Erziehung zum Manne

Burschenschaften, Landsmannschaften, Corps und jede Art von Korporierten werden immer noch in vielerlei Hinsicht ideo­logisch unterschätzt. Es ist zwar relativ bekannt, dass viele Vertreter ihrer Art mit rechtsextremen Haltungen sympathisieren bis hin zum Austausch mit faschistischen Gruppen, genauso ihre elitäre Abgrenzung verbunden mit Vetternwirt­schaftlerei und den ausgeprägten Sexismus, trotzdem genießen sie – und das nicht nur in konservativen Kreisen – eine unreflektierte gesellschaftliche Akzeptanz. Das wird oft damit begründet, dass es viele unter ihnen gäbe, die sich „liberal“ äußern mit den Hinweis, dass man die verschiedenen Studentenverbindungen nicht als eine homogene Masse begreifen könne. Es ist nicht abzustreiten, dass es bezüglich der einzelnen Weltanschauungen Differenzen gibt (auch wenn sich die Spanne in fast allen Fällen nur zwischen rechtsextrem und konservativ bewegt) und dass es selbst so- genannte „alternative“ Burschenschaften gibt, die „sogar“ Frauen aufnehmen; ihre gemeinsamen Grundprinzipien und der damit verbundene Zwangscharakter jedoch, was alle Formen von Verbindungswesen teilen, wird sehr gerne übersehen oder sogar heimlich bewundert. Studentische Korp­erationen teilen alle eine militärisch hierarchische Grundnorm sowie einen erzieherischen Anspruch. Der Einzelne hat sich seiner Aufgaben – die ihm meist vom nächst höheren zugeteilt werden- sowie der eigenen Verbindung bedingungslos zu unterwerfen. Die Gemeinschaft die sich zuallererst über elitäre Abgrenzung definiert, hat die Aufgabe, den Einzelnen nach einer entsprechenden Norm zu formen. Dies gelingt über eine Fülle verschiedenster Rituale und Konventionen.

Ein zentrales Element bei schlagenden Verbindungen ist die Mensur, ein ritualisierter Degenkampf, der die Aufgabe hat, dass die Kämpfenden sich selbst überwinden. Die beiden Kontrahenten dürfen während des Kampfes ihre Positionen nicht verändern um abwechselnd auf­einander einzuschlagen. Sollte einer von beiden rückwärts ausweichen, bekommt er eine Strafe die in den meisten Fällen ein Freischlag (also ein Schlag bei dem der Gegner nicht parieren darf) für den anderen bedeutet. Der ganze Vorgang ist nicht nur ein krudes Männerspiel, es dient auch der Charakterdisziplinierung. Der Einzelne, dem die Aufgabe obliegt sich selbst zu überwinden, zwingt sich zum Kriegsspiel, indem er natürliche Ängste in erster Linie verdrängt und somit sich total dem kollektiven Diktat der soldatischen Tugend unterwirft, sie quasi lieben lernt. Die Mensur bindet das noch junge Mitglied an die Fraktion und wird ihr Soldat. In den verschiedenen, schlagenden Verbindungen muss jeder mind­estens einmal die sogenannte Bestim­mungsmensur gefochten haben um Mitglied zu werden. Längst überholte Männer­roman­tik vom harten, pflichtbewussten und bedingungslos loyalen preußischen Männchen blüht bei ihr wieder auf. Indem Ängste einfach wegdividiert oder ihre Ursachen unreflektiert gelassen werden, bietet die durchdisziplin­ierte Gemeinschaft das Gefühl der Sicherheit und den festen Glauben daran, dass jeder Erfolg nur ihr zu verdanken ist. Ein weiteres Beispiel für die ständige kämpferische Auseinandersetzung sowie gezielte Diszi­plinierung innerhalb von Studentenbünden sind die „Trinkspiele“. Diese sind nicht als gesellige Partyunterstützer zu betrachten, sondern dienen oft als Ersatz für Zucht und Mannbarkeitsbestimmung. Trinkrituale werden zum einen als Strafe der Gruppe gegenüber dem Einzelnen verwendet, der die engen Regeln und Konventionen übertreten hat, zum anderen sind sie Duellersatz zwischen zwei Mitgliedern. Trinken als Strafe findet sich bei der so genannten „Kneipe“ wieder, eine geschlossener verbindungs­internen „Feierlichkeit“. Während des „öffentlichen“ Teils dürfen die einzelnen Mitglieder nicht vom Tisch aufstehen (auch nicht um einfach banal auf die Toilette zu gehen). Bricht ein Teilnehmer jedoch die strenge Regel muss er öffentlich zur „Belehrung“ Zwangstrinken. Bei solchen Ritualen wird ein Schwächerer gekürt und seine angebliche Schwäche öffentlich diffamiert. Es fordert gleichzeitig alle anderen Anwesenden dazu auf bloß keine Schwäche zu zeigen Das Trinken als Duell ist Mittel der männlichen Auseinandersetzung und verliert die Unschuld des schlicht Geselligen. Das ständige Kampftrinken ist ebenso Grundlage bei der Auseinandersetzung mit anderen Verbindungen, wo militärisch stramm und im Gleichschritt Marsch „Stafetten“ gegen­einander getrunken werden. Das Individuum ist ständig einen Druck zur Profi­l­ierung ausgesetzt, damit es sich immer aufs neue „selbstüberwinden“, sprich Ängste verdrängen muss um nicht als Verlierer (und damit als nicht profund „männlich“) dazustehen. Indem sich der gemeinschaftliche Rahmen in Verbindungen durch Disziplinierung, Unterwerfung unter eine Autorität und ewige Auseinandersetzung charakterisiert, wird der Einzelne unter Druck gehalten und formbar zum sexistischen, nationaltreuen und Autorität heuchelnden Ellenbogentypus. Im Selbstbild der korporierten Erziehung wird das als Prozess zur Entwicklung von Verantwortlichkeit stilisiert. Der Einzelne hat sich autoritärer Strukturen anzupassen, was schon in der Verbindlichkeit zur einheitlichen Kleidung zum Ausdruck kommt. Das Verbindungs(un)wesen vermittelt ein Weltbild, was sich auf Ellen­bogenmentalität bis hin zum Recht des stärkeren versteht. Insofern sind die Verbindungen von Burschenschaften zur extremen Rechten kein Zufall und keine Ausnahme und eben darum nicht zu ignorieren.

Verbindungen starten gerade zu Anfang des Semesters vielerlei Werbeveranstaltung in Form von Info-Ständen, Parties oder günstige Wohnangebote um neue Mitglieder zu rekrutieren.

Burschenschaften der Deutschen Burschenschaft (ein burschenschaftlicher Dachverband) treffen sich ebenso alljährlich zu ihrem Burschen- und Altherrentag. Die Versammlung findet in der Zeit vom 18-22. Mai 2005 statt. Jeder ist aufgerufen das nationalistische Fanengeschwenke zu stören und sich kritisch mit dem im selben Rahmen stattfindenden Vorträgen und Veranstaltungen auseinanderzusetzen.

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