Arbeitsrechtsgymnastik ist langweilig

In der letzten Ausgabe (#18) berichteten wir davon, wie ein Unternehmen (Saturn) versuchte, die weitverbreitete Unkenntnis in Sachen Arbeitsrecht auszunutzen – und sich dabei verkalkulierte.

Einer Aushilfskraft wurde kurzfristig gekündigt, woraufhin sie sich an ihre Gewerkschaft wandte. In der Freie Arbei­terIn­nen-Union Leipzig (FAUL) wurde daraufhin diskutiert, ob man aufgrund der mangelnden Verankerung im Unternehmen zunächst den juristischen Weg einschlagen oder gleich auf Öffent­lichkeits­arbeit vor Ort bauen solle, um Druck aufzubauen. Der Betroffene ent­schied letztlich, eine Klage beim Arbeitsgericht einzureichen. Denn rechtlich war klar, dass Saturn den Vertrag nicht eingehalten hatte – Unklarheit bestand lediglich darüber, ob es für den Streitwert eine untere Grenze gibt. Die FAUL schickte ein Schreiben an Saturn: man werde die Sache beobachten und „gegebenen­­falls eigene Schritte zur Unterstützung (…) unternehmen.“

Einige Tage nach Einreichung der Klage erhielten beide Parteien vom Arbeitsgericht eine Vorladung zum Gütetermin. Es setzte also das normale Prozedere ein, das einer Ver­hand­­lung vor­­aus­geht.

Binnen einer Woche er­klär­te sich Sa­turn nun in mehreren Brie­fen zu einer außergericht­lichen Eini­gung be­reit – man wolle den Lohn über­weisen. Außerdem suchte die Personalabteilung, anscheinend etwas nervös, telefonisch zu erfahren, ob die Klage zurückgezogen werden würde. Genau das hat der Betroffene dann mit einem Schreiben an das Arbeitsgericht getan, und drei Tage später waren 80 Euro auf dem klammen Konto gelandet.

Unter‘m Strich: – ist Saturn in einem Einzelfall nicht mit der wohl ansonsten gängigen Praxis durchgekommen, – hat der Betroffene seine Kohle bekommen und die FAU konnte auf dem Papier glänzen.

Die Aktion war vor allem deshalb so erfolgreich, da sich Saturn vertrags­rechtlich selbst ein Bein gestellt hatte und daran durch den Brief des Arbeitsgerichts erinnert wur­de. Das Vorgehen der FAUL spiegelt dabei keinen Mangel an Vertrauen in unsere kollektive Kraft als (nicht-)entlohnte Arbei­terIn­nen wieder, weil es dem Willen des Betroffenen entsprach, worin ein wesentliches Merkmal des Anarchosyndi­kalismus zum Vorschein kommt.

Es lässt sich aus dieser Begebenheit auch nicht schlussfolgern, dass sich die Syn­dikalistIn­nen von heute auf die Umsetzung verbriefter Rechte beschränken wollten, sondern eher, dass man trotz aller Ideale die Augen nicht vor den verschiedenen realen Handlungsmöglichkeiten verschließt.

 

hannah

Lokales

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