Die üblichen Verdächtigen

Der Fall Kamal K.

Die Ermittlungen zum Tod des 19-Jährigen Irakers Kamal K. kommen nur schleppend voran. Dabei sind die Vorgänge in groben Zügen bekannt: In der Nacht zum 24. Oktober 2010 traf Kamal, der von seiner Freundin und einem Bekannten begleitet wurde, in einem Park beim Hauptbahnhof mit den beiden mutmaßlichen Tätern Marcus E. und Daniel K. zusammen. Diese suchten Streit, es kam zu einer Auseinandersetzung, bei der sie Kamal K. zunächst schlugen und mit Reizgas besprühten. Schon am Boden liegend, wurde Kamal dann mit einem Messerstich so schwer verletzt, dass er wenig später starb.

Die beiden Tatverdächtigen wurden unmittelbar nach dem Vorfall vorläufig festgenommen. Während Marcus E. immer noch in Untersuchungshaft sitzt, ist Daniel K. seit dem 16. Dezember vorerst wieder auf freiem Fuß, offenbar weil er im Gegensatz zu E. zu einer Aussage bereit war. Laut Staatsanwaltschaft gab K. dabei zu, sich mit dem Opfer geschlagen zu haben, bestritt aber jede Verantwortung für den tödlichen Messerstich. Im Übrigen sei er zu betrunken gewesen, um sich an den konkreten Ablauf zu erinnern.

Anfang Februar 2011 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage beim Landgericht Leipzig, gegen Daniel K. nur wegen gefährlicher Körperverletzung, gegen Marcus E. zusätzlich wegen des Verdachts auf Totschlag. Mit einem Gutachten soll nun die strafrechtliche Verantwortlichkeit der beiden „zum Tatzeitpunkt nicht unerheblich alkoholisierten“ Angeklagten geklärt werden. In ihrer Pressemitteilung erklärte die Staatsanwaltschaft außerdem, die Ermittlungen hätten keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine „ausländerfeindliche“ Motivation der Tat ergeben.

Da fragt sich freilich, was denn die Staatsanwälte überhaupt als „hinreichende Anhaltspunkte“ gelten lassen würden. Immerhin ist bekannt, dass Daniel K. seit 2002 in die Neonazi-Szene involviert war, u.a. als Mitglied der Kameradschaft Aachener Land. Sein Verteidiger erklärte zwar, K. habe sich, nachdem er 2008 eine Haftstrafe antrat, von der Szene distanziert. Sympathien in diese Richtung hegt K. aber offenbar immer noch: So trug er bei seiner Festnahme einen Kapuzenpullover mit der Aufschrift „Kick off Antifascism“. Zudem wurde K. während seines Haftaufenthalts von der rechten Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene unterstützt. Nach Aussage des Aachener Journalisten Michael Klarmann ist K. „ein hartgesottener Neonazi“, „kein Mitläufer, sondern ideologisch außerordentlich gefestigt“.

Die Fakten sprechen also für ein rassistisches Tatmotiv. Um dies zu thematisieren, gründete sich kurz nach dem Tod von Kamal der Initiativkreis Antirassismus, der seitdem u.a. mit mehreren Demonstrationen an die Öffentlichkeit trat. Bleibt nur zu hoffen, dass die Wahrheit sich am Ende durchsetzt.

(justus)

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