Erst die Schließung des Spartacus–Clubs und des Jugendtreffs S13 und nun soll auch noch der Archiv e.V. in Potsdam Ende des Jahres dichtmachen. Laut den Betroffenen stelle das Bauamt viel zu hohe Anforderungen und versuche so, dem Projekt hintenherum den Saft abzudrehen. Während die Stadt, die mitten im Speckgürtel Berlins liegt, umfangreichen Stadtumbau plane, würden soziokulturelle Zentren und linke Projekte im Stich gelassen bzw. nicht mehr gewollt. Um gegen diese Stadtpolitik Stellung zu beziehen, demonstrierte am Samstag, den 08.11. ein Bündnis aus Betroffenen und Sympathisanten Stärke und marschierte unter dem Motto „Freiräume statt Schlossträume“ friedlich durch die Stadt. Die VeranstalterInnen zeigten sich im Nachhinein zufrieden, mit gut 1.400 TeilnehmerInnen konnte man ein wirkungsvolles Signal in die Öffentlichkeit senden. Viele seien zum Widerstand bereit.
Um der politischen Forderung nach mehr statt weniger Freiräumen zusätzlichen Druck zu verleihen, besetzten AktivistInnen in den frühen Morgenstunden des darauffolgenden Sonntags zudem die ehemalige Skaterhalle und feierten dort eine Party. Doch der Spasz währte nur kurz. Kaum eine Stunde später tauchte ein Spezialkommando der Polizei auf und räumte das gesamte Gelände mit abschreckender Gewalttätigkeit. Mehrere der BesetzerInnen wurden mißhandelt und teils schwer verletzt. Der ärztliche Rettungsdienst wurde in seiner Arbeit behindert und laut einigen Zeugenaussagen verweigerten die Berliner Beamten die Herausgabe von Dienstnummern und skandierten stattdessen Sprüche wie „Auswärtssieg“. Einer der Polizisten soll auf die Frage nach dem Grund des harten Vorgehens sogar geantwortet haben: „Heute ist doch Reichskristallnacht.“ Die Anzeigen laufen …
Abgesehen davon, dass Kasernenluft offensichtlich nicht die Denkfähigkeit fördert, bleibt abschließend festzuhalten, dass sich in Potsdam ein durchaus ernst zu nehmender politischer Widerstand gegen die Zumutungen des aktuellen Stadtumbaus formiert. Politische Aktionen, wie die Besetzung brachliegender Gelände, signalisieren, dass es den AktivistInnen dabei nicht um staatliche Subventionen sondern vor allem um Selbstermächtigung und Selbstverwaltung geht. Ein positives Beispiel ist hier die bereits am 26.09. erfolgte, erfolgreiche Besetzung der Villa Wildwuchs, einer ehemaligen Beratungs- und Anlaufstelle für Jugendliche, die die Stadt Potsdam noch im Frühjahr geschlossen hatte. Nach zähen Verhandlungen über die Betriebskosten ziert das Objekt nun der stolze Name „LaDatscha – Potsdams besetztes Haus mit Havelblick“. Naja, bei soviel Selbstvertrauen reserviert der Feierabend! schonmal ein Kontingent der zukünftigen Ansichtskarten mit dem Motiv: „Potsdams letzter Hausbesitzer“.
clov
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