftigungsverhältnisse.“ Das ist nachvollziehbar, beschränken sich doch auch die Gewerkschaftsspitzen in Frankreich auf die Opposition gegen den CPE. Den Ge­werk­schaften scheint Mitte April das Comeback in der politischen Arena gelungen: Nachdem Präsident Chirac am 31.3. den CPE bis zur Abänderung zentraler Punkte (Dauer ein Jahr, Begründungszwang) suspendierte , sollen erneut Verhandlungen mit den Gewerk­­schaften beginnen. Bereits der Generalstreik am 4.4. war in Paris zur Siegesfeier der Bevölkerung und zum „schwarzen Dienstag“ der Regierung geraten – der Kapi­tal­verband MEDEF räumte nun ein, die „CPE-Krise“ betreffe bereits die Wirtschaft.

Die Anti-CPE/CNE-Proteste sind aller­dings nur die vorläufig letzte Woge der Unzu­frie­den­heit: Genau ein Jahr zuvor waren die SchülerInnen gegen eine Schulreform über Wochen hinweg auf die Straße gegangen und hatten u.a. Schulen besetzt (vgl. Feierabend! #18). Nach dem verlorenen EU-Verfassungsreferendum im Juni musste die Regierung Raffarin zurücktreten, und im November ‘05 brannten über Wo­chen hinweg die Vorstädte. Eigentlich aber sehen sich die französischen Regierungen seit 1994 mindestens einmal im Jahr mit einer großen gesellschaftlichen Mobili­sie­­rung gegen das eine oder andere Reformprojekt konfrontiert.

All diesen sozialen Bewegungen ist gemein, dass sie sich schnell landesweit ausbreiten, und zwar spontan und unvorher­sehbar. Bisher haben es die etablierten politischen & gewerkschaftlichen Organisationen noch verstanden, diese Unru­he zu kanalisieren und zu nutzen – mit Blick auf die Präsident­schafts­wahl 2007 kocht die gesamte politische Linke schon ihr Süppchen auf dem Feuer der Bewegung; die reprä­sen­tativ anerkannten Gewerkschaften werden ihr Spitzenabkommen auf den CPE beschränken und die Basisgewerkschaften wie ihre eigene Basis wie­der marginalisieren können. Die französischen Autoritäten – d.h. Regierung, Parlament, Verfassungsrat, Präsident, und auch der Erzbischof von Lyon – sind nicht prinzipiell gegen das CPE/CNE-Projekt; vielmehr bedauern sie, dass „die ganze Angelegenheit schlecht eingefädelt worden sei“ und befürworten einen taktischen Rückzug, der am 10.4. vollzogen wurde. (Derweil fürchten UMP-Mitglieder schon, „den Anar­chisten und Studenten zu viele Zugeständnisse zu machen“.)

Die weitere Entwicklung wird jedoch entscheidend davon abhängen, ob die Studenten/Schüler-Bewegung in bzw. nach den Osterferien wieder zusammenfindet und ob die Streiks weitergeführt werden, ob also die „unproduktive Unruhe“ (die das Manager-Magazin auch für die BRD befürchtet) anhält und die Regierung zu weiteren Zugeständnissen (zur Rücknahme des CNE) zwingen kann. In der Bewegung der letzten Wochen haben tausende junge Menschen (oft erste) Erfahrungen mit Selbstorgani­sa­tion und direkter Aktion gesammelt, haben gelernt, dass Demonstrationen allein nichts nützen, um sich gegen eine Regierung durchzusetzen. Die „kämpferische Regierung“ der Konservativen indes wurde in ihrer Legitimität erneut geschwächt, da sie zum 3. Mal binnen eines Jahres zu offener Repression (Knüppel, Tränengas, 3.700 Gewahrsamnah­men) gegen eine Jugend aus unterschiedlich­sten Milieus Zuflucht nehmen musste – man richtete sogar eigens Schnellverfahren ein, so dass nach der Schülerbewegung vom Frühjahr 2005 und der Banlieue-Aufständen vom Herbst 2005 wohl auch auf die jüngste Bewe­gung eine Reihe von Straf-Prozessen folgen wird. Bemerkenswert ist zudem, dass die Regierung nun zum 2. Mal ein verab­schie­detes Gesetz nicht umsetzen kann, nach­dem sie sich von 2002-2004 gegen den Druck der Straße hatte behaupten können.

A.E.

„VORSICHT, LUKASCHISMUS!“

(K)eine Wahl für Belarus

Wenn es irgendwo in Europa nach Revolte riecht, dann sind die Augen der Kameras und das Ohr der Öffentlichkeit schnell vor Ort. In diesem Fall in Belarus, wo im März tausende Menschen gegen Manipulation und Fälschung der vorangegangenen Präsi­dent­schafts­wahl protestierten. Angefeuert von westlichen Akteuren, die auch vor subversiven Mitteln gegen den amtierenden Präsidenten nicht zurückschreckten, konnte in den Nachrichten eine medienwirksame Demonstration kritischer Opposition zum Lukaschen­ko-Regime gezeigt werden. Schnell kamen Vergleiche mit den Vorgängen in der Ukraine oder Georgien auf, mit einem gebannten Blick darauf, was denn aus diesen mutigen Protestlern für eine „echte“ Demokratie in Bela­rus werden würde. Nun sind die Tage der Proteste auf dem Okto­ber­platz in Minsk erstmal vorbei. Hunderte Teilnehmer und Initiatoren sitzen im Gefängnis*. Alexandr Lukaschenko wurde mit offiziell 82,6% der Wählerstimmen im Amt bestätigt. Vorwürfe der massiven Wahl-Manipulation sind dabei wohl nicht von der Hand zu weisen. Doch die Vorwürfe, die gegen den als „letzten Diktator Europas“ bezeichneten Präsidenten die von verschiedensten Seiten geäußert werden, sind nicht alle so berechtigt, wie hierzulande gern einseitig dargestellt.

Seit zwölf Jahren regiert Lukaschenko nun und hat in dieser Zeit die Verfassung mehrmals zu seinen Gunsten ändern lassen. Laut dieser Verfassung, die 1994 Belarus als „einheitlichen, demokratischen und sozialen“ Staat konstituierte, hätte der Präsident nicht für eine dritte Amtszeit im Jahr 2006 kandidieren dürfen. Doch mithilfe eines 2004 ini­tiierten Referendums ließ er sich vorausschauend von der Bevölkerung mit offiziell rund 80% dafür ermächtigen. Bereits acht Jahre zuvor hatte sich Lukaschenko, ebenfalls durch ein Referendum, mehr Machtbefugnisse für seine Position eingeräumt, womit ihm seitdem umfangreiche legislative Rechte und die Möglichkeit des Erlasses von Sondergesetzen zustehen. Die durch diese Verfassungsänderung auch neu formierte Legislative in Form einer Nationalversammlung ist in ihrer Bedeutung für die Regierung stark zurückgestellt. Durch diese allmähliche Zurechtstutzung der Verfassung, die einer autoritären Restauration gleichkommt, gibt es kaum Chancen, eine Veränderung politisch herbeizuführen. In der jetzigen Nationalversammlung sind ohnehin praktisch keine oppositionellen Kräfte vertreten. Und eine starke, geeinte, fähige Opposition gibt es in Belarus nicht, was verschiedene Gründe hat:

Anders als in den meisten GUS-Ländern gab es in Belarus in den 1990ern keine durchdringende „wilde Privatisierung“ der Staatsbetriebe, wodurch sich eine einflussreiche oppositionelle Oli­garchen­schicht mit direktem Zugang zu den Medien hätte herausbilden können. Rundfunk und Zeitungen sind weitgehend verstaatlicht und freie Medien haben zu schwache Auflagen. Zugang zum Internet, dem noch am wenigsten kontrollierten Medium, ist bisher nur wenigen Weißrussen möglich, auch wenn ihre Zahl steigt. Kundgebungen oder Demonstrationen werden oft nicht genehmigt oder an den Stadtrand verlegt. Teilnehmer illegaler politischer Veranstaltungen werden mit rigoros vorgehenden Sicherheitskräften konfrontiert und mit hohen Geldbußen oder Gefängnis bestraft. Manche Parteien und politische Organisationen werden gleich ganz verboten und es gab auch Fälle prominenter Politiker, die ungeklärt „verschwanden“.

Ein weiteres Problem dagegen betrifft die Opposition selbst. Seit 1994 haben sich mehrere, sowohl westlich orientierte „Modernisten“, die sich liberaldemokratisch und auch nationalistisch präsentieren, sowie die sowjetophilen „Traditionalisten“ in verschiedenen Parteien organisiert. Dabei verfolgen einige Parteien eher einen Zickzackkurs zwischen Auflehnung und Opportunismus. Einen einheitlichen Oppositions-kurs und mehrheitlich akzeptierten Gegenkandidaten gegen Lukaschenko zu finden, blieb auch für die diesjährige Wahl ein großes Problem. Man konnte sich schließlich zwar in einem Bündnis zusammenfinden und einen Kandidaten vorweisen, die Ergebnisse der Wahl fielen dann aber eindeutig aus: Von den insgesamt vier Kandidaten konnte keiner an Lukaschenko auch nur annährend heranreichen. Seitens der Opposition wurde versucht, durch Anfechtung der Wahlergebnisse eine Neuwahl zu veranlassen, um so, ähnlich wie in der Ukraine oder Georgien, einen Machtwechsel durch Mobilisierung der Massen zu erzwingen. Aber die Proteste in der Wahlnacht und den darauf folgenden Tagen zogen nicht so viele Menschen an, wie vonnöten gewesen wären, um unterstützt durch westliche Drohgebärden genügend Druck auszuüben.

Denn auch wenn die Ergebnisse der Wahlen manipuliert wurden – der Präsident genießt einen stabilen Rückhalt in weiten Teilen der weißrussischen Bevölkerung. Es ist anzunehmen, dass er tatsächlich eine absolute Mehrheit der Wähler hinter sich hatte. Eine vom Volk selbst gewählte Präsidialautokratie also? Offenbar gibt es im Lukaschenko-Land, in dem noch 2/3 der Wirtschaft in Staatshand sind, für die Bevölkerung keine ausreichenden Gründe, ihre Situation verändern zu müssen. Einkommen und Renten beispielsweise, werden auf halbwegs befriedigendem Niveau gesichert, die Staatswirtschaft ist relativ stabil und die Landwirtschaft wird gut subventioniert. So genießt der Präsident Popularität vor allem bei den Alten, denen es im Vergleich zur Sowjetzeit sogar etwas besser geht. Viele der älteren Generation trauen den Versprechungen des Westens nicht. Und so stellen sie sich hinter ihren Patronarchen, der sich auch um seinen Nachwuchs kümmert: Perspektivlose oder aufstrebsame Jugendliche aus den ländlichen Gegenden und Kleinstädten werden für den abgesicherten Staatsdienst rekrutiert und somit loyale Regimebefürworter in die großen Städte geholt. Ein zunehmend in Belarus, wie auch in Russland, geschürtes nationalistisches Pathos wirkt zudem für viele identitätsstiftend und damit das System stabilisierend. Sowjetisches Erbe und orthodox-patriarchale Gesellschaftsstrukturen haben sich auf die politische Kultur des Wahlvolks niedergeschlagen. Autoritäts­gehorsam, Neigung zu Konformismus, mangelndes Demokratiebewusstsein und eine nur widerwillige Bereitschaft für wirtschaftliche und politische Reformen haben außerdem zur Popularität von Lukaschenkos Kurs beigetragen.

„ZEIT ORDNUNG ZU SCHAFFEN!“

Doch in Minsk weht den Leuten schon der warme Westwind um die Nase. Vom westlichen Lebensstandard angelockt und durch Massendemonstrationen à la Ukraine ermutigt, wollen auch sie die Vorzüge demokratischer Freiheiten für sich beanspruchen. Da es dabei um elementare Rechte, wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit oder Versammlungsfreiheit geht, welche gerne als Blendwerk kapitalistischer Bestrebungen hochgehalten werden, ist eine Unterstützung der Protestler durch USA und EU gewiss. Schließlich geht es um Sicherheit: Öl- und Gastransite aus Russland, weitere Expan­sions­zonen an den neuen Grenzen der Europäischen Union, strategische Ausweitung des militärischen Einflussbereichs – über­haupt um die Eingliederung in die westliche Familie, wogegen sich Lukaschenko in Orien­tierung auf den großen russischen Bruder wehrt. An einem stabilen, demokratisch und marktwirtschaftlich ausgerichteten Belarus als neuen Nachbarn hätte die EU großes Interesse. Konflikte mit Polen und anderen Staaten stellen ein Sicherheitsrisiko dar, die diplomatischen Beziehungen sind schon länger gestört. Eine gemeinsame EU- Position bezüglich Belarus fehlte aber bisher. Nach der Wahl gab es viel Aufregung und Proteste seitens verschiedener westlicher Politiker und internationaler Organisationen, die mehr Druck auf Lukaschenko fordern bis hin zu wirtschaftlichen Sanktionen. Ob diese Drohkulisse am Ende den oppositionellen Kräften und liberalen Organisationen wirklich nützt, sei dahingestellt. Und Rufe nach einem Einschreiten Russlands wirken auch eher unbeholfen, da die Verbindung zwischen Putin und Lukaschenko zwar nicht auf hohen Sym­pathiewerten beruht, wohl aber auf ähnlichen Interessen.

Ein Kräfteringen also, in dem es keine wirkliche Alternative gibt. Aber es gibt Ansätze kritischer Kultur. Es existiert vor allem in Minsk ein breites Spektrum an politisch, gesellschaftlich und künstlerisch aktiven Gruppen, Initiativen und nicht staatlichen Organisationen, an denen auch viele junge weißrussische Menschen teilhaben. Die Jugendbewegung „Zubr“, der Verband der Jugend-NGO „Rada“ (von staatlicher Seite aufgelöst) beispielsweise oder andere subkulturelle Bewegungen, die sich für eine freie Jugendkultur einsetzen und kritische Literatur, Kunst und Musik hervorbringen. Sie werden meist angeleitet oder unterstützt von ausländischen NGOs und Regierungen und sind schon deshalb ein Dorn im Auge des wachsamen Herrschers. Aber es sind lediglich Ansätze einer engagierten Öffentlichkeit in den städtischen Zentren, deren Unterstützer ständig fürchten müssen, dass ihre Aktivitäten verboten werden und sie ihren Job oder Ausbildungsplatz verlieren. Es ist fraglich, ob große Teile der ländlichen Bevölkerung überhaupt von den Protesten erfahren haben, wenn dann sicher nur in bewährter staatspropagandistischer Weise, was Lukaschenko eher dient als schadet. Sanktionen der EU könnten das nationalistische Klima gegen den „feindlichen Westen“ anheizen und dazu führen, dass sämtliche freiheitlichen Bewegungen weiter eingeschränkt werden.

Von einer Identifizierung mit den so genannten demokratischen Werten ist man, eben­falls wie in Russland, in den weißrussischen Machteliten weit entfernt. Es liegt also an den jüngeren Generationen, langfristig wirkliche Alternativen aufzubauen, die eine freie­re Gesellschaft ermöglichen. Doch der Weg da­hin scheint allzu weit entfernt. Die Voraus­setzungen für eine offene, selbstgestaltende Gesellschaft sind in Belarus noch schlechter als in der Ukraine, deren Schwierigkeiten und Probleme auf dem Weg in die liberale Demokratie gerade für die einfache Be­völkerung unübersehbar sind. Und was tun, wenn die Kameraaugen sich wieder abwenden und ungesehen von der westlichen Öffentlichkeit weiter die Menschen inhaftiert, eingeschüchtert und festgehalten werden?

Die Proteste auf dem Oktoberplatz in Minsk waren ein wichtiger emanzipatorischer Schritt in Richtung Mitbestimmung, was prinzipiell wichtig und unterstützenswert ist. Die Opposition hat mehr Menschen für Proteste mobilisieren können als in all den Jahren zuvor, wohl mit gewachsenem Selbstbewusstsein und dank westlicher Hilfe. Wie viel vom kämpferischen Geist noch vorhanden ist, wird vielleicht der 26.April zeigen, der Tschernobyl-Gedenktag, an dem es traditionell, wenn bisher auch eher verhaltene, Lukaschenko-kritische Demonstrationen und Kundgebungen gibt. Einige der in den letzten Tagen Festgenommenen werden deshalb noch länger weggesperrt bleiben, um die Ausweitung der Proteste und einen möglichen Zusammenschluss verschiedener oppositioneller Kräfte zu verhindern. Denn diese könnte an Popularität und Stärke gewinnen und möglicherweise auch in jene ländlichen und kleinstädtischen Regionen vordringen, die bisher von all den Vorgängen in der Hauptstadt wenig mitbekommen haben. Lukaschenko will eine freie, kritische Informationsverbreitung verhindern – denn Öffentlichkeit und eine selbstbewusste Gesellschaft sind Gefahren, die, einmal entfesselt, nicht mehr so leicht zu ignorieren oder zu unterdrücken sind.

nyima

* Im Zuge seiner Amtseinführung am 8.4. wurden viele Oppositionelle aus der Haft.

Uruguay: Da bewegt sich was…

Treffen autonomer Basisbewegungen aus Lateinamerika im Februar 2006

Was passiert eigentlich gerade in Lateinamerika? Das öffentliche Interesse ist größer geworden, in den Medien wird wahlweise von progressiven, kommunistischen oder auch diktatorischen Staatschefs berichtet und Begriffe wie Armut, Militarisierung oder Freihandelsabkommen tauchen immer wieder auf. Doch wie wird damit vor Ort umgegangen? Wo steht die Basis, welche Möglichkeiten und Notwendigkeiten sehen sie und wie läuft die Vernetzung? Anlässlich des 4. lateinamerikanischen Treffens autonomer Basisbewegungen soll hier nun kurz über die Ergebnisse berichtet werden:

So facettenreich wie die Landschaft ist wohl auch die ökonomische, soziale und politische Situation der einzelnen Länder und Regionen. Allerdings gibt es, neben den von Armut begrenzten Lebensumständen, auch gemeinsam zu bewältigende Probleme, wie zum Beispiel die fortgeführten Privatisierungen von Grundgütern wie Wasser und andere so genannte „Strukturanpassungsprogramme“ (1). Aber auch die Schuldenbezahlung und Gespräche über das Frei­handels­abkommen ALCA (2) sowie bilaterale Vereinbarungen stehen auf der politischen Tagesordnung in Lateinamerika. Linke Basiskräfte sehen sich zudem mit der stetig zunehmenden innerstaatlichen Mili­tarisierung und einer Kriminalisierung so-zialer Proteste konfrontiert. So genannte „progressive“ Regierungen haben ebenfalls keinen Para­digmen­wechsel herbeigeführt, selbst wenn es dort vereinzelte soziale Kampagnen gibt, welche die Lebensumstände der armen Bevölkerung verbessern. Mit großen Versprechungen wird so auf die Unterstützung „des Volkes“ gebaut, während man sich doch gleichzeitig mit dem neoliberalen Modell arrangiert, wie zum Beispiel in Brasilien, Argentinien, Chile oder Bolivien. Eine zunehmende Institutionalisierung sozialer Bewegungen und die Bürokratisierung der Gewerkschaften wird hierbei zum Problem, da sich die Linke am fehlenden „klaren Feindbild“ zersplittert.

Mit diesen Problemen konfrontiert, trafen sich 65 verschiedene autonome Basisgruppen aus Uruguay, Argentinien, Chile, Brasilien und Bolivien, um sich über die Situation und die Perspektiven des sozialen Kampfes auszutauschen. Die Gruppen aus dem vornehmlich libertären und kommunistischen Spektrum, die sich NGO- und parteiunabhängig organisieren, diskutierten über Selbstorganisation, Klassenkampf und den möglichen Aufbau von „poder popular“ („Volksmacht“). Sie entwickelten dabei sowohl abstraktere als auch konkrete Hand­lungsstrategien. Die wichtigsten Eckpunkte sind die Organisierung der Unorganisierten, die Zusammenführung der zersplitterten „Linken“ an gemeinsamen Zielen und Projekten, der Aufbau von unabhängigen Partizipationsbereichen und die Unterstützung autonomer sozialer Bewegungen. Der „ideelle Kampf der sich erkennenden Klasse“, und die Stärkung sozialer Werte wie Solidarität sind weitere Anknüpfungspunkte, um den kapitalistischen Verhältnissen mit einer vereinten Gegenmacht der Basis entgegen zu treten. Als konkrete Mittel wurden hierbei die direkte Aktion, direkte Demokratie und solidarische, gerechte, hierarchielose Zusammenschlüsse festgehalten.

Neben dem regelmäßigen Austausch von Informationen und Besuchen beschlossen die Gruppen auch, gemeinsam gegen die Vereinbarungen zu dem Freihandelsabkommen mit Europa im Mai zu mobilisieren, da es sich um ein Problem mit großer Tragweite handelt.

Das nächste Treffen findet voraussichtlich Ende Februar 2007 in Chile statt und hat seinen Sinn vor allem in der Stärkung und Vernetzung der Beteiligten, denn man ist sich über die Komplexität des Aufbaus einer lateinamerikanischen, starken und bewussten Basisbewegung durchaus im Klaren.

Die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Probleme der compañeros auf der anderen Seite des großen Teiches sind zwar räumlich weit entfernt, unterscheiden sich von den unserigen jedoch nur marginal. Voneinander lernen, sich informieren, neue Denkansätze und Anknüpfungspunkte finden oder solidarische Aktionen starten, kann eine Waffe sein. Dort wie überall.

momo

Der Text ist eine Zusammenfassung aus den veröffentlichten Ergebnissen des 4. lateinamerikanischen Treffens autonomer Basisbewegungen. Da kaum davon berichtet wurde, weil es außerhalb des öffentlichen Interesses stand, könnt ihr unter feierabendle@web.de detailliertere Infos (auf spanisch) bekommen.
(1) IWF („Internationaler Währungsfond“) und Weltbank binden Kreditvergabe oder Schuldenausgleich weitgehend an die Durchführung liberaler Reformen, Privatisierungen und Handelsöffnungen; so genannte „Strukturanpassungsprogramme“. Die lateinamerikanischen Länder haben sich fast alle in den 70er Jahren durch Kredite bei IWF und Weltbank verschuldet, sind aber durch die hohen Zinsen theo­re­tisch immer noch an die Verträge gebunden, obgleich sie z.T. inzwischen das 20-fache eingezahlt haben.
(2) ALCA ,spanisch: Àrea de libre Comercio de las Américas (englisch: FTAA; Free Trade Area of the Americans), ist eine gesamt­amerikanische Frei­handelszone die alle 34 Staaten in Nord-, Süd- und Mittelamerika umfassen soll. Planungen dazu existieren seit 1991, die Verhandlungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen.

Die Freiheit nehm ich mir!

„Freiräume nutzen, Visionen entwickeln, Selbstverwirklichung leben. Wir wissen nicht, wie Sie das nennen – wir in Leipzig nennen es „Leipziger Freiheit“! Und meinen damit das beflügelnde Lebensgefühl, das wir mit der der gleichnamigen Imagekampagne in die Welt hinaustragen.“ So blumig umschreibt die Marketing Leipzig GmbH ihr Bild von Leipzig. Nicht, dass das was zu sagen hätte – für so was werden die Werbefritzen schließlich bezahlt. Der eigentliche Zweck der Kampagne ist ohnehin klar: Standortmarketing. „Potenzielle Investoren, junge Eliten und Existenzgründer“ will man ansprechen. Die „Freiheit“, um die es geht, ist letztlich bloß die Freiheit zu kaufen und zu verkaufen. Und das ist keine Freiheit, sondern nur der stinknormale alltägliche Verwertungszwang. Die, die nichts zu verkaufen haben, noch nicht mal mehr die eigene Arbeitskraft, und sich deswegen auch nix kaufen können, haben eben Pech gehabt.

Das ist auch der Haken an der „Leipziger Freiheit“: Aus eben dem Grund, aus dem man solche hirnrissigen Kampagnen initiiert, wird die Freiheit derer, die beim allgemeinen sinn- und zweckfreien Produzieren und Konsumieren nicht mittun (können oder wollen), zusehends eingeschränkt. Egal, ob Obdachlose aus dem Leipziger Hauptbahnhof und den schicken Einkaufspassagen vertrieben oder jugendliche Sprayer mit horrenden Geldstrafen bedroht werden – es gilt: Wer am sauberen Image kratzt, fliegt raus! Tolle Freiheit…

Vielleicht sollte man die „Leipziger Freiheit“ auch einfach beim Wort nehmen und ernst machen mit dem, was man uns weismachen will: Freiräume schaffen, Utopien entwickeln und Selbstverwirklichung jenseits der Konkurrenz zu leben versuchen. Das wäre zumindest mal ein guter Anfang.

justus

Radikalisiere dein Leben

Albrecht Paluttke:#5 (vorletzte Folge)*

Albrecht Paluttke, pensionierter Bimmelfahrer, wohnt mit Lebensgefährtin Rita in Leipzig/Stötteritz. Oft treiben ihn düstere Gedanken früh um 5 aus den warmen Federn, weg von seiner Rita. Ob respektlose Kontrolleure & überteuerte Fahrpreise (Fa! #12), größenwahnsinnige Stadtpolitik in Form der Leipziger Olympiabewerbung, gegen die auch Stiefsohn Olaf aktiv ist (FA! #13), durch Hartz IV bedingter Wohnungswechsel (FA! #14) oder die irritierende Erfahrung der Leipziger Montagsdemos (FA! #15)… (Redax)

Mann, Mann, Mann, ich fass es nicht! Jetzt hab ichs echt gepackt mir das Laken ums Bein zu wickeln! Jetzt aber raus aus der Falle – kann ja eh nicht mehr weiter pennen. Oh je oh je, erst mal nen Schluck Wasser.

Olafs Ausbruch sitzt mir immer noch im Kopf . Mir schwirrt der Schädel und ich komm nicht zur Ruhe.

„Mensch Albrecht“, Papa hat er mich nur einmal genannt – damals als er erleichtert festgestellt hat, dass ich der Weihnachtsmann war, – „is das echt alles?! Ich weiß du hängst dich ungern zu weit ausm Fenster, aber so blind kannst du doch nicht sein!…Du immer mit deinem `Ich hab nicht viel zu sagen im Leben, was soll ich den Leuten groß erzählen?`-Quatsch. Entweder du machst dir deine Gedanken, oder nicht! Wenn du so nen Mist, wie `wer solls denn zahlen, wenn nicht die, dies nutzen.`, von dir gibst, machst du sie dir auf alle Fälle nicht!“

Das war natürlich ganz schön starker Tobak für mich. So hat der Junge noch nie mit mir geredet und mit einem ‚Komm mir bloß nicht so…` konnte man das auch nicht abbügeln.

Aber von vorne: das Ganze fing an, als der Junge tagelang nicht bei uns vorbei kam. Wenn ich nach ihm gefragt hab, hat Rita bloß mit den Schultern gezuckt. Doch irgendwann meinte sie mit ernster Miene, ich solle am besten selbst mal hingehen. Nun ist es nicht so, dass ich nicht gern mal in dieser Wohngemeinschaft in Connewitz vorbeischaue, solang ichs noch schaffe die Gerümpelberge im alternativ bewohnten Haus zu übersteigen, ist das alles kein Problem. Aber nach diesem ganzen komischen Gehabe war natürlich klar, dass diesmal richtig was im Busche war und dass es auf irgend eine ziemlich unangenehme Art was mit mir zu tun haben musste.

Als ich mich dann schließlich am nächsten Tag dorthin aufgerafft hatte, war er zunächst nicht da. Ist ja klar; diese jungen Leute sind ja alle ständig unterwegs. Ohne Termin läuft da nix mehr. Aber ich hab ja Zeit und so hab ich mich erst mal in dem chaotischen Zei­tungshaufen auf dem WG-Lesetisch umge­seh­en. Nachdem ich mich ungefähr 2 Stunden durch eine Menge Stoff mit den abstrusesten Weltverbesserungs-Theorien gearbeitet hatte und mich gerade in ein kleines schülerzeitungsartiges Heft vertiefen wollte, wo es laut Inhaltsangabe in einem Artikel irgendwie um das morgendliche Stötte­r­itz gehen sollte, kam Olaf plötzlich mit einer Kiste voll, nicht mehr ganz taufrischem Ge­müse rein, was er sicher wieder irgendwo kos­tengünstig aufgetan hat. Sein trotziger Blick fiel auf das Heft in meiner Hand und für einen Moment, schien er komischerweise sei­ne Selbstsicherheit zu verlieren. Dann fasste er sich schnell wieder, nahm es mir aus der Hand und murmelte etwas von: „… inter­essiert Dich doch eh nicht so was…“. „Was soll mich nicht interessieren“, meinte ich, nun langsam schon etwas aufbrausend, „denkst du ich merke nicht, dass irgendwas mit dir nicht stimmt? Was hab ich dir denn ge­tan?“, fragte ich, nun schon fast etwas hilflos.

“Nun“, meinte er, „weißt Du, es ist vielleicht nicht ganz gerecht, jetzt einfach auf dich wütend zu sein, aber wenn man merkt, dass man auf einmal unter gewisse negative Klassifizierungen einer Person fällt, die und deren Meinung einem eigentlich immer viel be­deutet haben, dann ist das erst mal ziemlich hart. Ums kurz zu machen, Albrecht: ich fahre seit längerer Zeit schwarz mit der Tram und letzte Woche bin ich erwischt worden. Ich habe wie immer versucht abzuhauen, aber die schicken mittlerweile richtig gut ausgebildete Teams los, denen du auch wirklich nicht mehr auf den ersten Blick ansiehst, dass sie Kontrolleure sind. Du kannst mir jetzt sagen, `Junge, hättste doch was gesagt, wenn de keen Geld hast.`, aber da­rum gehts nicht – nicht nur. Schwarzfahren hat nicht nur was mit `kein Geld haben` zu tun,. Außerdem habt ihrs ja auch nicht so dicke. Ich finde die sollen spüren, dass sie sich mittlerweile wirklich zu viel rausnehmen. Wenn Du Dir ankuckst, was man jetzt mittlerweile für den Nahverkehr berappen muss – das geht echt an die Substanz. Und das ist genau der Punkt, wo ich schon ziemlich auf Dich sauer bin, Albrecht. Du gibst Kommentare von Dir, dass die Kontrolleure doch bitte freundlicher sein sollen, dass Du ja verstehst, wenn `Unbelehrbare` verfolgt werden müssen, aber man solle doch nett zu den Fahrgästen sein und verschanzt Dich in Deiner schönen heilen Straßenbahnfahrer-Romantik Was glaubst Du denn was heutzutage los ist?! Das ist nicht bloß eine `Jagd auf Unbelehrbare`. Die Leute haben kein Geld mehr, um die eh schon überhöhten Nahverkehrs­prei­se zu bezahlen und was macht die LVB? Die schicken mitt­lerweile richtige We­ge­lager­­er­banden los. Denkst Du, da machen wir uns noch Gedanken wegen ein paar unter Tarif be­zahlter Kon­trol­leure?!“

Ich will nicht sagen, dass ich besonders baff war. Eigentlich hab ich so was schon länger geahnt, zumal ich ja weiß was der Junge und seine Freunde manch­mal so für Sachen treiben. Aber das dann direkt ins Gesicht gesagt zu bekommen, ist natürlich schon erst mal nicht einfach. Ich hab mich dann schon ziemlich für die Firma geschämt, aber vor allem auch für mich selbst. Für diese blöde Gefühlsdudelei, mit der ich oft den alten Zeiten hinterher hänge. Ja ja, die Tramfahrer-Romantik… Dieses ‚früh raus, rein in die Uniform, die Tasche mit der Thermoskanne untern Arm und ab hinters Schaltpult, ist halt doch nicht alles, was da mit dem Job zusammenhängt. Am besten wär es halt wirklich, wenn die Leute gar nichts für den Nahverkehr bezahlen müssten.

… Aber das geht halt nun wirklich nicht … in diesem System.

Ich war gerade am Gehen, da hatte ich das Gefühl noch was vergessen zu haben, ich drehte mich noch mal zu diesem Heft auf dem Zeitungstisch um. Nette Farbe dieses lila und die Arbeiter mit den alkoholischen Getränken auf der Titelseite machten auch einen sympathischen Eindruck, aber FEIER­ABEND! – was ist den das für ein Name?! … libertäres 11/2 monatsheft … Kurzent­schlossen packte ich das Heft ein. Die schienen ja eh stapelweise davon zu haben hier – in den Ecken türmten sich neben den riesigen Staubflocken, die für diese linken Wohngemeinschaften zur Pflichtausstattung zu gehören scheinen, mindestens weitere 50 Exemplare – und so hab ich wenigstens nen Grund mal wieder hier aufzutauchen.

Nachdem wir dann noch den Rest des Abends mit dem Rest der Wohngenmeinschaft über all diese tollen linken Visionen vom Zeitungstisch diskutiert haben, brummte mir zwar ganz schön der Schädel, aber mit Olaf war alles soweit wieder im Lot.

Tja Rita. Jetzt biste auch wieder wach geworden… Na ja, ihr habt schon recht. Das Leben ist halt kein Bulgarienurlaub – und der Kapitalismus erst recht nicht. Aber was sind denn das schon wieder für Gedanken..? Auf der anderen Seite.. Radikalisiere ich mein Leben oder es mich?!

Na ja, mach was de willst – ich geh jetzt wieder ins Bett… Dieses Feierabend-Heft kann ich mir auch morgen noch ankucken.

lydia

(bisherige Folgen auf: www.paluttke.de.vu)

* Namen, Ereignisse und Sachverhalte entsprechen nicht der Realität und sind als reine Fiktion zu verstehen. (die Redax)

Editorial FA! #22

Das Letzte, was zu schreiben bleibt, ist meist das Editorial. Zu diesem Zeitpunkt weiß man dann vieles besser als vorher: zum Beispiel, dass man heutzutage wohl doch flexibel sein muss, zumindest was die Seitenzahl angeht (S. 12-15); dass man trotzdem mit der Entwicklung der Dinge nicht immer Schritt halten kann (S. 11). Andere Sachen wiederum gehen beschaulicher vor sich: so hat Feierabend! seit Anfang des Jahres eine neue Postadresse in der Gießerstr. 16 (04229) …

Ganz in unserer Verantwortung liegen hingegen die Homepage und der Schwerpunkt „Macht und Freiheit“… An der neuen Internetseite basteln wir schon, daher wird die alte nicht mehr aktualisiert. Der Schwerpunkt allerdings zeigte sich widerspenstig ebenso wie unsere Zeitkapazitäten. Daher gibt es auch keinen Redaktionstext zum Thema, sondern „nur“ Beiträge die sich mal mehr mal weniger damit beschäftigen. Bei der Durchsicht unserer alten Ausgaben fiel uns sowieso auf, dass die meisten Texte im Spannungsfeld zwischen „Macht und Freiheit“ liegen. Der nächste Schwerpunkt ist deshalb auch wieder konkreter… ob uns das gelungen ist? Urteilt selbst (S. 29) und teilt euch mit! Ansonsten erst mal viel Spaß beim Schmökern.

Eure unterbesetzte Feierabend!-Redaktion

„Our Enemies in Blue“

Polizei und Macht in den USA

“What are Police for?“

Mit seinem Einstieg in das Buch über Poli­zei­gewalt und Machtmissbrauch klärt Kristian Williams vom Start weg den Zweck der Un­ter­suchung: aufzuzeigen, wie Polizei strukturell dazu eingesetzt wird, unterprivilegierte Be­völkerungsschichten zu kontrollieren, oder generell jene, die am wahr­schein­lichsten Wi­derstand leisten und aus dem Rahmen fallen. Es wird gefragt: wem nützt polizeiliches Han­deln, und wer leidet darunter? Wer wird beschützt und wer drang­saliert? Wessen Interessen werden gefördert und wer bezahlt das alles? Zunehmend wird Repression präventiv ausgeübt, d.h. die Kontrolle durch den Staat wird stärker, damit mehr Aspekte unseres Lebens durchleuchtet sind, bevor wir überhaupt dran denken, auf die Barrikade zu gehen. Polizei, so Williams, ist dazu da, bestehende Ungleichheiten einer Gesellschaft zu erhalten, und zwar indem sie die Privilegien einer Gruppe gegen die Forderungen einer anderen verteidigt: „This task has little to do with crime… and much to do with politics.“ (Diese Aufgabe hat wenig mit Gewalt, sondern vielmehr mit Politik zu tun.)

Was sich politisch aktive Menschen sowieso denken können und viele andere täglich am eigenen Leib spüren müssen, wird hier mit einer Unzahl von Dokumenten, wie Aussagen von Polizisten, Administratoren, und Statistiken von Polizeiarbeit (Arrestzahlen, Verletzungen, Anzeigen gegen Beamte etc.) belegt. Williams erläutert, da sein Ansatz sehr kritisch und daher von vielen Leuten aus politischer Sicht nicht akzeptabel sei, habe er nur Quellen verwendet, die entweder von der Polizei selbst oder von Stellen stammen, welche die Polizei zur Analyse ihrer Arbeit nutzt.

Obwohl die ganze Studie sich hauptsächlich auf die USA bezieht, gibt es doch zahlreiche Parallelen zur Situation in jedem anderen Land. Williams beginnt mit einem Kapitel über „Theorie und Praxis von Polizeibrutalität,“ wo unter anderem die Hintergründe des Übergriffs auf Rodney King 1991 erläutert werden, die zu den massiven riots (Aufständen) von Los Angeles führten. Weiter geht es hier darum, warum Polizisten Gewalt einsetzen und oft glauben verstärkte Gewalt sei legitim. Außerdem erfahren wir von den Schwächen der Statistiken, die viele Leser wohl kennen: welchen Sinn z.B. hat es, eine Anzeige wegen blauer Flecke nach einer Demo zu machen? Welche Wege geht dann die Anzeige, welche Konsequenzen hat das für den Täter, und welche für Dich?

Anschließend beginnt der Autor, die Wurzeln von Polizeiarbeit in den USA herzuleiten, die für ihn zum großen Teil bei den weißen milizähnlichen Sklavenpatrouillen des Südens liegen. Schon hier zeigt sich die Hauptaufgabe der Polizei: Kontrolliere die Bewegungsfreiheit einer potentiell gefährlichen Be­völkerungsgruppe und drangsaliere sie so, dass die Angst immer größer ist als der Wille zum Widerstand. In Kapitel drei wird die Entstehung von Polizeiabteilungen ameri­ka­nischer Städte im 19. Jahrhundert und deren Zusammenhang mit der politischen Landschaft erklärt. Sehr oft waren frühe städtische Polizeien nichts anderes als Prügeltruppen der jeweils stärksten Partei der Stadt. Hier wird auch erklärt, wie sich zu dieser Zeit die Rolle des Staates und sein Einfluss auf das Leben seiner Bürger veränderte. In weiteren Abschnitten geht Williams ausführlich auf die Verquickung von Ku Klux Klan und Machtorganen, sowie auf die strategische Repression der Arbeiterbewegung durch Machthaber und Polizei ein. Ab Kapitel sechs werden politische und polizeistrategische Dimensionen durchleuchtet, sowie die Frage: wird Polizei zum Selbstläufer? In wieweit kann eine politische Führung ihre Polizei kontrollieren? Williams arbeitet ein Ab­hängigkeitsverhältnis von Machthabern und Polizei heraus. Zusätzlich benennt er aber auch die Gefahr, dass Polizei mit ihren Sicherheitsstrategien zunehmend auf die Politik Einfluss nimmt und irgendwann selbst zur politischen Kraft wird, die „agenda setting“ betreibt und politischen Eliten Bedingungen und Richtlinien diktieren könnte. Über Abhandlungen zu permanenter Repression mittels wachsender Zahl von Spezialeinheiten (Red Squads und andere – die Parallele zu diversen Truppen bei uns, die für alle möglichen politischen Aktiven, Prostitution, Fussball, Drogen etc. zuständig sind, drängt sich auf) gelangt der Autor zur Diskussion von Massenprotesten und deren Behandlung durch die Polizei. Gerade wegen ähnlicher Entwicklungen in puncto Militarisierung von Polizeieinheiten sind dies für Leser mit Demoerfahrung sehr erhellende Kapitel. Zum Ende des Buches wird ein Phänomen beleuchtet, das dys­topische (negative) Zukunftsvisionen realistischer erscheinen lässt: Je mehr Kontrolle die Polizei über Bewegung, Gewohnheiten etc. der Bevölkerung haben will, um präventiv Widerstand zu bekämpfen (und ganz nebenher auch Kriminalität), desto mehr schwillt der Apparat an. Man braucht mehr Fußtruppen, mehr Analysten usw. Dies führt zum Einen zu Unwillen unter der Bevölkerung, die nicht an jeder Ecke einen Bullen stehen sehen will, zum Anderen überlastet es das System. Das war laut Williams einer der Gründe, warum im späten 20. Jahrhundert in vielen Städten erfolgreiche Versuche von „Neighbourhood Policing“ gestartet wurden. Man entfernte sich von offen repressivem Auftreten und hielt statt dessen die Bevölkerung dazu an, sich gegenseitig zu überwachen und der Polizei Erkenntnisse zu berichten.* Diese Taktik ist jedoch gepaart mit offensiver Aktivität an Schulen, in Jugendclubs etc., die potentiellen „Unruhestiftern“ auf sehr persönliche Weise klarmachen kann „wir kennen dich und wissen wo du dich herumtreibst“. Parallel dazu sind die im Blick der Öffentlichkeit verbleibenden Bullen immer besser bewaffnet und gepanzert.

Diese sind grundlegende Erkenntnisse des Buches, die, glaube ich, viele von uns mit eigenem Erlebten aufstocken könnten. Je mehr Autonomie Polizei hat, desto mehr politischen Einfluss nimmt sie, desto mehr Kontrolle übt sie aus, desto mehr drängt sich polizeiliches Handeln in unser Alltagsleben (ich erinnere nur an Leinenpflicht für Hunde, Grillverbot in Parks, Stress für Skater, Sprayer, Plakatierende, Bettler etc., die in den letzten Jahren immer mehr zunahmen). Polizeistrategen haben die Bedeutung des sozialen Zusammenhalts von Nach­bar­schaften, Communities, etc. erkannt und versuchen, diese für sich auszunutzen, nachdem eben diese Zusammenhänge wegen ihrer Kohäsion sonst meist gegen Polizeiinteressen arbeiten.

Laut Aussage des Autors ist sein Buch das einzige unter auch von vielen Linken geschriebenen, das die Frage „Brauchen wir Polizei eigentlich?“ mit „Nein“ beantwortet. Fast alle, die sich kritisch mit Polizeiarbeit und -brutalität auseinandersetzen, kommen zu dem Schluss, die Politik müsste die Polizei besser kontrollieren (sei es durch eine sozialistische, kommunistische etc. Regierung oder durch zivile Kontrollgremien wie „Civilian Review Boards“ oder Ombudsmänner), dann würde die schlimme Gewalt schon aufhören.

Williams hingegen meint, es werde Polizei als Büttel der Herrschenden geben, solange einer die Regierung stellt. Die Frage ist nun, kann eine freie Gesellschaft ohne solch eine Institution überleben, und wie geht sie dann mit Kriminalität um? Der Autor setzt hier wieder genau bei der eben postulierten Stärke von „community“ an und sucht nach Beispielen, wo ein Staat keine Kontrolle über bestimmte Teile seiner Bevölkerung ausüben konnte. Er wird fündig bei der IRA und in den Ghettos der südafrikanischen Apartheid-Ära. In beiden Gelegenheiten haben die Bürger eigene Wege finden müssen, um sich vor Gewalt, Diebstahl, Drogenhandel etc. zu schützen, weil es selbst für schwer bewaffnete Polizei zu gefährlich war, wegen solcher „Lappalien“ in den sozialen Brennpunkten Streife zu fahren. In Nordirland hat die IRA Komitees gebildet, die „normale“ Kriminalität untersuchte, Schuldige ausfindig machte und bestrafte. In Südafrika bildeten sich Straßenkomitees, die Streife gingen, Schuld diskutierten und Täter auch bestraften. Beide Systeme leben davon, dass Nachbarn sich kennen und unterstützen können. In beiden Fällen erwähnt Williams aber auch Probleme, hauptsächlich wegen des Systems von Schuld und Strafe durch Gewalt: wer gibt wem das Recht, jemandem wegen eines geklauten Radios das Knie zu zertrümmern? Wer entscheidet, ob X oder Y schuld ist?

Williams schlägt hier nicht wirklich viel Konkretes vor, aber das Problem wird sich jeder Gesellschaft im revolutionären Umbruch stellen: Wie wollen wir mit Nazis umgehen, die ja nicht einfach „raus“ können. Was macht eine freie Gesellschaft mit Vergewaltigern, oder mit Leuten die wegen ihrer Drogensucht zur Gefahr für die Öffentlichkeit werden? Aus diesen Gründen denken sich wohl viele, die diesen „Beruf“ ergreifen: einen Cop braucht man ja immer, Polizei ist krisensicher. Was soll aber „nach der Revolution“ mit denen geschehen? Umerziehungslager? Abschieben? Volkspolizei? Das fände ich mal diskutierenswert. Zumindest, und das lehren Irland, Südafrika und auch das Neighborhood Policing, haben eng kooperierende soziale Gemeinschaften offenbar die Fähigkeit, auf einander aufzupassen, sich zu helfen, und sich selbst zu schützen. Wenn sogar die immer mächtigere Polizei sich davor fürchtet, muss das doch ein guter Ansatz sein.

HuSch

* Anfang April wurde in London ein Taxifahrgast wegen Terrorverdacht drei Stunden von der Polizei verhört. Der Taxifahrer hatte die Polizei alarmiert, als der junge Mann laut zu „Londin calling…now war is declared and battle come down“ von Clash mitsang. (Anm. d. Redax)
Kristian Williams: Our Enemies In Blue. Police and Power in America. Soft Skull Press, Brooklyn, New York 2004, Englisch, $ 17, 95 ohne Versand

Naziaufmarsch am 1.Mai – Blockadendualismus?

Nix neues im Mai: Die Nazi-Kameraden Christian Worch und Steffen Hupka haben diesmal gleich zwei Routen (zumindest) angemeldet, zu denen sie im Umfeld der „freien“ Kameradschaften mobilisieren: Ein Trupp soll vom Hauptbahnhof über die Karli und einer vom Ostplatz über die Arthur-Hoffmann-Strasse zum „chaotischen“ Connewitzer Kreuz vordringen. Dass die NPD nach Rostock mobilisiert, wo der Landtagswahlkampf mit einer großen Nazi-Demo eingeläutet werden soll, lässt Worch spekulieren, auf weniger Widerstand zu stoßen.

Ein antifaschistisches Bündnis (u. a. www.ig3o.fateback.com) schlägt vor, gegen die Verhältnisse aufzustehen – in einem linksradikalen Block auf der 1.Mai-Demo um 10 am Kreuz – und dann ab 12 am Bahnhof bzw. Ostplatz gegen die Nazis sitzenzubleiben. „Mobilisierungsteams“ sollen die Koordination erleichtern. Das vorbereitende Bündnistreffen findet für alle Interessierte jeden Dienstag 19 Uhr im linxxnet statt. Von anderen Organisationen sind wieder Veranstaltungen am Augustus-, List-, Ost- und am Bayrischen Platz sowie vor dem Volkshaus in Planung. Am Vorabend gibt es auch wieder das „Rock am Kreuz“. Wichtig wird also sein, sich auf dem Laufenden zu halten und im richtigen Moment zu verharren – doppelt hält besser!

rabe