Romanes eunt domus* – Römer geht nach Hause!

Am 29.10. 2004 unterzeichneten die Regierungschefs und Außenminister der 25 Mitgliedsstaaten sowie die der drei Beitrittskandidaten Türkei, Rumänien und Bulgarien den aktuellen Entwurf für eine Europäische Verfassung. Das Ver­trags­werk tritt am 1. November 2006 in Kraft, wenn es bis dahin von allen 25 Staaten, die der EU angehören, ratifiziert ist, andernfalls zu Beginn des zweiten Monats nach der letzten Ratifikation. Neun Staaten, darunter Frankreich und Großbritannien, haben eine Volksabstimmung zur Ratifizierung angekündigt. In Deutschland ist damit nicht zu rechnen. Daß die Wahl für die historische Unterzeichnung wiedermal auf Rom fiel, sollte wohl zum einen auf die „Römischen Verträge“ von 1957 verweisen, zum anderen wie ’57 auf die Nähe zum antiken Römischen Imperium. Dagegen hat man nur einmal mehr den Gastgeber, italienischen Regierungschef und Neofaschisten Silvio Berlusconi hofiert. „Römische Verträge“ und „Römisches Imperium“ als tragende Säulen der Europäischen Verfassung?

Die „Römischen Verträge“ von 1957 bezeichnen zwei Rechtsschriften: Den EG-Vertrag und den EAG-Vertrag. Der letztere besteht vorwiegend aus Vereinbarungen zum gemeinsamen Umgang mit Atomwaffen und dem dazugehörigen Material. Ersterer ist ein revidierte Fassung des zuvor gescheiterten EVG-Vertrages – der in erster Linie verteidungspolitische (militärische) Vereinbarungen enthielt – und auf dem Hintergrund des aufziehenden „Kalten Krieges“ zu verstehen ist. Eine einheitliche Zollpolitik sollte den Mitgliedsstaaten eine grenzübergreifende marktwirtschaftliche Konkurrenz und damit den entscheidenden Vorsprung (durch größeres Wachstum) vor den anderen europäischen Staaten sichern. Kontrollierter Waffenhandel und eine Wir-gegen-die-Anderen-Mentalität sind also ein Moment der beschworenen Tradition. Die Macht übers Mittelmeer, autonome Provinzen und eine Zentralverwaltung die anderen?

Jenseits des symbolischen Gehalts sollte der Vertragstext der Europäischen Verfassung jedoch nicht überschätzt werden. Neben einigen schwammigen idealistischen Begriffen, enthält die Verfassung vor allen Dingen, Rechtsvorschriften zur Gliederung und Ausdifferenzierung der Europäischen Institutionen und Machtapparate. Mit dieser „Staatsbegründung“ auf Europäischer Ebene vollziehen die involvierten Nationalstaaten lediglich die nachträgliche Legitimation ihres transnationalen politischen Handelns: Grenzübergreifende Zuwanderungskontrolle und Kriminalitätsverfolgung, Zentrali­sierung der Märkte für Arbeit/Ware/Geld, gemeinsame Militarisierung, Synchroni­sierung der Ausbildung – alle diese seit vielen Jahren sich vollziehenden Europäischen Entwicklungen, die 1990 einen enormen Schub erhalten haben, dienen nur dem einen Ziel: Durch verstärkte Konkurrenz innerhalb des so geeinten Europäischen Wirtschaftsraumes ein höheres Wachstum der Wirtschaften zu erzielen, um auf dem „Weltmarkt“ andere auszustechen. Das heißt für den/die EuropäischeN BürgerIn und für die außereuropäischen KonkurrentInnen mehr Druck „von oben“, sprich sinkende Chancen überhaupt seine/ihre Arbeitskraft verkaufen zu können. Dabei war es der parlamentarischen Politik seit je her gleich, dass viele Menschen sich diesem Druck überhaupt nicht gewachsen fühlen, ebenso wie die Erkenntnis, dass ein volkswirtschaftliches Wachstum noch überhaupt nichts über dessen Verteilungsmöglich­keiten aussagt. Eins ist jedenfalls klar: Die Unterzeichnung der Europäischen Verfassung ist der Auftakt einer Geschichte, an deren Ende nur der Reißwolf stehen kann, hoffen wir, dass es eine kurze Geschichte wird!

clov

*…?…. … ?? Schon klar!
Filmtipp: Monty Python „Das Leben des Brian“

EU.ropa

Schreibe einen Kommentar