Die Reformierung des Sächsischen Hochschulgesetztes hat ein erneutes Ende gefunden – doch nicht ohne massiven Protest von denen, die es letztendlich betreffen wird. Als am Mittwoch den 12. November 2008 wieder mal tausende StudentInnen aber auch Lehrer, Professorinnen, Schüler und Gewerkschafterinnen gegen die sächsische Bildungspolitik vor dem Dresdener Landtag demonstrierten, musste der Staatsschutz Überstunden leisten, wurden Sonderzüge eingesetzt und die Sachverständigen im sächsischen Parlament vorgeführt. Ein kleiner Hoffnungsschimmer namens „Formfehler im Gesetzestext“ forderte einen erneuten Aufschub. Doch nur drei Tage später war klar, dass nun mit dem 1. Januar 2009 der Zukunft der Firma Hochschule mit mehr Autonomie und Eigenverantwortung nichts mehr im Weg steht.(1) Wird ja auch mal Zeit, denn für die anstehenden 600-Jahr-Feierlichkeiten der Universität Leipzig 2009 muss alles perfekt sein und 2010 soll letztendlich auch der Bologna-Prozess mit der Vereinheitlichung des europäisches Hochschulraumes abgeschlossen werden. Wenn bloß die Studiproteste nicht wären.
Bei einem Blick hinter die Fassaden muss StudentIn erschreckend feststellen, dass er/sie ihre/seine Zukunft nicht mehr selbst in die Hand nehmen kann. Das Konzil als eine Art „Uni-Parlament“ wird abgeschafft, der verkleinerte Senat mit maximal vier studentischen VertreterInnen nur noch eine Beratungsfunktion innehaben, im Amt des Rektors laufen maßgebliche Entscheidungsstrukturen zusammen und der neu entstehende Hochschulrat wird mit externen Vertretern aus Wirtschaft und Landesregierung die Richtung von Lehre und Forschung vorgeben. Gegen diese Entscheidungseliten, gegen die nahezu vollständige Streichung studentischer Mitbestimmung und den stärkeren Einfluss profit- und effizienzorientierter Wirtschaftsinteressen wenden sich die Proteste der Studierenden Sachsens. Im Angesicht einer voranschreitenden Ökonomisierung von Bildung und stärkerer Zentralisierung von Entscheidungskompetenzen können nun für das kommende Sommersemester sogar Streiks an der Uni Leipzig nicht mehr ausgeschlossen werden.(2)
Der Kunde Student wird morgen für ein Bachelorstudium zwar noch keine 500 Ois Studiengebühren aber genug für Semestergebühren, Semesterticket und zum Leben brauchen sowie starke Nerven, Leistungs- und Karrierewillen, um die durchstrukturierte berufsorientierte 80-h-Woche durchzustehen. Und wenn nach drei Jahren die internationale Konkurrenz des Arbeitsmarktes ruft, ist er/sie gerade mal 21 Jahre alt – vielleicht auch privilegiert, im Masterstudiengang eine akademische Laufbahn einzuschlagen, dem das neue Hochschulgesetz zwar noch keine Studiengebührenfreiheit auferlegt hat, aber schauen wir mal wie lange noch …
droff
(1) Was dies bedeutet, kann aufschlussreich im FA! #28 unter „Die neue Autonomie nach Humboldt. Über das Ende der Demokratie an Sachsens Hochschulen“ nachgelesen werden.
(2) Der Sprecher des StuRa dazu „Wenn sich bis zum 30.3.2009 keine spürbaren Besserungen bemerkbar machen, dann halten wir nicht länger still.“