Archiv der Kategorie: Feierabend! #26

Rechte und Recht

Wer will, kann es im Grundgesetz nachlesen: die BRD ist ein Rechtsstaat, mit Gewalten­tei­lung, unabhängiger Justiz und Gleichheit vor dem Gesetz. Soweit die Theorie. In der Pra­xis aber scheinen manche gleicher als an­dere zu sein: Seit Wochen geistern Meldungen durch die Presse, es hätte in den 90er Jahren in Sachsen Vorfälle von ver­suchtem Mord, Be­stechung und „Prosti­tutions­service“ für Po­li­tiker gegeben. Dies hätte nie an die Öffent­lich­keit gelangen sollen, denn die Ermitt­lun­gen wurden vom Verfassungsschutz betrie­ben, der dazu nicht befugt ist. Rasch folgten Kon­se­quenzen: der zuständige Chef bei der Ver­fassungsaufsicht wurde entlassen. Die ge­sam­melten Akten­berge wurden ein Jahr lang von einem parlamentarischen Ausschuss ge­sich­tet und danach ver­nichtet… In die Vorfäl­le sollen viele verstrickt sein: Politik, Justiz und Ver­waltung; damit etwas zu tun gehabt ha­ben will keiner und so genau wollen es die Meisten wohl auch nicht wissen.

Um­so genauer wussten Medien und Polizei da­für schon im Vorfeld des G8-Gipfels, dass sie es mit Schwer­verbrechern zu tun haben, ge­gen die auch ohne Beweise vorgegangen wer­den kann und wurde. Aus Seifen­blasen­schaum wurde Säure, aus Anti-Kriegs-Reden Ge­walt­aufrufe. Wochen vorher wurden Woh­n­ungen und linke Projekte durchsucht, Briefe ab­gefangen und geöffnet – auf Verdacht… Wäh­rend des G8-Gipfels selbst wurde die Rei­se- und Versammlungs­freiheit ein­ge­schränkt, die Bundeswehr im Inneren einge­setzt, Men­schen wegen ihrer Anwesenheit an­ge­griffen, festgenommen und misshandelt. Die Ver­hafteten erhielten einen Vorge­schmack auf Zustände in anderen Ländern: sie verbrachten die Zeit einge­pfercht in Kä­fige, ohne medizinische und andere Versor­gung, dafür mit Dauer­be­leuchtung und-Über­wachung. Für sie galt die Gewalten­tei­lung nicht: von der Polizei gestellte Richter ent­schieden ohne Anwälte. Der geschaffene re­­pressive Raum wird von den staatlichen Be­hör­den fleißig genutzt: in der Woche nach dem Gipfel wurden erneut Wohnungen und Pro­jekte durchsucht. Man vermutet dort ter­rori­stische Vereinigungen, finden wird man wohl anderes…Ein Schelm, wer da an poli­tisch motivierte Rechts­auslegung denkt…

(hannah)

Editorial FA! #26

Herzlichen Glückwunsch! Du hast es geschafft, a) richtig lange auf die nächste Ausgabe zu warten und b) dieses rare Bleiwüsten-Exemplar auch noch unter Dönerresten, Kronkorken oder lauter verstaubten Leseexemplaren zu finden! Aber es wird NOCH besser, denn a) gibt’s jetzt drei neue Verkaufsstellen und damit ca. 13% mehr Chancen, den Feierabend! erfolgreich zu konsumieren und b) werden beim näxten Mal gaaanz sicher wieder mehr Löcher in Bilderform ins Heft gerissen. Ausreissen solltest Du auch den ABO-Schnipsel am Ende, dann wird auch der Einkauf neuer Hefte viel einfacher.

Diesmal gibt’s also einen Feierabend! voller „No-BILD-Areas“. Denn nach schlaflosen Nächten der wenigen Da­heim­gebliebenen in Sorge um unsere Schreiberlinge auf Sondereinsatz an der Küste, füllten sich die Seiten erst langsam, dann aber heftig (S. 7-15). Am Ende kassierten selbst die Kurz­mel­dungen Platzverweise und auch unsere liebe Resi blieb auf der Strecke. Apropos, wenn Du in Dir Zeichen-Talente verspürst, das Feierabend!-Maskottchen würde sich über neue Substanz und Lebenshauch freuen. Kontakt per Mail über: FeierabendLE@web.de

Als NeueinsteigerIn wärst Du nicht mal allein, denn nachdem unsere Re­dak­tions­tür schon länger durch einen aufdringlichen Zeh klemmte, haben wir den Kerl einfach fest aufgenommen. Er prokrastiniert am Ende sein Debüt (S. 25).

Letztlich: Die Schatten des Feierabend! reichen nun bis ins italienische Pisa (Biblioteca Franco Serantini). So sieht unsere Globalisierung aus.

Euer Feierabend!

„…bei Streik hätte ich nicht unterschrieben…“*

Am 24. April 2007 standen bei der QuelleNeckermann Versand Service GmbH in Leipzig für einige Stunden die Räder still. ArbeiterInnen hielten vor den Werkstoren eine spontane Protest­ver­sammlung ab. Die KollegInnen kamen gerade aus einer Versammlung, auf der ihnen die Ge­schäfts­leitung erklärt hatte, ab Herbst seien 42 Stunden pro Woche zu arbeiten. Und 314 KollegInnen seien überflüssig. Für 299 gäbe es das einmalige „Angebot“ für einen Aufhebungsvertrag mit einer Abfindung von 9000 Euro plus 1000 Euro pro Beschäftigungsjahr (max. 21000 Euro).

Der Stein des Anstoßes

Die bisher bei Karstadt geltende Betriebs­vereinbarung (1) soll abgeschafft werden. Mit ernster Miene wurden den An­gestell­ten die neuen Arbeitsbedingungen erläu­tert und Änderungsverträge in versiegelten Um­schlägen verteilt: Ge­zwungen von der allmächtigen Hand des internationalen Wettbewerbs müsse der Konzern 314 der 1170 ArbeiterInnen (2) feuern und den Verbleibenden die Mehr­arbeit zum Stundenlohn von knapp 8 € aufbürden.

Ab Oktober sollen mit 63 Prozent der Belegschaft bei einer 7-Tage-Woche 11,75 Stunden mehr gearbeitet werden. Schmack­­­­­haft gemacht werden soll dieses Angebot mit einem zwei­jährigen Schutz vor betriebs­bedingter Kündigung und dass es brutto knapp 200 € mehr im Monat sein sollen.

Daneben wurde noch er­wähnt, dass die abzubauenden Stellen schon bei der Agen­tur für Arbeit gemeldet seien und mensch sich also keine Sorgen machen brauche, sich mit der Arbeitslos-Meldung zu ver­spä­ten.

Die Arbeit in den größten Abteilungen, in der die Bestellungen versandfertig ge­macht werden, ist angespannte, konzen­trier­te Monotonie. Während der Schicht steht mensch zwischen mehreren Rut­schen in einer Lagerhalle und sortiert die an­kommenden Artikel zu Paketen zusam­men. Langeweile kommt auf beim stän­di­gen Heben und Strecken, während im Kopf die Zahlenkolonnen vorbei wan­dern. Gedankliche Ablenkung kann schnell zu Fehlern führen, dann gibt’s bei ge­­ringster Fehlerquote, wie zwei Fehler bei 1000 Paketen, Abmahnungen und Kün­di­gungen. Eine knappe halbe Minute darf es dauern, dann muss ein Paket zusam­men­­gestellt und verschnürt sein, wobei es nach Ansicht der oberen Etage keinen Un­terschied macht, BH’s und Bekleidung zu packen oder Küchenmaschinen und 60-tei­lige Geschirrservice. In letzter Zeit ha­ben die schwergewichtigen Sendungen beständig zugenommen und die Prämien­tabelle wurde beständig nach unten korri­giert. In betriebsinternen Umfragen gab die Mehrzahl an, das einzige was sie an der Arbeit bei Quelle schätzten, sei, dass der Lohn jeden Monat aufs Konto kom­me.

Spontane (?) Empörung

Aus oben erwähnter Belegschaftsver­samm­­lung, welche von der Geschäftslei­tung – um den Widerspruchsgeist am Stand­ort Leipzig wissend – erst am Vor­abend angekündigt wurde, entwickelte sich eine spontane Versammlung vor den Werks­toren und dann ging es vorzeitig ins Wo­chen­ende. Vorsorglich hatten alle den Nachmittag frei bekommen – wobei die Mehr­zahl an diesem Tag wohl sowieso nicht mehr in die Hallen zurück gekehrt wäre. Die Strategie der Konzernleitung vor­aus denkend, hatten einige Leipziger Kolle­gInnen schon am 5. April eine Solidari­tätskundgebung vor der Leipziger Kar­stadt-Filiale organisiert. Mit Unter­schrif­­ten­listen sollte den ArbeiterInnen im Quelle-Call-Center Nürnberg im Kampf gegen Lohn­senkungen und verlängerter Arbeitszeit der Rücken gestärkt werden.

Ein Arbeitskampf kommt selten allein

In Nürnberg wurde den ArbeiterInnen im Call-Center Quelle Weiterbeschäftigung für 1100 Euro Brutto bei einer 42-Stunden-Woche statt wie vorher 37,5 Stunden gebo­ten. Oder eben der Abschied aus dem Un­ter­nehmen. Dagegen setzen sich die Kolle­gInnen vor Ort unter dem Motto: „Arbeit darf nicht arm machen“ zur Wehr. (3) Die „neuen Arbeits­be­dingungen“, um einige hundert Euro aufpoliert (1.456/1.555 Euro) wurden knapp drei Wochen später auch in Leipzig unter­breitet.

Die Arbeitskämpfe bei Quelle waren jedoch nicht die einzigen. Verblüffend ähnlich stellte sich die Problematik bei der Telekom dar: die Wochenarbeitszeit sollte ohne Lohnausgleich um mindestens 4 Stunden steigen, der Lohn um 9 Prozent sinken und nur zu 80 Prozent fix sein, der Rest wird an eine Erfolgsquote gebunden. Am 20. Juni kam es nach mehrwöchigem Streik – dem ersten in der Geschichte des Unternehmens – zum Kompromiss zwi­schen ver.di und der Telekom: Das Einkom­mens­niveau sinkt um 6,5 Prozent und die wöchentliche Arbeitszeit wird um 4 auf 38 Stunden ohne Lohnausgleich er­höht…

Der Stein kommt ins Rollen

Zurück zu Quelle Leipzig: Am Montag nach der Protestversammlung erwarteten nicht wenige KollegInnen, dass ge­streikt werden würde. Gleichzeitig sah rund die Hälfte der Belegschaft keinen anderen Ausweg als die bittere Kröte, sprich neuen Verträge zu schluc­ken. Man­che sahen sich ge­zwungen, einen Aufhe­bungsvertrag zu unter­schreiben, weil es für sie nicht mehr möglich ist, unter den neuen Bedin­gungen zu arbeiten. Dieser Spa­gat der Haltungen fand sich innerhalb des Betriebsrats und unter den ver.di-Mitgliedern wieder: Sowohl in der Ange­stellten-Vertretung als auch der Gewerk­schaft, die circa 300 Arbeite­rInnnen vertritt, warben einige für einen Arbeits­kampf und den Boykott der Än­derungs- und Aufhebungsverträge, währ­end andere sich gezähmt zeigten und mit ihrer eigenen Unterschrift ein entmu­ti­gen­des Zeichen setzten. ver.di riet zur Unter­schriftsver­wei­gerung und zum Gang vor das Arbeits­gericht, falls es zu betriebs­be­dingten Kündigungen komme. Wäh­rend aktive GewerkschafterInnen für ei­nen Streik eintraten, lehnte ver.di offiziell eine Arbeitsnieder­le­gung ab. Die Begrün­dung: der Organisationsgrad sei zu niedrig und man fürchte auf Schadensersatz ver­klagt zu werden, falls der Streik nicht ge­won­nen würde. So gab es keinen Streik­auf­ruf von irgend­einer Seite. Letztendlich hätten kämp­ferische KollegInnen im Betrieb die Sache selbst in die Hand nehmen müssen. Dazu hätten sie die Unterstützung des Solikrei­ses, der MLPD und anderer ge­habt.

„Zögern Sie nicht … So ein Angebot kommt so schnell nicht wieder“ (4)

Derweil griff die Personalleitung in die Humorkiste und verteilte Faltblätter, in denen die Aufhebungsverträge und die schmalen Verträge als kurzfristiges Sonder­angebot angepriesen wurden. Noch während der 14-tägigen Bedenkzeit wurde der Druck auf die ArbeiterInnen stetig erhöht; Vorarbeiter sprachen die Kolle­gInnen an, ob sie nicht lieber bald unter­schreiben wollten.

Das Management gab sich alle Mühe, zu einem Wettlauf auf die „knappen“ Arbeits­plätze anzustacheln. Mensch wurde ge­drängt, Nummern zu ziehen, die dann per Be­triebslautsprecher aufgerufen wur­den. Ins­gesamt hatten innerhalb der Frist bis zum 4. Mai ¾ der ArbeiterInnen den einen oder anderen Vertrag unterzeichnet. Man­che griffen zum Strohhalm 42-Stun­den-Woche, um das Familienein­kommen zu ret­ten, andere widerwillig mit Rück­sicht auf ih­re Gesundheit und/oder ihre Familie zur Ab­findung und einige kamen zu Ver­trauens­leuten und zum Betriebsrat, um sich zu erkundigen, ob man die Unter­schrift zu­rück ziehen könne. 200 Kolle­gInnen aller­dings entschieden sich für die dritte Mög­lich­keit: sie behielten durch keinerlei Unter­schrift ihre bisherigen Verträge nach Tarif.

…die Mehrheit und die Minderheit…

Zwei Tage nach der Protestversammlung berief ver.di eine offene Mit­glieder­ver­sammlung ein, an der 170 Personen teilnah­men und die einige Neueintritte zur Folge hatte. Man be­riet sich unter­einander, was da über­haupt geschehen war – die Konzern­leitung war schon vorher mit ihrer Drohung, die Stundenlöhne auf 6,50 € zu kürzen nicht durchgekommen und hatte nun eine Nacht­- und Nebel­aktion gene­ralstabs­mäßig vor­bereitet und durchzogen. Es wurde bera­ten und aufgeklärt, was in den neuen Verträ­gen überhaupt drin steht und aufgerufen, nicht zu unterschreiben. Da­nach wollten mehrere ihre Unterschrift widerrufen.

Auf der Betriebsversammlung am folgen­den Donnerstag, den 26.04. – welche erst auf den späten Nachmittag verlegt wurde, wohl aus der Angst es würde danach so­wieso nicht mehr gearbeitet – wurde von Vorgesetzten den Kollegen nahegelegt, doch lieber „frei“ zu nehmen. Unter App­laus zerfetzte eine Arbeiterin ihre beiden „Angebote“ der „Arbeitgeberseite“. Derweil ist es stiller geworden, denn es gibt einiges zu verdauen. Die vergangenen Er­eig­­nisse werden ausgewertet, um weitere Schluss­folgerungen ziehen zu können. Bei denen, die nicht unterschrieben haben, über­wiegt die Haltung, dass es nun einfach reicht und die Vorschläge der Chefs nur der Anfang vom Ende sind. Solidaritäts­bot­­schaften fanden ihren Weg von Nürn­berg – wo die Auseinandersetzungen eben­falls noch nicht beendet sind – nach Leipzig.

Die ArbeiterInnen im Soli-Kreis fordern Anerkennungsverträge und wollen für den Erhalt aller Arbeitsplätze eintreten, für den Zusammenhalt der gesamten Beleg­schaft. Stiller Protest zeigt sich am deut­lichsten an der Zahl der Krank­mel­dungen. Die ge­wöhn­liche Quote von 10 Prozent wurde im Mai vor allem von jenen mit Auf­hebungs­verträgen in der Tasche deutlich überschritten…

(hannah)

 

* Äußerung einer Mitarbeiterin nach der Unterschrift unter ihren Änderungsvertrag. Interview mit Betriebsrätin G.K.

(1) Stundenlohn von 9,42 €, wöchentliche Arbeitszeit von 31 Std., 6 Wochen Urlaub und weitere Regelungen, wie Urlaubsgeld, Frei bei familiären Ereignissen, entsprechend dem TV Einzelhandel Sachsen.

(2) 70 Prozent der Angestellten sind Frauen, über 50 Schwerbehinderte.

(3) Derzeit ist der Konflikt um das Call Center Quelle in Nürnberg noch nicht beigelegt, nun sollen bis Ende 2007 741 MitarbeiterInnen entlassen werden. Am 19. Juni stimmten 97,6 % der Beschäftigten für Streik.

(4) Zitat aus Mitarbeiter-Info Leipzig 20.4. 2007, Quelle-Neckermann Logistik, auf dem die Konditionen der freiwilligen Kündigung genannt werden.

Nach uns die Sintflut?

BUKO30 und andere Klärungsbedürfnisse

Genau zwei Monate vor Heiligendamm fand in Leipzig der 30. Kongress der Bundeskoordination Internatio­nalismus (BUKO) statt. „Die Bundes­koordination Internationalismus ist ein unab­hängiger Dachverband, dem über 150 Drit­­te-Welt-Gruppen, entwicklungs­poli­tische Organi­sa­ti­onen, internatio­na­li­stische Initiativen, Solidaritätsgruppen, Lä­den, Kampag­nen und Zeitschriften­pro­jekte angehören. Die BUKO versteht sich als Ort linker, herr­schafts­kritischer Debat­ten und vernetzt dabei BUKO-Kampag­nen und Arbeitszu­sam­menhänge, die aus entwicklungs­politischer Mobili­sierung und politischer Arbeit hervorge­gangen sind. Die BUKO sucht den offe­nen Dialog mit anderen Bewegungen und Nichtregie­rungs­organi­sati­onen.“ (www.buko.info)

Über 100 von ca. 600 Menschen besuchte und spannende Arbeitsgruppen in den – gemäß des mehrdeutig und abstrakt ge­haltenen Mottos „macht#netze“ – als Knoten gedachten Bereichen: Antimilita­ris­mus, Feminismus, Energie, Ökonomi­sierung, Widerstand, unerwünschte An­schlüsse und Migration. Es gab aber z.B. auch ein Blockadetraining und die Rebel Clown Army (siehe auch S. 7), einen Stadt­rund­gang auf kolonialen Spuren u.v.m. Im Hintergrund sorgten die angereisten KöchInnen der Groß-Volxküche „le sabot“, die Vorbereitungsgruppe und viele Hel­ferInnen aus Leipzig für einen fabel­haften Ablauf und eine gute Atmosphäre. Ob sich vor lauter Orga-Arbeit trotzdem ein Eindruck gewinnen ließ, was da ei­gent­lich „an Land gezogen“ worden war? Bil­der und Flugblätter einer Ausstellung zur 30jährigen Geschichte bewiesen eine Tradition internationalistischer Bewe­gung, die „im Osten“ eben nur marginal vorhan­den ist (wie auch die sozio-poli­tischen Kontakte). Wie auch eine gewisse Genera­ti­ons­spalte konnte dieses Defizit jedoch nur am Rande thematisiert werden, von jahrzehntelanger Routine war näm­lich keine Spur: Der Schritt des amtie­renden SprecherInnen-Rates, die Mitglie­der­ver­samm­lung der BUKO mit der Frage der Zeitgemäßheit ihrer Arbeitsstrukturen zu konfrontieren, indem sie geschlossen zurück traten, war nicht nur für viele „Neulinge“ überraschend und spannend zugleich. Ein neuer Rat konnte nicht gewählt werden, dennoch fand sich eine Gruppe, die nächstes Jahr den Kongress organisieren will (voraussichtlich im Ruhrgebiet). Doch zunächst zurück zum Kongress:

macht/netze

Diese Symbolik ließ sich verschiedenst füllen: Z.B. war es während der Workshop-Phasen wiederholt zu spontanen Verknüp­fungen einzelner Veranstaltungen gekom­men. Am Schnitt­punkt „Migration und Prekarisierung“ etwa ließ sich die Not­wendigkeit gemein­samer Organisierung, aber auch analy­tischer Differenzierung festmachen: Pre­karität als Begriff kann z.B. mitunter kolo­niale Realitäten in Afrika verwischen. Die Gruppen felS (für eine linke Strömung) und FIB (Flüchtlings­initiative Branden­burg) betonten die unterschiedlichen Auswirkungen der selben kapitalistischen Mechanismen (und ihrer Geschichte) im globalen Norden und Süden. Voran geht es also nur gemeinsam, was auch die Ver­netzungstreffen von Bargeldinitiativen, Zei­tungsprojekten, Karawanen etc. moti­vierte. Viele hatten das Bedürfnis, über politische Fehler zu reflektieren und nach neuen Wegen zu suchen. Wenn etwa sicher gestellt sei, dass Geschlechterver­hältnisse durchgängig thematisiert wür­den, kämen wohl noch mehr Leute zu den Kongressen. Damit verbindet sich auch die Forderung, allgemeine Felder wie z.B. Arbeit, Staat und Bürger­rechte etc. so zu thematisieren, dass darin unterschiedliche Erfahrungen und Hand­lungsmöglichkeiten sichtbar und aufein­ander beziehbar werden. Der Fokus des dies­jährigen Kongresses lag zwar fast zwangs­läufig auf G8, aber auch auf damit verbundenen Fragen langfristiger Organi­sierung. Der sonst dominante Blick auf internationale Anknüpfungs­mög­lichkeiten konnte leider nicht scharf genug geworfen werden.

Problematisierung in der Totalen

Das weit ausgeworfene thematische Netz machte sich insgesamt jedoch auch in einer gewissen Überfülle und scheinbaren Konfliktlosigkeit bemerkbar. Auftakt­podium und die Mittelveranstaltung zur Kritik des Antisemitis­mus und Antiameri­kanis­mus hätten mehr Positionsvielfalt und überhaupt mehr Partizipation vertra­gen können – doch woher nehmen, wenn nicht flehen? Das fragten sich sicher auch die Gruppen gegen Militarisierung, als sie am Ostersonntag zum Nato-Flughafen Leip­zig-Halle marschierten und nur eine Hand­voll Kongress-Teilnehmer die Extra­busse genutzt hatte, um sich diesem konkreten und zentralen Problem entge­gen­zustellen „Für Aktionen kam kaum wer aus dem Elfenbeinturm linker Theo­rie“, so eine kritische Stimme. Trotz dieser Tragödie wurden die antimilita­ristischen Veranstaltungen als Erfolg gewertet, konn­te doch u.a. ein internati­onaler Erfah­rungsaustausch und eine „Schkeuditzer Erklärung“ (www.flughafen-natofrei.de) realisiert werden. Darin forderten die Friedensbewegten eine Umstellung aller militärischen auf zivile Arbeitsplätze, etwa in Form medizinischer Hilfswerke. Gegen direkte Forderungen an die Politik richtete sich wiederum die am Ende der BUKO-Mitgliederversammlung verabschiedete Replik auf ein Forderungs­papier von ca. 40 NGOs (Nichtregierungs­organi­sa­tionen) zum G8-Gipfel: Es ginge nicht einfach darum, ob und wie die Regierun­gen der G8-Staaten Zusagen ma­chen oder einhalten. Die Nicht-An­erken­nung der G8 als politisches Gre­mium ist der Grund dafür, dass keine Forderungen gestellt werden. In die dezentrale Zukunft wies viel­leicht eine Vision, die zum Abschluss­ („…erst den Gipfel stürmen – und dann?“) aufkam: Ihre Vor­stellung eines hohen Organisa­tions­­grades der Bewegung wäre, so die Redne­rin, dass wir uns kurz vor dem G8 ent­schließen, nicht mitzuma­chen, Heiligendamm einfach zu ignorieren.

Der lange Marsch gegen die Institutionen

Nachdem aber nun eine „aufgesetzte Ge­walt­de­batte“ im Anschluss an die Groß­de­mon­stration am 2. Juni in Rostock los­ge­treten worden war, positionierte sich die BUKO ent­schieden gegen den „vor­aus­eilen­den Ge­horsam mancher Organi­sa­to­rIn­nen“ und die Ver­schleierung der „syste­ma­tischen Aus­setzung der Grund­rechte, Einschüchte­run­gen und Traumati­sierun­gen“ durch die Po­li­zei. „Was der Staat im Vorfeld des G8-Gip­fels nicht geschafft hat – die Spaltung der Be­we­gung – sollten wir nun im Nach­hinein nicht selbst vollstrec­ken.[…]Vielmehr soll kritisch und selbst­kri­tisch diskutiert wer­den, wie Bündnisse in der Zukunft verläss­licher für alle funk­tionieren kön­nen.“ (www.buko.info)

Genau diese Punkte werden derzeit um ei­nen Ratschlag herum diskutiert, da die Struk­­turen und Inhalte der Koordination der all­seits prekären Situation und den da­her man­gelnden gemeinsamen Arbeits­in­halten ange­passt werden müssen, bzw. da­rüber hin­weg füh­ren sollen. Dass die BUKO derzeit lan­ge nicht so homogen und straff organi­siert ist, wie etwa attac und andere NGOs, ist Ergeb­nis lang­jäh­rigen Festhaltens am radi­kalen Glau­ben an die Bewegung „von unten“ und eigent­lich po­si­tiv – es fehlt die tat­kräftige Wert­schät­zung durch interna­tio­nalistische Gruppen innerhalb oder außer­halb dieser Struktur. Die gemachten Netze soll­ten vor und nach Events mit „symbo­lischem Über­schuss“, Kon­gressen u.ä. ge­nutzt werden, um den Wi­derstand gegen glo­bale Herr­schaft wie über­all aus dem Wett­be­wer­bs-Alltag heraus ge­mein­sam und konti­nu­ierlich zu organi­sie­ren – wir wollen ja auch näch­sten Som­mer wieder Baden ge­hen. Wenn also eine andere Welt möglich ist, dann jeden Tag und immer wieder die Frage: Wie ist dein Kampf mit meinem ver­bunden?

(Clara Liberknecht)

Demographische Bewegungen

Es geht wieder was in Leipzig. Nicht un­bedingt in dieselbe Richtung oder zur glei­chen Zeit. Dafür aber mit Ausdauer und ei­ner gewissen Trotzigkeit. Seit Anfang Ap­ril häu­fen sich für wachsame Beo­bachter­In­nen die Gelegenheiten in der Innenstadt oder ent­lang der Karli Demon­strationen von mehre­ren hundert Men­schen an sich vor­überziehen zu lassen.

Die Ersten, denen es nach dem Winter zu eng in den Häusern wurde, waren die sog. „Links­autonomen“, Antifas und Leute aus dem libertären Spektrum. Zur Verteidigung des inzwischen ger­äum­ten Ungdomshuset (Ju­gend­haus) in Kopen­hagen, zogen einige Hundert Men­schen von Connewitz Rich­tung In­nenstadt. Das Ungdomshuset war ein Ge­bäu­de im Ko­pen­hagener Stadtteil Nørrebro. Ur­sprüng­lich Zentrum der Ar­bei­ter­bewe­gung, stellte es die Stadt 1982 nach einer Be­setzung als Jugendzentrum zur Ver­­fügung. Es fun­gierte seitdem als Treff­punkt verschiede­ner linker Gruppen, sowie als Veranstaltungs­ort von Konzerten und Festivals.

Kaum war dieser Anlass verschwunden, tauch­te der nächste auf: Nazis sollen einige Pun­­­ker vorm Hauptbahnhof überfallen, ei­nen Welpen getötet und einen Punker kran­ken­­hausreif geprügelt haben. Die Spon­tan­­de­mo aufgrund dieses Überfalls mit etwa 300 Menschen ließ nicht lange auf sich warten.

Nächster Anlass für spontane Wut waren die Durchsuchungen der Polizei am 9. Mai von auto­nomen Projekten, wie der „roten Flora“ (Ham­burg) im Vorfeld des G8-Gip­fels, die nicht einfach so hin­genommen wer­den konn­ten. Insgesamt sechs Mal liefen mehrere hun­dert Leute von Conne­witz Richtung Innen­stadt, um die Legi­timität von Anti-G8-Protesten zu unter­streichen.

Para­llel dazu machten sms-Ketten die Run­de, die zu Spontandemos gegen Na­zis aufriefen, bei der so mancher Nach­mit­tag und Abend drauf ging. Insgesamt fünf Mal hieß es: „raus auf die Straße und Ge­sicht gegen Faschismus zeigen“. Der har­te Kern traf sich am 18. Mai zur vor­erst letzten Antifa-Spontan-Demo am Haus Leip­zig, welche auf dem Nach­hau­se­­weg am Szeneladen „Unter­grund“ vor­bei­­­skan­dierte: „Unter­grund wir sind da, Au­tonome Antifa!“. Wat mut, dat mut.

So manche/R der/die glaubte, die näch­sten Abende könne mensch sich ruhigen Ge­­wissens in die Kneipe oder zum Tisch­­ten­nis ins Zoro begeben, hatte sich geirrt. Am 24. Mai hieß es erneut raus auf den As­phalt und zwar für eine Stadt für alle! Also eine, die nicht Wach­dien­sten, La­den­besitzern, Einkaufs­meilen und Über­wa­chungs­kameras gehört. 700 Leu­te fan­den sich ein, darunter einige Rebel-Ar­my-Clowns und trafen auf leicht reizbare Cops. Da reichte es schon mit Kreide ein Dienst­fahrzeug anzuma­len, um film­reif ver­­haftet zu werden. Da nun aber die Leip­ziger­Innen eine gewis­se Rou­tine ha­ben, blieb die Demo ein­fach so lange vor Kar­stadt stehen, bis der Clown wieder ge­hen konnte.

Die „Faszination Protest“ hat – nach­dem die Telekom-Chefs mit miesen neu­en Ar­beitsverträgen den Anlass dazu ge­­liefert hat­ten – auch auf einige ihrer Arbeiter­Innen übergegriffen. Am 23. und 30. Mai liefen die Gewerk­schaftler­Innen für ihre Ar­beitsplätze durchs Zentrum. Und wol­len dies bei Fort­bestehen des An­lasses auch weiter tun.

Wer trotz dieses vielfältigen An­ge­botes noch nicht die Demo(s) seiner Wahl ge­fun­den hat, könnte auch bei den wieder­belebten Mon­tags­pro­testen mit­gehen. Der Grund für diesen Protest existiert schließ­lich auch immer noch.

(hannah)

P.S: Man ahnte es zwar kaum, aber natürlich waren auch am 6. Juni spontan und parallel zu Heiligen­damm Leipziger auf der Straße. Wofür: unklar, wogegen? Gegen Polizei­repres­sion zu G8.

Es war einmal …

Der Leipziger Ermittlungsausschuss zum Umgang mit Gerüchten, Klatsch und Informationen aus zweiter Hand

„Hast Du schon gehört? Heute Abend haben sich 40 Nazihools für´s Conne­witzer Kreuz angemeldet…“ Wer kennt solche oder ähnliche Erzählungen nicht?

Mitte März wurde berichtet, dass Pun­ker_innen auf dem Vorplatz des Leipziger Hauptbahnhofs überfallen und brutal zu­sam­men geschlagen wurden. Es gab die un­ter­schied­lichsten Aussagen zu diesem Vorfall. Sie reich­ten vom Tod eines Hun­des, Men­schen die mehrere Tage im Koma lagen, bis zum Mes­ser im Rücken. Wegen der enormen Bru­talität des Ereignisses ver­sammelten sich viele Men­schen und de­mon­strierten spontan von Conne­witz in die Leipziger Innenstadt. Was an diesem Tag genau passierte, ist allerdings wei­ter­hin unklar. Bis heute sind eine Menge Gerüch­te und widersprüchlicher Infor­ma­tio­nen im Umlauf. Ein Großteil der „Berichter­stat­­tung“ kann auf indymedia nachgelesen werden. Jedoch konnte bislang keine der In­for­ma­tionen bestätigt werden, Augen­zeu­g_innen oder gar Betroffene haben sich, trotz der ganzen Aufregung, bislang nicht zu Wort ge­meldet. Genau dies wäre aber notwendig, um die Betroffenen unter­stützen zu können und eine dem Thema angemessene Öffent­lichkeitsarbeit zu leisten. Dieses Beispiel macht einmal mehr deut­lich, wie wichtig es ist, bei der Verbrei­tung von Informationen ei­ni­ge Standards zu be­achten. Denn eine miss­lun­gene bzw. un­be­­dach­te Veröffentlichung von Ereig­nis­sen kann erhebliche Folgen haben.

Warum?

Gerüchten schüren Ängste. Dies kann zur Erlahmung ganzer Strukturen führen. Solange un­klar ist, was geschehen ist, so­lange ist auch un­klar, wie am besten zu reagieren ist, um sich selbst nicht zu gefährden und um die Inte­ressen der Opfer von Übergriffen zu schüt­zen. Auch die übertriebene Darstel­lung von Gescheh­nis­sen ist problematisch. Wenn kras­se Vor­fäl­le als unbestätigte Ge­schichten in der Stadt oder im Internet kur­sieren, oder sich im Nachhinein als unwahr oder über­spitzt herausstellen, führt das zum Einen dazu, dass die Betroffenen für unglaubwürdig ge­hal­ten werden. Zum Zweiten kann sich mit der Zeit ein gewisser Gewöh­nungs­­­effekt ein­stel­len, Vorfälle werden weniger ernst genom­men und im Ernstfall bleibt der ein oder die an­dere dann eben lieber zu Hause.

Viele von Euch nutzen das Internet, um In­for­ma­tionen weiterzuleiten, z.B. indy­media, blogs oder communities wie z.B. myspace. Dann solltet ihr euch immer im Klaren sein: je­des Posting ist nachvoll­zieh­bar. Denn je­dem Posting wird eine eigene IP­­-Adresse zu­ge­­ordnet und über diese seid ihr dann auf­­find­bar! (1) Wenn ihr im Inter­net über Nazi­­überfälle oder Übergriffe von Bul­len etc. berichtet, sollte euch also bewusst sein, dass virtuelle Diskussionen und Berichte über Vorkommnisse reale Konsequenzen ha­­ben. Die Folgen einer un­überlegten Ver­öf­fent­lichung im Inter­net sind meist nicht vor­hersehbar. So können sich zum Beispiel Leu­­te überlegen, eine Spontandemo durch­­zu­­führen. Po­stings können aber durch­aus auch ein juri­stisches Nachspiel für euch (oder an­dere!) haben, wenn ihr dort z.B. zu Ge­walt­taten oder Sach­­beschä­digung auf­ruft. Falls ihr über eine Aktion be­richtet, könnt ihr auch Ge­fahr laufen, als Zeug_in oder als Be­schul­digte_r vorge­laden zu wer­den. Übertriebe­ne Darstellun­gen im Netz wer­­den von Poli­zei und Presse nur zu gern ver­­wendet, um gegen linke Ak­tivitäten zu hetzen oder z.B. zukünftige Demonstra­tio­nen zu verbieten.

Deshalb!

Verbreitet Gerüchte und Informationen nicht weiter, ohne dass diese bestätigt wur­den. Fragt bei der Person, die euch die Neuig­­­­keit überbringt nach, woher er oder sie diese die Informationen hat. Dann über­­legt erst mal, kennt ihr diese Person, hal­tet ihr sie für vertrauenswürdig oder ist sie euch eher aus anderem Zusammen­hang als Tratsch­tante oder Tratschonkel be­kannt?

In­for­mationen oder Berichte auf indy­me­dia oder in Weblogs sollten von Be­trof­fe­nen oder Augenzeug_innen selbst ge­schrie­ben werden. Diese Regel gilt vor allem für die erste Veröffentlichung einer In­for­ma­tion. Die Infos aus solchen Be­rich­ten soll­ten dann sobald wie möglich durch Fakten kon­­kre­tisiert oder demen­tiert werden. Zu eu­­rem eigenen Schutz und zum Schutz von Be­­­troffenen bzw. Be­teiligten: überlegt euch ge­nau, was ihr wie im Internet veröffent­lichen wollt und wa­rum. Fragt euch vor­her: Welche Informa­tio­nen sind wirklich wich­tig und auf wel­che Details kommt es gerade nicht an? Das gilt erst recht bei Ak­tions­­be­richten. Über­legt also, ob es für Drit­­te relevant ist, dass ihr in der letzten Nacht in der Nähe euer Schule „ein super gei­­les Graf­fiti“ gesprüht habt oder welche il­lega­li­sierten Substanzen ihr bei der letzten Par­­ty „ge­schmis­sen“ habt. Seid euch bei Pos­­tings im Internet im­mer bewusst, dass die­se nicht nur von ei­nem kleinen Freun­des- oder Szene­kreis, son­dern auch von Na­zis oder Bullen gelesen wer­den können und auch gelesen werden. In diesem Zusam­men­­hang sei auch noch mal erinnert: NIE aber auch NIE euren rich­tigen Namen im Internet ver­­wenden!!! (2) Das be­deu­tet auch, dass ihr Postings, in de­nen Dritte über ein Ereignis berichten, nicht vor­­schnell Glauben schenken solltet. Und un­ab­hängig davon: glaubt nicht alles, was auf indymedia, myspace und Co. zu le­sen ist. Dort kann jede und jeder posten, al­so auch Nazis, Bul­len und Selbstdar­stelle­r_innen, die auch ger­ne mal Opfer sein wol­len und deshalb sinn­los über­trei­ben. Damit meinen wir nicht, dass ihr Be­richten von Über­fällen im Internet oder von Dritten gar nicht mehr glauben sollt. Wir raten euch ein­fach, an solche Veröf­fent­lichun­gen und Er­zäh­lungen mit ei­nem gesunden Miss­­trauen und Men­schen­ver­stand heranzuge­hen und die­sen auch nicht auszuschalten, wenn die Mel­­dung sonst wie krass oder unvorstellbar er­­scheint.

Wenn ihr euch über die Richtigkeit der In­for­­ma­tionen nicht im Klaren seid, oder nicht wisst, wie ihr am besten mit Informa­tionen um­gehen sollt, könnt ihr z.B. bei zuver­lässi­gen Antifa­strukturen nachfragen, bevor ihr sie wei­tererzählt, z.B. bei Gamma. An diese Struk­turen könnt ihr euch auch wen­den, wenn ihr selbst etwas wisst. Falls ihr unbe­stä­tigte Infor­mationen wei­ter­er­zählt, macht aus­drücklich und sehr deutlich, dass es sich hier­bei nur um ein Gerücht handelt!

Wenn ihr selbst Opfer oder Zeug_innen ei­nes Überfalls geworden seid, wendet euch an ver­trauenswürdige Leute oder an Grup­pen wie den EA. Diese Strukturen sind in der Lage euch zu beraten und zu unterstüt­zen. Sie über­legen gemeinsam mit euch, wel­che Mög­lich­keiten zum Handeln beste­hen, können mit euch zusammen eine wirk­same Öffentlich­keits­arbeit machen und euch gege­benen­falls recht­liche Hilfe ver­mitteln.

Euer EA

 

(1) Es gibt auch Möglichkeiten, anonym zu posten, z.B. über TOR oder JAP. Mehr Informationen dazu findet ihr z.B. unter tor.eff.org/

(2) Überlegt euch stattdessen lustige Nicknames, z.B. Micky Mouse ;-).

Ansichten eines Clowns

oder „von Einem der auszog, das Ärgern zu lernen“

Eigentlich gilt auf Demonstrationen in Deutsch­land striktes Vermummungsver­bot. Trotz­dem verstoßen vor allem radikale Grup­­pen immer wieder dagegen. Eine schein­bar be­sonders perfide Form sich zu vermummen, ist sich als Clown zu ver­klei­den. Zu den G8-Pro­testen in Rostock mar­schierte gleich eine gan­ze Hundert­schaft ver­mummter Clowns­ak­ti­visten ein. Die Poli­zei war überfordert, die Demon­stran­tInnen amüsiert. So richtig Angst und Schrec­ken flößt diese Clowns-Ar­my eben nicht ein. Zu grotesk ist ihr Outfit, zu dreist, zu schnell, zu verspielt über­schrei­ten sie Gren­­zen, für deren Übertre­tung jeder “schwarz gekleidete Demon­strant Schläge oder Gewahrsam ris­kieren wür­de.“ Auf ei­nem der G8-Protestcamps traf ich David, alias Bombie. Den Philo­sophie­stu­den­ten aus Bochum habe ich gefragt, was der Ein­marsch der Clowns-Army bedeutet.

Ist das alles nur Spaß oder steckt ein Konzept hinter der Clowns Army?“

„Es ist nicht so, dass man einfach Akti­visten hat, die sich als Clowns ver­kleiden. Son­dern das ist sehr professionell organi­siert. Wir sind Clowns, vor Ort, wir tun nicht nur so, wir sind es. Und als solches ist es dann auch von einem reinen Akti­vi­stenkonzept zu trennen. Es ist auf eine ganz eigene Weise politisch. “Viele, vor al­lem Polizisten, denken, dass wir ganz be­sonders fiese Autonome sind, die sich nur als Clowns anschminken, um dann fies zuzu­schlagen. Aber das Radikale ist nicht, dass sie aggressiv sind, sondern dass sie völ­lig das Konzept sprengen. Sie fangen auf ein­mal an, eine Rolle einzunehmen, die dieser Gesell­schaft bekannt ist, nämlich die des Clowns. Der passt aber in diesen Rah­men von Repres­sion und Unter­drückung gar nicht rein. “Mit Clowns kann man (Anm. d. Autors: von Poli­zei­seite) gar nicht so richtig umgehen: Sie kom­­men an und ma­chen sich über einen lus­tig und wenn man sie ignoriert, machen sie immer weiter und man steht lächerlich da.“

Wie wird man Clown-Aktivist?“

“Es gibt Workshops, die professio­nell orga­ni­siert sind. Ich selbst hat­te einen dreitägi­gen Work­shop, der Vollzeit war und sehr an Im­pro­visations­theater erin­nerte. Man lernt Übun­gen und Spiele, einfach das Denken ab­zuschalten. Du ver­suchst gar nichts Lustiges zu ma­chen, son­dern du versuchst es einfach lau­fen zu lassen… Jeder hat einen Clown in sich. Es geht darum ihn zu befreien.“

Wie funktioniert die Clowns-Armee?“

“Die Clowns Army bewegt sich bei vielen Sa­chen auf einer Gratwanderung… Also es ist tatsächlich eine Form der Armee. Es macht sich darüber lustig, aber es nimmt ei­nige Formen effektiv auf und nutzt sie auch wirk­lich in dieser Form. Die Clowns sind or­ga­ni­siert in Gruppen und nennen sich „gaggles“… Es gibt „code-plenas“, eine be­stimmte Form in der ganz schnell Ent­schei­dungen getroffen werden. Das ist sehr ernst, das ist dann wirklich in so einer Aktivisten­rolle. Man entscheidet eine gro­be Fahrtrich­tung, geht wieder in seinen Clown rein und dann geht es weiter.“

Man kann also aus seinem Clown rein und raus gehen. Wie funktioniert das?“

“… Wenn man ernsthaft diskutieren will, nimmt man immer die Nase ab. “

Ist das Rein-Raus aus dem Clown nicht schizophren?“

“Nein. Naja, ein bisschen vielleicht schon. Es ist ein Problem dazwischen zu wechseln, weil ich als David bin ganz klar politischer Aktivist und „Bombie“ ist „Bombie“. Er geht ganz anders an die Dinge heran. „Bom­­bie“ findet auch viele Dinge schlimm, aber Bombie macht keine Pläne. Und wenn er Pläne macht, dann ver­­­­­gisst er sie sehr schnell wie­der. So ist es natürlich ein Prob­lem mit Bom­bie etwas Be­stimm­tes zu ma­chen. Es gibt die Si­tua­tion, wo man zwi­schen­­drin auch mal wieder einen küh­len Kopf krie­gen muss und als David etwas pla­nen muss, mit den ande­ren be­spre­chen muss und auf einmal mer­ke ich, wie sich Bombie wieder in den Vordergrund drängelt, ich wie­­der mit einer Pieps-Stimme spreche und mei­nem Nebenmann an die Nase grei­fe, ohne dass ich das wollte, weil sich Bom­bie wieder durchsetzt.“

Wie behältst Du die gute Laune über Stun­den, bei 30 Grad, emotionalem Stress..?“

“Es geht nicht darum zwanghaft Leute zu be­lustigen. Aber natürlich kann es über län­gere Zeit hart werden. Ich selber bin ein Clown, der sehr viel Energie reinsteckt, sehr abgeht, durch die Gegend springt, sich to­tal veraus­gabt und ich hab festgestellt ich bin niemand, der einen halben Tag Clown ma­chen kann. Nach drei vier Stunden Power merke ich, ich muss aufhören. Dann geht man an die Seite, schminkt ab und dann ist es auch vorbei. “

Kann Bombie über das was er hier erlebt hat, sprechen?“

“Oh, ich weiß nicht. Ich glaube Bombie hat sich gerade noch ein wenig versteckt. Er ist noch sehr geschafft von den Tagen. Er hat viel zu verarbeiten. Bombie inter­es­siert sich mehr für Details und den Spaß, den er damit haben kann. Eigentlich wollte Bombie bloß baden ge­hen, aber leider kam da ein Zaun dazwi­schen.“

(dr.no)

Die Freiheit der Supermarktregale

Ab dem kommenden Jahr will die Stadt­verwaltung Leipzig AsylbewerberInnen den „selbstständigen“ Einkauf in ausge­wähl­ten Supermärkten gestatten. Statt der bisherigen Gutscheine, mit denen aus ei­nem begrenzten Angebot zu festgesetzten Prei­sen Essen, Körperpflegemittel und Klei­dung sieben Tage im Voraus bestellt wer­­den konnte, soll es nun Chipkarten geben. Bürgermeister Fabian (Beigeordne­ter für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schu­le) preist dies als „erheblichen Zu­wachs an Lebensqualität für die Asylbewer­ber“, wobei er zu vergessen scheint, dass die Stadt bereits vor einigen Jahren viel wei­ter war und die Auszahlung von Bar­geld vorschlug. Dieser Vorstoß wurde aber von der Dresdner Landesregierung damals abgeblockt. Bis 2007 gab es auch in Dres­den Kataloggutscheine, seit einigen Mona­ten wird aber endlich Bargeld ausgezahlt. Statt dass die Stadt Leipzig nun in die ge­schlagene Bresche springt und ebenfalls zur kostengünstigsten Variante Bargeld greift, soll hier nun das Chipkartensystem ein­geführt werden… einen Schritt vor und zwei zurück…

Was ist denn nun das Problematische an den Chipkarten?

Zum ersten die Entmündigung: Asylbe­wer­berInnen mit Chipkarte dürfen zwar ein­kaufen, aber sie können nicht wählen, wo. Also: keine Wahlfreiheit und lange Anfahrtswege mit den damit verbundenen Kosten für den ÖPNV!

Zum zweiten die Diskriminierung: Wenn an der Kasse der Verkäufer umständlich die Chipkarte auf Guthaben und Gültigkeit prüft, ist für alle Anwesenden klar: Hier kauft ein Asylbewerber ein. Zum dritten die Kontrolle: Jeden Monat müssen die Asyl­bewerberInnen zum Aufladen ihrer Karte zum Sozialamt fahren. Einige, denen die Bearbeiterin im Sozialamt den Umgang mit Geld nicht zutraut, werden sich ihre jeweiligen Beträge einmal pro Woche ab­holen müssen. Außerdem wird gespeichert, wann, wo und wie viel die Asylbewer­be­rIn­nen einkaufen und von Mitarbeite­rIn­nen des Sozialamtes kontrolliert. Und schließ­lich: die AsylbewerberInnen erhal­ten ohnehin nur Leistungen unter der Hartz-IV-Grenze (ca. 80%) der Sozial­hilfe). Mit den Chipkarten kontrolliert die Stadt zudem, dass AsylbewerberInnen be­stimmte Produkte nicht kaufen können. Zi­garetten und Alkohol zum Beispiel. Da­hinter steht die Vorstellung, Asylbewer­be­rIn­nen könnten nicht mit Geld umgehen.

Damit bleibt mit Katalogen, wie mit Chip­karten kein Geld für öffentliche Verkehrs­mittel, Sprachkurse, dringend benötigte An­wälte, Kindergärten und Schulkosten, Te­lefon etc. Reinhard Boos (Sächsisches In­nenministerium) drückte dies so aus: „eine gewollte Einschränkung in der freien Gestaltung des Lebens“. Auch wenn ein Ein­kauf per Chipkarte tendenziell weniger Isolierung und mehr (aber keine freie) Aus­wahl ermöglicht geht es immer noch um ei­ne rassistische Praxis, die sich fort­schreibt. Das zu ändern, hat sich die Um­tauschinitiative „Anders einkaufen“ auf die Fah­ne geschrieben. Darum: Kaufen wir ein, damit andere einkaufen können!

Tauschen wir mit den AsylbewerberInnen ihre Gutscheine/Chipkarten gegen Bargeld, damit sie wenigstens ein bißchen mehr Geld zur Verfügung haben, als die 40 € „Taschengeld“ im Monat!

 

Infos unter: www.anders-einkaufen.de

Medien & Mythen

„Versprich mir, dass Du keine Steine werfen wirst“ verlangte meine Mutter von mir, ehe ich Richtung Heiligendamm aufbrach. Bei ihr konnte ich das verstehen, schließlich hat sie zur 68er-Zeit studiert und von damals sicherlich noch ganz andere Bilder im Gedächtnis. Zum Beispiel das berühmte Bild vom blutenden Benno Ohnesorg, welcher genau 40 Jahre zuvor ermordet wurde, was die Studen­ten­revolten der 68er und die Entstehung der RAF maßgeblich beeinflusste. Was mir jedoch die Sprache verschlug, war der flapsige Kommentar meiner Groß­mutter, als ich ihr eine Woche später telefonisch aus dem Erfahrungsschatz des Erlebten berichtete. „Das finde ich richtig, dass man diesen Chaoten mal die Grenzen aufgezeigt hat, wenn die nur Steine schmeißen können…“ sagte sie sinn­gemäß. Wie sollte ich ihr auch erklären, dass in Wirklichkeit doch alles ganz anders abgelaufen ist, als sie es vermittelt bekam?

Dazu hätte ich erstmal das Hinter­grundwissen darüber gebraucht, was während des Gipfels alles geschehen war und wer wie darüber berichtet hat. Als von Zeit zu Zeit journalistisch Tätigem sind mir die Ab­läufe und möglichen Fehlerquellen des Systems bekannt, die Auftaktkundgebung am 2. Juni in Rostock lieferte ein nur zu anschauliches Beispiel für verzerrte und oft­­mals grundfalsche Kolportage in den Mas­senmedien. Darum sehe ich es als meinen Beitrag zu den Gipfelprotesten, den gegenwärtigen Zustand der Massenmedien zu beschreiben und auf die Miss­stände aufmerksam zu machen.

Die Vorbereitung

Es fällt den meisten Menschen schwer zu realisieren, dass sie in Bezug auf den G8-Gipfel von „ihren“ Medien schamlos be­logen und zu Narren gehalten wurden. Das Gipfeltreffen wurde Monate im Vor­aus sorgfältig geplant und keine der beteiligten Seiten wollte etwas dem Zufall über­lassen. Staatliche Stellen haben im Vorfeld mit „Präventivmaßnahmen“ (Stichwort §129a StGB „Bildung terroristischer Vereinigungen“) sämtliche Register gezogen. Auch Bundes­innen­minister Schäuble wurde nicht müde, diese Bedrohungskulisse durch regelmäßige Warnungen vor Terror­an­­schlä­gen noch eindringlicher zu ma­chen und hat damit umfangreiche Überwa­chungs­met­hoden ermöglicht und den schlei­chenden Einsatz der Bundeswehr im Inland weiter vorangetrieben. Dieses Vor­gehen diente wohl dem Zweck, sich nicht schon im Vorfeld mit den Argumenten der GipfelgegnerInnen auseinandersetzen zu müssen und wird auch jetzt noch weiter betrieben. Wen verwundert es da, dass durch diese Kri­mi­nalisierung ein Mobili­sie­rungs­schub in der Autonomen Szene erreicht wurde? Ent­sprechend vorherseh­bar gab es dann zur Auftaktkundgebung in Rostock auch Ge­walt zu sehen, welche v.a. im Fernsehen genüsslich ausgeschlach­tet wurde, denn sie kam erwartet.

Alles, bloß keine Inhalte

Der Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert zwar das Recht auf freie Meinungs­äußerung und die Freiheit der Presse, die etablierten Massenmedien sind aber keineswegs so frei, wie mensch sich das wünschen würde. Denn jeder Medien­konzern gibt eine bestimmte Linie vor, der sich alle Angestellten unter­ordnen müssen. Leider wagten nur sehr sel­ten und zaghaft einzelne Journa­listInnen, entgegen der eigentlichen Gepflogenheiten das Verhalten der Obrigkeit zu kri­tisieren, nie aber wurde der Polizei­einsatz als Gan­zes in Frage gestellt. Der Konkurrenzdruck innerhalb der Branche führte dazu, dass in den meisten Fällen Pressemeldungen der Kavala (die Ein­satzleitung der Polizei­kräfte rund um den G8-Gipfel) einfach unreflektiert übernom­men wurden. Schnel­lig­keit geht eben vor Sorgfalt.

Selbst wenn eine Kamera Bilder aufgezeichnet hat­te, die ein­deutig Gewalt gegen fried­liche Prote­stie­rerInnen zeigt, kommen­tierten viele Sender diese Bilder so, als sei die Gewalt von eben jenen aus-gegangen und der Einsatz von Wasserwerfern, Tränen­gas und Pfefferspray darum ge­recht­fertigt und notwendig. Am Donners­tag beispielsweise wurde die friedliche Sitz­blockade vor dem westlichen Kontroll­punkt geräumt und weil während dessen auch verein­zelt Plasteflaschen in Richtung der ver­mumm­ten „Robo­cops“ flogen, wurde daraus kurzerhand der Anlass gestrickt, der die Brutalität notwen­dig gemacht habe. Tags zuvor wurde schon per Pressemit­teilung die Lüge in die Welt gesetzt, am östlichen Kontrollpunkt – ebenfalls eine durchgehend friedliche Sitzblockade – würden sich die Demon­strantInnen mit Molotowcocktails bewaff­nen. Wie inzwi­schen leider üblich, wurde auch die Anzahl der mutmaßlich Gewalt­bereiten (festge­macht an jenen, die schwarz gekleidet waren) immer etwas höher als real, die Gesamtmasse der BlockiererInnen ständig zu niedrig eingeschätzt. In Rostock hätte es bei einigen kaputten Scheiben bleiben können, wenn es die völlig überzogene Reaktion der Polizeikräfte nicht gegeben hätte. Aber so wurde daraus die „schlimm­ste Straßenschlacht seit 20 Jahren“ (BILD vom 4.6.), für die alleine Steinewerfer verantwortlich gemacht wurden. Keine Be­haup­tung klang un­glaubwürdig genug, um nicht verbreitet zu werden. In den wenigsten Fällen machte mensch sich die Mühe, diese fehlerhafte „Berichterstat­tung“ hinterher zu korrigieren. Traurig genug, dass bei über 5.000 angereisten Jour­nalistInnen kaum jemand in der Lage war, das Geschehen einigermaßen wahrheits­­getreu wiederzu­geben.

Keine Analyse – Lügen und Gewalt

Die so genannte „Deeskalationstaktik“ war hier­für ein leuchtendes Beispiel. Auch wenn seit Rostock offensichtlich war, dass es diese Taktik seitens der Polizei nie gab (siehe Artikel Seite 12), wurde sie in der fol­genden Woche immer wieder zu Propa­gan­­dazwecken benutzt, um die Gipfelkriti­ker­Innen als Provokateure hinzustellen. Als am Montag klar wurde, dass die Kavala die An­zahl der ver­letzten und schwerverletzten Po­lizistInnen weit übertrieben hatte und statt angeblich zweien keine einzige Person mit Messern angegriffen wurde, haben die Lohnschrei­ber­linge dies im besten Falle zur Kenntnis genommen. Noch Tage danach griffen viele Berichte die angeblich 433 ver­­letzten PolizistInnenen auf, während über die Haftbedingun­gen in den GeSa (Gefangenensammel­stellen) erst Tage später berichtet wurde. Mit täglich neu ver­breiteten Einschüchterungen und Lü­gen, die von staatlichen PR-Fach­leuten lanciert schnell in der Szene Ver­breitung fanden, ist die Masse der Gegen­demon­strantInnen von Anfang an in die De­fensive gedrängt worden. Vielleicht auch, weil die TV- und Zeitungsleute ihren LeserInnen den Willen nicht zutrau­ten, die kom­­plexe Realität zu verstehen, hat man lie­ber ein Schreckgespenst und Feind­­bild „Schwar­­zer Block“ in den Vorder­grund gerückt, das eben darum so wirksam war, weil es so diffus gefasst und flexibel handhabbar ist. Diese Vor­liebe von Medien­leu­ten, Sachver­halte zu ver­einfachen und an Ein­­­zelper­sonen fest­zumachen, hat die Or­ga­ni­sa­torInnen der Zelt­lager dazu bewogen, eine strikte Infor­ma­tionspolitik zu fahren und Kamerateams nur nach Anmeldung, unter Aufsicht und nur für kurze Zeit in die Camps zu lassen. Denn wie die Praxis zeigt, sorgt der Selek­tions­drang in der Flut der Bilder und Ge­rüch­te dafür, dass nur die quotenträchtig­sten den Filter passieren können. Mit an­deren Worten: was nicht skan­dalträchtig ist, wird skandalös ge­macht. So wurde einer der friedlichsten G8-Gipfel der letzten Jahre zum inszenierten Aus­nahme­zustand.

Die Rolle der unabhängigen Medien

Mit Pauschalisierungen, der Ignoranz ge­gen­­über Polizeigewalt, Desinteresse an al­ter­nativen Praxen und Ideen, sowie dem Kampf um die besseren Bilder sollte die oh­­ne­hin zersplitterte Linke anhand der Ge­­walt­frage gespalten werden. Es steht zu hof­fen, dass durch das Internet und des da­raus resultierenden vereinfachten Zu­gangs zu einem breiten Publikum, die Mas­sen­medien diese einseitige Berichter­stat­tung irgendwann überdenken werden. Auch wenn sie nur die Vorurteile ihrer Ziel­gruppe zu bedienen glauben, ha­ben zahl­reiche TV-Stationen und Printmedien an Glaubwürdigkeit einge­büßt, was sich über kurz oder lang auch in den Zu­schauer- bzw. Verkaufszahlen zeigen wird. Hier sind alternative Modelle gefragt, die zwar auch schnell, da­für fundiert und aus ei­nem anderen Blick­winkel berichten kön­nen. Indymedia hat es vorgemacht und als ei­gentlich reines Onlinemedium in der Gip­felwoche täg­lich eine Printaus­gabe auf­gelegt, die den Camp­bewoh­nerIn­nen zu­sam­menfassende Mel­dun­gen über das Ta­­gesgeschehen und Au­gen­zeugenberichte bot. Freie Teams aus Video­aktivistInnen ha­­ben sich zusammen­gefunden (beispielsweise g8-tv.org und interpool.tv) und re­la­tiv schnell ihre Bilder ins Netz gestellt. Freie Radios waren fast überall präsent und bo­ten Einsichten, die sowohl erfri­schend tief­gründig als auch unterhaltsam ein brei­tes Publikum auf dem Laufenden hielten. Es ist wahrscheinlich, dass hiermit auch Leu­­te angeregt wurden, sich selbst zu betei­li­gen und Neuigkeiten mit Informa­tions­wert weiterzugeben. Denn die News kön­nen nur so glaub­würdig sein, wie die Per­son, die sie weiter­gibt. Diese Modelle der Ei­gen­partizi­pation müssen weiterver­folgt wer­den und ständig die herrschende Me­­dien­­realität hinterfragen, wenn künftig die Be­völkerungsmehrheit auch die Positio­nen systemkritischer Initiativen und Netz­wer­ke zu Gehör kriegen soll.

(bonz)

Unser Zaun

Selbstorganisation im Camp Reddelich

Der G8-Gipfel ist vor­­bei. Jede_r der Da­­ge­­we­senen trägt sei­­nen Ruck­sack neu­er Er­fah­rungen, Ein­drücke und Er­leb­nisse zurück in die Gegend in der er/sie ak­tiv ist, war oder hoffentlich nun sein wird. Poli­tische Gruppen und Bünd­nisse, die sich zum Teil seit über einem Jahr thematisch und mo­bi­li­sie­rend beschäfti­gen, ziehen (hof­fent­lich) ihre Schlüs­se, veröffent­lichen sie und über­le­gen nun, wie perspek­tivisch und prak­­tisch mit dem Erlebten um­zu­gehen ist, was mensch mit­nimmt und woran nun weiter­ge­­ar­­beitet wird. Seien es die neuen Bündnis­mög­­lichkeiten die sich nun auftun, der even­tuelle Zu­lauf vieler Men­schen, die eine poli­tische Spielwiese su­chen, oder die Er­fahrun­gen mit Re­pres­sionen, mit denen in­halt­lich in der Po­lit-Gruppe um­ge­­gangen wer­den muss. An­knüp­fungs­punkte gibt es mehr als ge­­nug, viele Men­­schen hat es sicher be­stärkt in ihrem poli­tischen Engage­ment und dem Ge­­fühl, nicht al­lein gegen den Kapi­ta­lismus zu kämpfen. Ja, den Ein­druck Viele zu sein, die etwas be­wegen können und ähn­liche Ziele verfolgen, haben bestimmt viele heimge­nommen.

Mit diesem und den politischen Debatten als Ein­zelperson, Gruppe oder Bündnis umzuge­hen ist eine Sache, als Zeitung danach darü­ber zu berichten eine andere. Fern­­ab der spek­ta­kulären Medienbe­richt­er­stat­tung und der damit verbundenen ver­kürz­ten Debatten um die sog. globalisie­rungs­kri­tische Linke, soll es des­halb hier, aus dem vor-Ort-Blick­winkel, um einen anderen Er­fah­rungs­bereich gehen: Selbst­organisation in Camp Reddelich. Denn die allermeisten der an­wesenden Aktivist­_in­nen sind über­zeugte Anti­­­kapita­list­­_innen und die Camps waren – neben der Unter­brin­­­gung – auch Spielwiese und Mikro­kos­mos, die geteilten Ideale auszu­leben – im selbstverant­wortlichen Miteinander.

Partizipa­tion

Selbstorganisation muss gut vorbe­reitet sein; wer sich einbringen will, muss wissen wovon geredet wird. Inhaltliche Vorberei­tung lief vielerorts indivi­duell, in­nerhalb der Gruppe, des Bünd­nisses oder bei der Planung und Ge­staltung der Barrios. Barrios, das waren im Camp erkennbare Gebiete – das Dorf im Dorf – die relativ unabhängig in Aufbau und Struktur agierten, sich inhaltlich je nach selbstge­setztem Schwer­punkt (wie z.B. Ya Basta!) engagierten und als Ori­en­­tie­rung für große Gruppen galten. Dreh- und Angel­punkt der praktizierten Basisde­mo­kratie waren neben den Barrios jedoch die Bezugs­­gruppen, die wahl­weise aus dem Freun­des­kreis, der Politgruppe oder ande­ren Zusammen­hängen bestan­den und viel­fach auch vor Ort neu gefunden wurden (wo­für es sogar Bezugs­gruppen­­findungs­treffen gab). Sinn­stiftend, da sie dem/der Ein­zel­nen das Gefühl von Sicherheit, Orien­­tierung und Partizipa­tion geben kön­nen – weil mensch unter Vertrauten mehr aufein­ander achtet, Grenzen ab­spricht, gemeinsam bestimmte Aktio­nen plant und währenddessen auch schneller handlungs­fähig ist.

Das Bezugs­gruppen-Konzept ist zwar nicht neu, allerdings hat es im Rah­men der Proteste eine neue Dimen­sion er­hal­ten: denn zum einen waren die mög­lichen Aktionen vielfältiger und zahl­rei­cher und zum anderen waren sie als klein­ste informelle Zelle wichtiger Bestandteil für Infofluss und Partizi­pation. Denn im Camp gab es dann sog. Deli­plena (Dele­gier­tenplena), bei denen sich Vertreter der Bezugs­gruppen und Barrios regelmäßig im Zirkuszelt einfan­den, um die aktuelle Si­tua­tion, orgatechnische Probleme und ge­mein­sames Agieren zu besprechen bzw. zu planen. Frei nach dem Räteprinzip gibt es eine Rückkopplung zwischen Deliplena und Bezugsgruppen, so dass bei jeder Ent­schei­dung alle beteiligt werden können. Mein Eindruck war hier, dass jenes funk­tionierte und die getroffenen Ent­schei­dun­gen breit disku­tierte und getra­gene waren, ohne die Aktionsfähigkeit durch debattie­ren zu behindern. Beispiel­haft dafür war sowohl der nächtliche Camp-Alarm, wo sich innerhalb kür­zester Zeit viele Leute an den Eingän­gen sammelten und für den Fall der Camp-Räumung Barri­ka­den bauten, als auch die Blockade­ak­tio­nen, wo früh morgens ca. 6000 Leute das Camp Reddelich organi­siert und ziel­strebig Richtung Zufahrts­straße am Ost­gate verließen.

Letzteres jedoch war auch von langer Hand geplant und im Vorfeld von einem breiten Bündnis organisiert, das unter dem Na­men „Block G8“ unzählige Ak­ti­­vi­st_innen im Vorfeld und durch mehrere täglich stattfin­dende Blockade­trainings auf die Aktion vor­bereitete. An­ge­fangen vom Durch­brechen der Bullen­kette anhand der „Fünf-Finger-Taktik“, bis hin zu rechtli­chen Fragen und dem Ge­walt­frei-Kon­sens von Block G8 wurde alles ausführlich diskutiert und praktisch er­probt, so dass die meisten gut vorbereitet in den Mitt­woch starteten. Dass das Kon­zept aufging ist allgemein bekannt, dass es während der dreitägigen Blockade­aktion dann zum Konflikt zwischen den Bünd­nis­organisa­tor_innen und den Bezugs­grup­pen kam, den unter­schied­lichen Ziel­setzungen geschuldet. Dieser ent­brannte um die Frage der Auf­recht­­erhaltung der Blockade über Nacht, wobei die Ein­schätzung von Block G8 war, den Gewalt­freiheits-Konsens nicht erhal­ten zu können und deshalb die Aktion lieber zu beenden. Basisdemo­kratie und Selbst­organisation zeigte sich jedoch genau an diesem Punkt auch, denn die meisten der abendlich an­we­senden Bezugsgruppen waren ge­kom­men um zu bleiben. Das taten sie dann auch und setzten die Aktion unab­hängig von Block G8 – jedoch gewaltfrei und mit Er­folg – bis Freitag fort. Die Diskussions­kultur erschien dann auch entspannter und basisdemokratischer. Insgesamt entstand der Eindruck, dass es trotz der Menge an Leu­ten mit den verschiedensten Bedürf­nissen und Vor­stellungen, gemeinsam ge­schafft wurde, dem gerecht zu werden und das Blockade-Ziel erfolgreich aufrecht zu erhalten. Gleichberechtigung, Rück­sicht­­nahme und die allseitige Bereitschaft zu Ver­ant­wortung für sich selbst und andere waren dabei die Schlüsselwörter, ohne die die im Nach­hinein allgemein positive Ein­schätzung zur Aktion sicher nicht zu­stande ge­kommen wäre.

Infrastruktur

Neben den unzähligen inhaltlichen Debat­ten, bei denen versucht wurde durch Kon­sens oder Spielfeldabgrenzung dem breiten Spektrum (mit den unter­schied­lichen Ziel­setzungen in Bezug auf Protestkultur) ge­recht zu werden, wirkte das Camp Redde­lich auf jeden Fall auch orgatechnisch gut vorbereitet. Die Camp­AG, bestehend aus ca. 35-40 aktiven Menschen, die als Einzel­personen oder in verschiedensten Grup­pen engagiert sind (1), hatten es geschafft, die wichtigste Infrastruktur im Vorfeld aus­reichend bereit zu stellen. Ab Mitte Mai wa­ren schon Leute zwecks Aufbau vor Ort; an­ge­fangen bei der Strom-, Wasser- und Ge­sundheits­versorgung, der viel­fältigen Vo­küorga bis hin zu der liebevoll einge­rich­teten Bar und den selbstgebauten Du­schen – Anfang Juni war alles vor­handen. Zudem gab es ein Infozelt (Concierge), wo die neuesten Infos an großen Wänden stän­dig aktuali­siert wurden, das Legal Team (EA) vor Ort, dass sich um die Men­schen in den Gefan­genensammelstellen küm­­merte und rechtliche Fragen klärte, ein indy­media-Zelt und einen alternativen Radio­wagen. Auch gab es den First-Aid-Be­reich und die Trauma-Support-Gruppe, die sich bereits vor über einem Jahr zusam­men­fand, um sich im Rahmen des G8-Gip­fels der Opfer von Gewalt und Repres­sion anzunehmen. Darüber hinaus organi­sierten sie auch Infoveranstaltungen, bei denen die psychologischen Auswir­kungen von Gewalt erläutert wurden, wie sie sich bei Traumatisierten ausdrücken und Tipps ga­ben, wie mensch in der Be­zugs­gruppe mit den Erfahrungen Einzel­ner umgehen sollte.

Wie fähig zur Selbst­organisation die verschiedensten organi­sier­ten und nicht­organisierten Akti­vist_innen tatsächlich sind, zeigte sich dann in dieser Woche, wo mensch sich nach Möglichkeit und Schwer­punkt einbrachte: da gab es den Be­reich für Betroffene sexueller Diskrimi­nierung (awareness group und antisexist­ group), die Walz-Handwerker_innen­grup­pe ‚Axt und Kelle‘ und die bunten Barrios, die ihr Know-How einbrachten und sich bei Workshops, dem Kulturpro­gramm oder Trans­portdiensten engagier­ten. Die Zahl der spontanen fleißigen Hände, die dann auch noch Campschutz, Abwasch und an­dere alltäglich anfallende Tätig­kei­ten und Schichten übernahmen, schien nicht zähl­bar, aber zahlreich. Bis hin zu wichtigen Details, wie einer Werkzeug- und Material­sam­mel­stelle, kollektiven Han­dy-Lade- und Fahrrad-Verleih-Statio­nen war tat­säch­lich für alles gesorgt.

Größen und Grenzen

Dass die Selbstorganisation in Reddelich selbst dann noch funktionierte, als die Zahl der Campenden sich am Dienstag auf na­he­zu 8000 verdoppelte, lag zum einen na­türlich an der guten Vorbereitung Vieler und dem Willen, gemeinsam was auf die Bei­­ne zu stellen. Zum anderen je­doch ste­hen und fallen die Konzepte mit den Men­schen, die sie dann vor Ort mit Leben er­fül­len, wobei unsere Stärke ein­deutig im Mit­einander lag. Dass die Mehr­zahl der An­wesenden fähig sind, ihr Ideal­bild vom ge­sellschaftlichen Zu­sam­­men­­le­ben im Rah­men der Campwo­che auch um­zu­­set­zen war mein Eindruck, obgleich es auch Au­genwischerei wäre, alle Kon­­flikt­punkte die es gab wegzu­loben. Verglichen mit dem Ge­samt­ablauf waren diese jedoch margi­nal, wie zum Beispiel die vom ansäs­si­gen Flei­scher verkauften Grill­­waren, die für den einen oder die an­dere sicher Frust­ra­­tions­anlass waren, aber eben auch zum ge­­lebten Miteinander ge­hö­ren. Vor allem beim Punkt Finanzierung stoßen unsere Kon­­­zep­te aber wohl auf Gren­zen. Denn ins­­gesamt fehlen noch ca. 50.000 Euro um die angefallenen Kosten für Aktionen, Camps und Alternativgipfel zu decken. Da­mit diese erlebnisreiche Wo­che aller­dings nicht für einige Wen­ige zum ver­hängnisvollen Schul­denberg wird, wäre es super, wenn ihr mit dem Zu­sam­­men­krat­zen einiger Groschen weiter­hin solida­risch seid und spendet unter dem Stich­wort:

G8-De­fizit an den

Förder­­verein Frieden e.V.

Konto-Nr: 1900 726 793

Sparkasse Köln/Bonn

BLZ: 370 501 98

Zudem könnt ihr Solidarität und Vergnü­gen auch verbin­den, indem ihr auf die Soliparty des ‚Leipziger Bünd­nis gegen G8‘ am 11.08. in die G16 schaut.

Natürlich gäbe es noch so viel zu be­­richten, sowohl zur Aktions­wo­che, den unzähligen inhalt­lichen Debatten und Gesprä­chen, als auch zur Überschattung der scheinbar hei­len Camp-Welt u.a. durch ständig kreisen­de Hub­schrauber, Perso­nal­­ausweise-kon­trollierende Bullen auf dem Weg dorthin und der Gefahr geräumt zu werden. Leider nicht mehr an dieser Stelle, denn hier bleibt nur zu verweisen, dass auch unab­hän­gig der G8-Proteste dieses Ex­perimen­tierfeld des Zusammen­lebens anderer Art im Kleinen erfahren werden kann: In den verschie­denen, alljährlich statt­findenden Camps wie z.B. dem A-Camp (vom 23.7.-30.7. in Burg Lutter und vom 20.-29.7. in Österreich). So­lidarität im Kleinen, die Bewusstsein und Han­deln prägt und über punktuelle Groß­events und den kleinen Mi­kro­kosmos hin­austrägt, kann sicher­lich auch unsere All­tagswelt positiv beeinflus­sen und die Wort­hülse des ‚solidarischen Mit­einanders‘ mit mehr Leben füllen. Die ständig propagierte mög­­liche andere Welt fängt im Kleinen, All­täglichen an und wird so hoffentlich zur großen Bewegung. Das Ge­fühl, nicht nur ver­einzelt diesen Traum zu verfolgen, son­dern viele zu sein, trage ich aus dem Camp in meinem Rucksack je­denfalls mit hinaus.

(momo)

(1) Bündnispartner bei der CampAG: dissent!, Parteijugenden, Gewerk­schafts­jugenden, attac, Inter­ventio­nistische Linke (IL), regionale G8 Bünd­nisse, Friedens­bewegung, Umwelt­bewe­gung und christliche Basisgruppen