Leipziger Kulturkampf befriedet

Streit um „Paulinum“

Der „Leipziger Kulturkampf“ (FA! #31) wurde befriedet… ganz ohne göttlichen Donnerschlag, der die Ungläubigen zerschmettert, die es wagen den Uni­versi­täts­neubau als weltliches Gebäude zu verstehen. Stattdessen griff die weltliche Justiz in Gestalt der Generalbundesanwältin Monika Harms schlichtend ein. Zwischen Freistaat, Uni, Kirche und Stadt wurde Mitte Dezember 2008 ein Kompromiss oder besser ein Konsens über den Dissens proklamiert und der lächerliche Streit offiziell beendet. Der pompöse Bau erhält demnach den klangvollen Namen „Pauli­num. Aula – Universitätskirche St. Pauli“, die Universität sicherte die Nutzung für Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen zu und die umstrittene Glaswand wird, den Kirchen­befürwortern zum Trotz, gebaut. Wo genau die Kunstschätze aus der 1968 gesprengten Universitätskirche Platz finden, ist noch offen.

An den rückwärtsgewandten Ansichten der Kirchenbefürworter hat sich nichts geändert. Sie interpretieren den Kompromiss nach eigenem Gutdünken. Faktisch ist der Bau weltlich, doch er sehe aus wie eine Kirche, also wird die christliche Gemeinde ihn auch Kirche nennen (*). Das „Universitätskirche St. Pauli“ nur im Untertitel steht, ignorieren sie beflissentlich. Der Bau der Glaswand wird trotz der Schlichtungsergebnisse nicht akzeptiert. Der Dissens liegt ohnehin mehr im ideologischen Bereich. Das Weltliche versuche den angestammten kirchlichen Boden zu übernehmen. Die Glaswand sei ein „ideologischer Schutzwall“ (Pfarrer Christian Wolff, Die Zeit #42) und das „Paulinum“, würde nach Mei­nung der Kirchen­befürworter nur oh­ne sie die „ästhetischen, denkmalsgerech­ten und akustischen Gesichtspunkte“ erfüllen, die nötig wären, um angemessen an die Sprengung von 1968 zu erinnern. Der Bau „würde dann auch außerhalb von Leip­zig als etwas ganz Besonderes wahrgenommen.“(*). Bescheidenheit ist wohl keine christliche Tugend mehr, sondern bleibt als notwendige Eigenschaft den ALGII-Beziehern überlassen.

Auch der „Paulinerverein“, der zu den frühesten Befürwortern des originalgetreuen Wiederaufbaus gehörte, wirft der Univer­si­tät weiterhin vor, die geplante Dreifachnutzung – akademisch, musikalisch, kirchlich – zu deren Realisierung die Glaswand gedacht ist, bestätige ihr Einverständnis mit der Vernichtung von 1968 und setze so „die damals herrschende Ideologie“ fort(**). Die Universität Leipzig also ein so­zialistisches Regime? Das dürfte wohl alle Studierenden verwundern, die sich immer mehr der Verwertungslogik des Marktes und immer weiter eingeschränkten Mit­bestimmungsrechten gegen­über­sehen.

… Also alles wie immer, aber schön, dass wir mal drüber geredet haben.

(wanst)

 

* Friedensgebet Nikolaikirche, 12. 01. 2009

** Erklärung des Paulinervereins, 08. 01. 2009

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