… titelte der MDR am 5. Februar 2009 in seiner Internetpräsenz über das Erfurter Problemkind und fügte hinzu: „Das Haupthaus der Besetzer brannte nicht, war aber stark verraucht.“ Tja, zu früh gefreut, liebes MDR-Auditorium! Niemand kam zu Schaden und es scheint sich auch nicht um Brandstiftung zu handeln. Alles „halb so wild“ also, das „B-Haus“ steht nach wie vor und bereitet sich weiter auf die (militante) Verteidigung vor. Doch der Reihe nach, seit unserem letzten Bericht über das ehemalige Topf-&-Söhne-Gelände hat sich viel getan. Nach der bundesweit mobilisierten Demonstration mit etwa 1400 Teilnehmer_innen am 24. November war es über Weihnachten in’s neue Jahr hinein erst einmal ruhiger geworden um den weit beachteten Widerstand gegen die drohende Räumung des Geländes. Bis die Domicil Hausbau GmbH den Besetzer_innen am 8. Januar einen Brief zukommen ließ, in dem sie aufforderten, den besetzten Teil des Geländes bis zum 21. Januar 2009 zu räumen. Diese ließen den Termin freilich verstreichen, wurden aber nicht geräumt und sehen sich nun einem erneuten Ultimatum gegenüber: Die nächste Räumfrist läuft am 15. Februar ab. Eine weitere große Demonstration am 24. Januar mit ca. 1100 Teilnehmer_innen sollte der Höhepunkt einer Aktionswoche sein, die mit einer spontanen „Jubeldemo“ begann und sich über mehrere Tage fortsetzte. „Sollte“ deshalb, weil eine Aktion besonders herausstach und deutschlandweit mediales Interesse auf sich zog, so dass diesmal nicht nur der MDR und Indymedia berichteten, sondern sich praktisch jede große Tages- und Wochenzeitung und sensationslustige Fernsehsendung sich des Themas annahm:
Bernd das Brot entführt!
Das sympathisch-depressive Kastenbrot des Ki.Ka war plötzlich verschwunden. Bis zum 21. Januar warb es in Form einer 2 Meter großen Kunststoff-Figur in der Erfurter Altstadt für den ARD/ZDF-Kinderkanal, der dort seinen Sitz hat. Nachdem kurz darauf im Internet ein Video auftauchte, in dem Bernd erklärt er sei vom Alkohol- und Gammelverbot der Stadt Erfurt von seinem Platz vertrieben worden, schien der Fall klar: Bernd suchte Schutz im besetzten Haus und solidarisierte sich mit den Bewohner_innen. Anders sah das natürlich der Bürgermeister und die Stadt, welche Anzeige gegen unbekannt erstattete, und auch ein Bekennerschreiben des sog. „129 A-Team“ ließ letztlich keine Zweifel offen – Bernd wurde tatsächlich entführt und werde zu gegebener Zeit freigelassen. Mensch mag nun über derartige Instrumentalisierungen von populären Broten denken was mensch will, die so gewonnene Aufmerksamkeit für das von der Räumung bedrohte Haus lässt sich kaum bestreiten. Der Programmgeschäftsführer des Senders, Steffen Kottkamp, hingegen meinte zur Sachlage: “Es ist eine Illusion zu glauben, dass sich Bernd vereinnahmen lässt. Er ist ein schlecht gelauntes Kastenbrot, das auf seinen Platz zurück will, um in Ruhe gelassen zu werden.“ Mittlerweile ist Bernd wieder da, aufgefunden in einem Keller auf einem ehemaligen Kasernengelände bei Nohra im Weimarer Land, wo er wohl die meiste Zeit seiner elftägigen Tortur zubringen musste. Es geht ihm (den Umständen entsprechend) gut und er wurde unter zahlreichen Kameras und den glücklichen Gesichtern Erfurter Kinder und Erwachsenen wieder an seinem Platz verschraubt, verschweißt und mit „Sicherheitstechnik der Polizei“ ausgestattet.
Doch noch einmal zurück zum besetzten Haus: Die Lage ist weiterhin prekär, das einzige von der Stadt als Ersatz angebotene Objekt sei zu klein, nicht alle Bewohner_innen – geschweige denn Projekte – würden darin (Wohn)Raum finden. Außerdem läge es sehr weit außerhalb und hat Nachbarn, mit denen schnell Konflikte wegen Ruhestörung u.ä. zu erwarten seien. Letztlich bleibt den Besetzer_innen zu wünschen, dass sie ihre Bleibe auf dem Topf-&-Söhne-Gelände halten können. Dennoch sei ihnen auch ein wenig Kompromissbereitschaft an’s Herz gelegt. Auf dass sie sich im Fall der Fälle nicht prinzipiell gegen eine Vereinsgründung wehren, welche von der Stadt als Bedingung für ein Ersatzobjekt gefordert wird.
(kuki cha)