Nachdem am 21.10.2004 das DHL-Management angekündigt hatte, das Kontinentaldrehkreuz in Brüssel in drei Jahren zu verlagern und damit etwa 1.700 ArbeiterInnen auf die Straße zu setzen, initiieren letztere einen spontanen Streik. Der Ausstand der TransportarbeiterInnen wird zwar von der sozialistischen Gewerkschaft SETCa nicht unterstützt, aber die DHL-Piloten treten in Solidaritätsstreik. Der viertägige Ausstand mündet am Montag in eine Betriebsversammlung, die für Freitag, den 29. Oktober, eine Demo beschließt. Unklar bleibt allerdings, ob der Streik bis dahin fortgesetzt werden soll – am Donnerstag ist nichts mehr zu sehen: keine Transparente, keine Streikposten, keine Flugblätter.
Am Freitag sind die StraßenbahnfahrerInnen im Streik und ArbeiterInnen verschiedener Kurierdienste nehmen an der Demo teil, insgesamt 2.000 Leute. Ein Flugblatt, das mit „ArbeiterInnen von B-Cargo“ (Eisenbahn-Gütertransport) unterschrieben ist, ruft dazu auf, die Arbeit unter der Drohung von Entlassungen zu verweigern. Die Demo geht los: die Meisten schmeissen mit Knallkörpern um sich und Viele trinken Dosenbier. Die Demo zieht vor das Transportministerium – die Bullen stehen in Montur und mit Wasserwerfer davor, hinter Stacheldraht. Junge Typen und alte Arbeiter rütteln direkt an der Sperre, werfen Knallkörper und Dosen – sie tragen ihre Arbeitskleidung: Bomberjacken von TNT, Warnwesten von DHL. Ein paar vermummen sich mit Gewerkschaftsschals. Es hat den Anschein, als wären sie an solche Auseinandersetzungen gewöhnt, vielleicht vom Fußball. Es gibt einen Schlagabtausch über den Stacheldraht hinweg, die Stimmung ist gut, die meisten haben sichtlich Spaß. Zeitgleich besetzen kleine Gruppen die Stadtautobahn; es gibt keine Gewerkschaftsordner, die sie zurückhalten. Dort fliegen nach einem kurzen Ausfall der Bullen jetzt auch Flaschen und vereinzelte Steine. Es gibt darüber keine Spaltung innerhalb der Protestierenden.
Die Besetzung des Brüsseler Flughafens durch ArbeiterInnen der bankrotten belgischen Airline Sabena im Winter 2002 hatte heftigere Auseinandersetzungen ausgelöst, als diese lebendige, doch im Symbolischen verbleibende Demonstration.
Derweil verhandelten Management und Gewerkschaften über „sozialverträglichen Stellenabbau“ – am 30.12. wurden die Verhandlungen ab-, und Entlassungen bis 2008 „ausgeschlossen“. Um den Druck auf die Sozialpartner zu erhöhen, hatte die Nachtschicht im Sortierzentrum des Brüsseler Drehkreuzes am 23. Dezember mit einem Streik begonnen, der auch über „Heilig‘ Abend“ fortgesetzt wurde – die meisten ArbeiterInnen waren wieder nach Hause gegangen. Am Sonntag, den 26.12. verweigerten noch 30 der 150 SortiererInnen die Arbeit.
A.E.
Nachbarn